Fahrfehler beim „Feuern“ von Vorständen und Geschäftsführern

Geht es um die Trennung von der Führungsebene, wird man in der Praxis gerne diskret und begeht damit einen in den Augen der Rechtsprechung tödlichen Fahrfehler. Statt Ross und Reiter in der Einberufung der Sitzung des Aufsichtsrates (bei der Trennung von Vorständen) bzw. der Gesellschafterversammlung (bei der Trennung von Geschäftsführern) zu benennen, wird der beabsichtigte Widerruf der Bestellung und die Kündigung des Anstellungsvertrages gerne unter Tagesordnungspunkten wie „Vorstandsangelegenheiten“ oder „Verschiedenes“ verborgen. Jedoch kann nur bei ordnungsgemäßer Einberufung wirksam über eine Abberufung bzw. Kündigung beschlossen werden (sofern auf die Beachtung der Formalien nicht wirksam verzichtet wurde). Das hier unverändert bis heute Fehler begangen werden, überrascht, hat der Bundesgerichtshof sich doch hier zunächst für GmbH-Geschäftsführer mit Urteil vom 30.11.1961 – II ZR 136/60 = NJW 1962, 393 f.) und dann für Vorstände (Urteil vom 29.05.2000 – II ZR 47/99 = MDR 2000, 1141) klar positioniert. Gerade die letztgenannte Entscheidung zeigt, dass Aufsichtsräte bzw. Gesellschafter und deren Berater hier allen Anlass zur Sorgfalt haben. Denn in jener Entscheidung war es just der abberufene Vorstand, der den Mangel erfolgreich rügte.

Nicht erforderlich ist hingegen, dass mit der Tagesordnung auch bereits der wichtige Grund genannt wird, der Abberufung bzw. Widerruf bzw. Kündigung tragen soll. Dies wurde jüngst nochmals durch das OLG Wien mit Urteil vom 30. Januar 2017 – 5 R 190/16x = GES 2017/4, 202 mit Anmerkung von Lukas Fantur, S. 205 ff.) ausdrücklich bestätigt. Aber auch der Bundesgerichtshof hatte dies in der vorgenannten Entscheidung bereits in einem Halbsatz klargestellt.

Das Company Law Package in der Werkstatt: Generalüberholung der gesellschaftsrechtlichen „Wundertüte“

Am 25.04.2018 präsentierte die europäische Kommission mit ihrem Company Law Package das bisher größte Maßnahmenpaket in der wechselhaften Geschichte des unionalen Gesellschaftsrechts. Die „gesellschaftsrechtliche Wundertüte“ wurde seitdem in zahlreichen wissenschaftlichen Beiträgen diskutiert (Ein erster Überblick findet sich bei Knaier, GmbHR 2018, R148; siehe zum Vorschlag über den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht etwa: Knaier, GmbHR 2018, 560; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229; Wachter, GmbH-StB 2018, 214 und 263; Lieder, NZG 2018, 1081; Noack, DB 2018, 1324; Bock, DNotZ 2018, 643; zum Vorschlag über grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Sitzverlegungen etwa Knaier, GmbHR 2018, 607; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229, 235 ff. und 273; Wachter, GmbH-StB 2018, 283 und 317; Noack/Kraft, DB 2018, 1577; Schollmeyer, NZG 2018, 977; Bungert/Wansleben,DB 2018, 2094). Sogar im fernen Japan (ein weiterführender Link zum Beitrag von Prof. Dr. Dr. Eiji Takahashi folgt demnächst in den Kommentaren zu diesem Blogeintrag) wurde der Digitalisierungsvorschlag Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Doch auch rechtspolitisch bewegt sich mittlerweile einiges. Neben durchaus kritischen Stellungnahmen  der Bundesnotarkammer, des Deutschen Notarvereins und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu den Vorschlägen, meldete sich nun auch der Bundesrat zu Wort. Dieser Input liefert damit innerhalb nur eines halben Jahres seit Veröffentlichung des Pakets einige Überarbeitungs- und Verbesserungsvorschläge zur Diskussion.

Doch was haben eigentlich die verantwortlichen Akteure auf Unionsebene bisher in Sachen Company Law Package unternommen? Erste – wenn auch noch vage – Antworten auf diese Frage konnten vergangene Woche am 28.09.2018 im Rahmen des 12. ECFR Symposiums gewonnen werden. Neben mehreren Mitgliedern der Informal Company Law Expert Group (ICLEG), welche die beiden Vorschläge in wesentlichen Teilen ausgearbeitet hatte, waren im Diskussionsforum zahlreiche Experten des unionalen Gesellschaftsrechts zusammengekommen. Außerdem waren Vertreter der Österreichischen Ratspräsidentschaft anwesend, welche die Vorschläge derzeit verhandelt. Auch die Kommission selbst war in Person von Bartłomiej Kurcz vertreten, dem Leiter des gesellschaftsrechtlichen Referats.

Letzterer berichtete in seiner Keynote-Speech von den bereits erreichten Fortschritten, verbunden mit der Hoffnung, nach einem zügigen Verhandlungsverfahren die beiden Vorschläge alsbald durch das Parlament und den Rat zu bekommen, nämlich als Änderungsrichtlinien zur Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (zur Kodifizierungstechnik der Kommission Knaier, GmbHR 2018, 560, 561 und GmbHR 2018, 607, 612). Es folgten Diskussionen über einzelne Details der Vorschläge in den Fachvorträgen zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts aus praktischer und akademischer Perspektive, zu grenzüberschreitenden Sitzverlegungen im Allgemeinen und zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern im Speziellen (die Beiträge und Diskussionsberichte werden in Heft 1/2019 der ECFR veröffentlicht). Im Anschluss hieran wurde seitens der Ratspräsidentschaft vor allem deutlich gemacht, dass die beiden Vorschläge nur gemeinsam verabschiedet werden sollen. Aufgrund der Komplexität der Regelungsmaterie und wegen altbekannter Stolpersteine, wie der Arbeitnehmermitbestimmung bei grenzüberschreitenden Sitzverlegungen und Spaltungen, erscheint das Ziel eines zügigen Richtlinienerlasses jedoch derzeit eher wie ein frommer Wunsch.

Dennoch bleibt es spannend in Sachen Company Law Package. Nach dem bisherigen Stand der Überarbeitung scheinen die verantwortlichen Akteure die Anregungen und die Kritik aus Wissenschaft und Praxis jedenfalls ernst zu nehmen. Es bleibt die Hoffnung, dass aus der „Wundertüte“ Company Law Package den betroffenen Rechtsanwendern und Unternehmern am Ende zumindest kein Schachtelteufel entgegenspringt.

Doch kein „Brexit“ mit Schrecken? – Bundesregierung legt Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vor

Seit nunmehr zweieinhalb Jahren schwebt das Damoklesschwert des „Brexit“ über den in Deutschland ansässigen Unternehmen in englischer Rechtsform (Ltd., PLC, LLP). Wird der Austritt Großbritanniens aus der EU wirksam, ohne dass ein Austrittsabkommen ausgehandelt wurde, das für diese Briefkastengesellschaften einen Rettungsanker parat hält, droht der Verlust der Rechtsfähigkeit in Deutschland (dazu Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, 243). Es ist nämlich davon auszugehen, dass dann wieder die Sitz- und nicht die durch den EuGH und die Niederlassungsfreiheit vorgegebene Gründungstheorie Anwendung findet. Für die englischen Gesellschaften wären die Folgen fatal: Die deutschen Gerichte würden eine Umqualifizierung der englischen Rechtsform in ein deutsches Pendant vornehmen. Aus einer Limited könnte dann eine OHG oder GbR, aus einer Einpersonen-Limited ein Einzelkaufmann oder schlicht eine gewöhnliche unbeschränkt haftende Person werden. All dies ist nichts Neues und die bisherige Literatur hat die Thematik und Lösungsmöglichkeiten umfassend aufgezeigt (siehe jüngst bspw. die Vorschläge von Miras/Tonner, GmbHR 2018, 601; Wachter, GmbHR 2018, R260 und Süß, ZIP 2018, 1277).

Die erdachten Rettungsmöglichkeiten für englische Ltd´s erwiesen sich in der Praxis jedoch teilweise als problematisch. Ein beliebter Vorschlag war der grenzüberschreitende Formwechsel in eine deutsche Rechtsform, der nach den Grundsätzen des EuGH möglich ist. Doch selbst im grenzüberschreitenden Umwandlungsrecht sehr aktive und versierte Praktiker mussten bei einem solchen Versuch die Erfahrung machen, dass das britische Companies House angesichts des Austritts nicht sehr kooperativ ist. Ein veröffentlichtes Schreiben des Companies House zeigt, dass man dort nicht gewillt ist, einen Formwechsel nach den Vorgaben des EuGH durchzuführen und einzutragen. Die immer dringlicher werdende Frage in Deutschland war also: Brexit – Was nun?

Der deutsche Gesetzgeber nahm diese Frage ernst (hierzu im Vorfled des Referentenentwurfes Wachter, GmbHR 2018, R260, R260 f.) und präsentierte jüngst mit dem Referentenentwurf für ein Viertes Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes seine Antwort darauf. Ziel des Gesetzes ist, es Rechtssicherheit für die betroffenen britischen Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland zu schaffen und den geordneten Wechsel in eine inländische Gesellschaftsrechtsform mit beschränkter Haftung durch eine neue Variante zu erweitern bzw. zu ermöglichen. Hierfür sieht der Entwurf vor, in den §§ 122a ff. UmwG Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften zu ergänzen und das bestehende Regelungskonzept entsprechend anzupassen.

In der Praxis wird hierdurch ermöglicht, eine britische Gesellschaft auf eine KG zu verschmelzen und deren bisherige(n) Gesellschafter als Kommanditisten zu beteiligen. Mit der klassischen Konstruktion einer GmbH & Co. KG bleibt so die Haftung beschränkt, unter Einsatz einer UG (haftungsbeschränkt) als Komplementär ist sogar das Mindestkapital (fast) entbehrlich. Der Entwurf zielt somit ersichtlich darauf ab, die „abtrünnigen“ Limited-Unternehmer zurück zu den heimischen Rechtsformen zu locken.

Gesetzgebungstechnisch wird vorgeschlagen, Buch 2 Teil 2 Abschnitt 10 des UmwG für Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu öffnen. Dies betrifft die OHG und die KG. Auf diese sollen nach § 122a Abs. 2 UmwG-E die Vorschriften des Ersten Teils und des Ersten Unterabschnitts des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils des UmwG entsprechend angewendet werden. Allerdings sieht § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG-E diese nur als übernehmende oder neue Gesellschaften vor. § 122c Abs. 2 Nr. 13 UmwG-E stellt nun klar, dass für jeden Anteilsinhaber bei der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft im Verschmelzungsplan oder dessen Entwurf klargestellt werden muss, ob ihm in der übernehmenden oder der neuen Personenhandelsgesellschaft die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten gewährt wird. Weitere Änderungen betreffen vor allem formale Anpassungen und Anpassungen an die Besonderheiten der Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften an der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Neugeschaffen wird ein Anwendungsbefehl für § 8 Abs. 3 UmwG in § 122e S. 3 UmwG-E. Hierdurch soll das Verfahren der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft als Zielgesellschaft vereinfacht werden, indem ein Verschmelzungsbericht dann für entbehrlich erklärt wird, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden.

Neu eingefügt werden soll darüber hinaus § 122m UmwG-E über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union. Hiermit wird eine Übergangsvorschrift für vor Wirksamwerden des Brexit begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Verschmelzungen geschaffen. Entscheidend für das Eingreifen der Norm ist die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans nach § 122c Abs. 4 UmwG vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Ist diese geschehen, wird eine britische Gesellschaft, die auf eine übernehmende oder neue deutsche Handelsgesellschaft verschmolzen wird, für den Zweck der Verschmelzung auch nach Wirksamwerden des Brexit als EU-Gesellschaft behandelt. Hinzu kommt jedoch, dass die Verschmelzung unverzüglich nach dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans zur Eintragung beim Handelsregister angemeldet werden muss. Der Gesetzgeber schränkt dies jedoch ein und lässt eine Anmeldung innerhalb von zwei Jahren zu, um unter § 122m UmwG-E zu fallen.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern noch bestehende britische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland von dem neuen Angebot des Gesetzgebers Gebrauch machen werden. In vielen Fällen droht trotz der neuen Möglichkeit der Verlust der Rechtsfähigkeit, wenn versäumt wird, den Verschmelzungsplan vor Wirksamwerden des Brexit notariell beurkunden zu lassen. Trotzdem ist der vom Gesetzgeber gewählte Weg im Grunde zu begrüßen. Auf diese Weise wird den vom Brexit betroffenen Gesellschaften ein durchaus gangbarer Ausweg aus der Problematik ermöglicht. Erfreulicherweise wurde nicht der Weg gewählt, den betroffenen Gesellschaften durch eine dauerhafte Anerkennung ihrer Rechtsform Bestandsschutz zu gewähren.

Reformierte Gesellschafterliste erstmals vor dem BGH

Die vielen teils kleinlichen Streitigkeiten über die richtige Interpretation der geldwäscherechtlich motivierten Aufwertung der Gesellschafterliste durch den neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG haben nun erstmals (und wohl nicht zum letzten Mal) sogar den BGH (Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16) beschäftigt.

Befassen musste er sich indes nur mit dem zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift bzw. ihrer Anwendbarkeit auf Altfälle, d.h. vor dem Geltungsstichtag bereits eingetragene Gesellschaften; sedes materiae ist hier die extra neu eingefügte Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG, die rein grammatikalisch durchaus Auslegungsspielraum belässt. Kommt es maßgeblich darauf an, ob die Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG – also: das einreichungspflichtauslösende Ereignis – vor dem Stichtag initiiert oder (etwa bei einer aufschiebend bedingten Abtretung) nach dem Stichtag wirksam geworden ist? Oder ist ganz unabhängig von der Anknüpfung an die Veränderung die Erstellung, die Einreichung (d.h. der Zeitpunkt der elektronischen Absendung) oder gar erst die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend?

Richtigerweise ist unter Beachtung des Zwecks der Neufassung des § 40 Abs. 1 GmbHG, wie der BGH nun erfreulich klarstellt, der Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend – und nicht etwa jener der Erstellung der Gesellschafterliste oder des Wirksamwerdens der Veränderung (so schon Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 [235]). Wer meint, diese Frage sei bereits zeitlich überholt, wird vom BGH eines Besseren belehrt: Weil das Rechtsbeschwerdegericht auch ein nach dem Erlass einer angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenes Gesetz zu berücksichtigen hat, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst, hatte der BGH die konkret in Rede stehende Gesellschafterliste an dem neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG zu messen. Mehr noch: Es werden all jene Gesellschafterlisten nachzubessern, d.h. an die Vorgaben des § 40 Abs. 1 GmbHG anzupassen sein, die – aus welchem Grunde auch immer – noch nicht in den Registerordner aufgenommen wurden, seien sie auch schon vor dem Stichtag eingereicht worden. Hat ein Notar an der Veränderung, die Einreichungsanlass war, mitgewirkt, wird dieser für diesen Nachbesserungsakt zuständig sein, anderenfalls der Geschäftsführer (dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 ff.). Dasselbe wird für Gesellschafterlisten gelten, die zwar mit den neuen Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG im Einklang stehen, sich aber nicht mit den Vorgaben der neuen Gesellschafterlistenverordnung (in Kraft getreten am 01.07.2018) vertragen, soweit diese zwingend ausgestaltet sind. Zu erwarten stehen mithin verstärkt Korrekturlisten!

Eines ist bei alledem aber klarzustellen: Die Frage, ob die Gesellschafterliste mit den neuen Vorgaben des GmbHG und der Gesellschafterlistenverordnung im Einklang steht, ist rein gesellschaftsrechtlich von Bedeutung, auch wenn die Aufwertung der Gesellschafterliste zwecks Transparenzsteigerung eine flankierende Maßnahme war, um dem Vorwurf der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der bei Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie eingeführten sog. Verweisungslösung bzw. Mitteilungsfunktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG den Wind aus den Segeln zu nehmen. D.h.: Solange – bei wirtschaftlicher Berechtigung qua Überschreitung einer 25-prozentigen Beteiligungsschwelle (nicht bei sonstiger wirtschaftlicher Berechtigung!) – aus der Gesellschafterliste jene wenigen Informationen entnommen werden können, die das GwG zur Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten verlangt, sind gesonderte Mitteilungen an das Transparenzregister entbehrlich. Prozentzahlen gehören nicht zu diesen Angaben – eine gesonderte Mitteilung an www.transparenzregister.de ist wegen fehlender oder fehlerhafter Prozentangaben also nicht erforderlich (dazu schon Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2018, 1128 [1129 f.]). Hohe Bußgeldgefahr besteht dagegen bei Altlisten in Papierform (nur elektronische Dokumente sind verweisungsfähig, § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG verlangt elektronisch abrufbare Dokumente) – hier werden schon gegenwärtig Bußgelder verhängt, zumal die Missachtung der Anforderungen des GwG in diesen Fällen überaus leicht festzustellen ist, ganz anders als bei verdeckten wirtschaftlichen Berechtigungen in Beteiligungsketten mit ausländischen Zwischengliedern (also in den eigentlich interessanten Fällen). Ob damit die Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer, die das Transparenzregister eigentlich im Sinn hat, oder nicht vielmehr schlicht laxe Geschäftsführer sanktioniert werden, ist mehr als fraglich. Das zieht die rechtspolitische Überzeugungskraft der 4. EU-Geldwäscherichtlinie – die letztlich im geldwäscherechtlichen Gewand unionsweite Gesellschaftstransparenz herstellen will – insoweit abermals in Zweifel.

Anders herum kann übrigens die Gesellschafterliste nicht überobligatorisch aufgewertet werden, um die Mitteilungsfiktion zu ermöglichen: Wird etwa eine Mehrheitsbeteiligung treuhänderisch gehalten, dürften entsprechende Mitteilungspflichten an das Transparenzregister nicht dadurch erfüllt werden können, dass in der Gesellschafterliste vermerkt wird, für welchen Treugeber die Geschäftsanteile gehalten werden – denn auch wenn nunmehr die Gesellschafterlistenverordnung eine Veränderungsspalte ausdrücklich gestattet, ergeben sich aus einem Umkehrschluss, aber auch aus der Verodnungsbegründung Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer sog. Vermerk- oder Bemerkungsspalte (vgl. Cziupka, GmbHR 2018, R180 [R182]), die schon zuvor höchst umstritten war. Entsprechende Gesellschafterlisten mit derartigen Bemerkungen dürften vom Registergericht zurückgewiesen werden; schon daran wird dieser Versuch einer Umgehung einer Mitteilung ans Transparenzregister scheitern.

Die neue Gesellschafterlistenverordnung

Am 1. Juli 2018 ist die neue Gesellschafterlistenverordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2018, 870; siehe dazu zuletzt Cziupka, GmbHR 2018, R180; Seibert/Kell, GmbHR 2018, R212). Die Praxis hat auf die Verordnung vermutlich nicht unbedingt sehnsüchtig gewartet. Gleichwohl werden Geschäftsführer und Notare als (alte und neue) Listenersteller die Vorgaben des Verordnungsgebers bei der Erstellung der Listen natürlich genau beachten.

Die neue Verordnung regelt (durchaus mit einer gewissen Liebe zum Detail) Fragen der Nummerierung, der Prozentangaben und der Rundung. Ein „amtliches“ Gesamtmuster für eine Gesellschafterliste findet sich in der Verordnung dagegen nicht. Diese Zurückhaltung ist zu begrüßen. Die Gestaltungsfreiheit wird auf diese Weise nicht unnötig eingeschränkt und ermöglicht im Einzelfall eine flexible Ausgestaltung der Liste. So kann die Liste sowohl nach Geschäftsanteilen als auch nach Gesellschaftern sortiert werden.

Natürlich hat auch die neue Listenverordnung nicht alle Streitfragen klären können. Beispielsweise ist eine Vollzugsmitteilung nach Aufnahme einer Liste in den Registerordner immer noch nicht verbindlich vorgesehen. Zwar versenden viele Registergerichte heute den Beteiligten eine formlose Nachricht über die Aufnahme der Liste; eine einheitliche Regelung fehlt aber noch.

Möglicherweise hat die Listenverordnung auch neue Probleme geschaffen. Eine Veränderungsspalte hat der BGH im Jahr 2015 unter Hinweis auf den Grundsatz der Listenklarheit noch als unzlässig angesehen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZB 17/14, GmbHR 2015, 526 mit Anm. Bayer). Nunmehr regelt die Verordnung zahlreiche Fälle, in denen Eintragungen in einer Veränderungsspalte vorzunehmen sind (siehe § 2 VO). Dabei wird sorgfältig unterschieden zwischen zwingenden Eintragungen („sind“), empfohlenen Eintragungen („sollte“) und lediglich freiwilligen Eintragungen („können“). Ist die (freiwillige) Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in einer Veränderungsspalte jetzt doch zulässig?

Die Erstellung der Gesellschafterlisten mit den zahlreichen Nummern, Angaben und Prozenten erweist sich in der Praxis leider immer wieder als fehlerfällig. In dem Geflecht zwischen Spalten und Zeilen hat sich jetzt auch der Verordnungsgeber etwas „verheddert“, wie sich aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag ergibt (siehe BT-Drucks. 19/2973 vom 26.06.2018). Damit teilt der Verordnungsgeber das Schicksal von vielen Listenerstellern in der Praxis, denen oftmals ähnliche Schreib-, Tipp- und Rechenfehler unterlaufen und diese dann möglichst geräuschlos zu bereinigen versuchen (zur Berichtigung einer Liste nach § 44a BeurkG siehe OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.12.2017, 12 W 2005/17, GmbHR 2018, 256. Ausführlich dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231).

Der (heimliche) Verfasser der Listenverordnung hatte frühzeitig für eine registergerichtliche Zurückhaltung bei der Kontrolle der Liste plädiert (siehe Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, R241 und BR-Drucks. 105/18, S. 3, 6 und S. 9). Dieses (berechtigte) Plädoyer wurde aber wohl leider nicht in allen Landesteilen erhört. In der Praxis hat man derzeit manchmal den Eindruck, dass die Details der Gesellschafterliste zum neuen Prüfungsschwerpunkt mancher Registergerichte gehören. Dies ist im Alltag zwar mitunter etwas mühsam, dient aber letztlich der Qualitätskontrolle und stärkt das deutsche Handelsregister im (europäischen) Wettbewerb der Rechtsordnungen.

Die sachgerechte Ausgestaltung der Gesellschafterliste wird Praxis und Wissenschaft vermutlich noch länger beschäftigen. Während die gesellschaftsrechtlichen Streitfragen bereits ausführlich erörtert worden sind, steht die steuerrechtliche Diskussion noch ganz am Anfang. Bei einem (ungewollten) Auseinanderfallen zwischen materiell-rechtlichem Gesellschafter und formell-legitimierten Listengesellschafter können sich durchaus schwierige Fragen stellen, wie etwa nach der Behandlung von Gewinnausschüttungen (§ 20 Abs. 5 EStG), der finanziellen Eingliederung aufgrund der Stimmrechtsmehrheit (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG) oder der wirtschaftlichen Beteiligung bei der Grunderwerbsteuer (§ 1 ASbs. 3a GrEStG).

Fazit: Bei allem Streit um Detailfragen ist die (neue) Gesellschafterliste gleichwohl ein Erfolgsmodell. Es is gerade einmal zehn Jahre her, dass den Gesellschafterlisten in der Praxis nur wenig Beachtung gefunden haben und viele Listen unrichtig oder veraltet waren. Dies hat sich spätestens mit dem Inkrafttreten des MoMiG im Jahr 2008 grundlegend geändert. Einen weiteren Schub für die Einreichung aktueller und richtiger Listen hat 2017 das Umsetzungsgesetz zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie gebracht. Mit der Aufnahme einer richtigen Gesellschafterliste im Handelsregister konnte die (ungeliebte) Meldung zum Transparenzregister vielfach auf zulässige Weise vermieden werden. Ein gelungenes „Update“ für die Gesellschafterlisten.

 

Societas Privata Europaea – Plädoyer für eine SPE 2.0 – Neue Beitragsreihe der GmbHR

Die Societas Privata Europaea (SPE), die von der EU-Kommission 2008 vorgeschlagen wurde, ist 2014 – nicht zuletzt am Widerstand Deutschlands – (vorläufig) gescheitert. Über den anschließenden Richtlinienvorschlag für eine Societas Unius Personae (SUP) der EU-Kommission konnte ebenfalls kein Konsens erzielt werden. Die SUP hätte für Deutschland mitbestimmungsrechtliche Probleme aufgeworfen und es darüber hinaus aufgrund der Wahl des Rechtssetzungsinstrumentes der Richtlinie auch nicht vermocht, eine europaweit einheitliche Kapitalgesellschaftsrechtsform zu schaffen.

Dies führt zur Konsequenz, dass mit der Societas Europaea (SE) zwar eine europäische Aktiengesellschaft zur Verfügung steht, nicht aber eine „Europa-GmbH“.

Letztere böte kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) durch eine einheitliche Ausgestaltung erhebliche Erleichterungen bei der innereuropäischen Betätigung, würde insbesondere Gründungs- und Administrationsprozesse vereinheitlichen und beschleunigen und Kosten für Unternehmen reduzieren. Der Binnenmarkt würde durch eine solche einheitliche europäische Kapitalgesellschaftsrechtsform erheblich gestärkt.

Deutschland hat aufgrund der Ablehnung der Vorschläge zur SPE und SUP eine Bringschuld. Als exportstarke mittelständisch geprägte Wirtschaftsnation im Herzen Europas wäre Deutschland zugleich vordringlicher Nutznießer einer SPE 2.0.

Ein neuer Anlauf mit dem Ziel, eine supranationale „Europa-GmbH“ aufs Gleis zu setzen, ist freilich kein leichtes Unterfangen; es bedarf einer überzeugenden Konzeption, großer Unterstützung und starker Mitstreiter.

Vor diesem Hintergrund soll die bevorstehende Beitragsreihe in der GmbHR einen Impuls zu einem erneuten wissenschaftlichen Vorstoß aussenden und dazu ermuntern, für eine „Europa-GmbH“ zu streiten. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln werden in den kommenden Beiträgen die Vorzüge, Gestaltungsmöglichkeiten und Optionen auf dem Weg zu einer SPE 2.0 skizziert.

Die Beiträge beruhen auf Vorträgen, die im Rahmen eines Schülersymposiums zu Ehren von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Hommelhoff am 14. Oktober 2017 in Würzburg anlässlich seines 75. Geburtstages gehalten wurden. Sie würdigen damit zugleich Peter Hommelhoffs herausragende Rolle bei dem Bemühen, im Zuge des europäischen Integrationsprozesses eine supranationale Rechtsform für kleine Kapitalgesellschaften zu schaffen.

 

Nachtrag zu „Ausweg aus der Limited durch Übertragung der Anteile auf eine neu zu gründende GmbH“ (GmbHR 2018, 601 ff.)

Zu meinem Beitrag aus der aktuellen GmbHR kam die Anregung eines Rechtsanwalts aus Stuttgart (RA/StB/FAStR): Er schlägt vor, bei der Gründung der Normal-GmbH den gleichen Weg einzuschlagen wie bei der UG (S. 605), also die „umständliche und lästige und mit zusätzlichen Kosten verbundene“ Sachgründung zu umgehen, stattdessen eine Bargründung vorzunehmen und die Limited-Anteile als Sachagio einzubringen (vgl. Walter, GStB 2018, 165-170).

Dieser Weg ist nicht nur gangbar, sondern von den Abläufen sicherlich spürbar schneller und kostengünstiger. Wenn der Betreiber der Limited gewillt und in der Lage ist, das entsprechende Stammkapital in bar aufzubringen, ist diese Methode sicherlich die empfehlenswertere.

Homogenisierte Gesellschafterlisten

Das Inkrafttreten der Gesellschafterlistenverordnung naht!

[Anmerkung der Redaktion: Die Gesellschafterlistenverordnung wurde am 28.6.2018 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I 2018, S. 870) und ist am 1.7.2018 in Kraft getreten.]

Über das Bundeskanzleramt wurde diese Ministerverordnung des BMJV bereits Anfang April dem Bundesrat zugeleitet (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2018/0101-0200/0105-18.html). Stimmt dieser zu (die Plenarsitzung am 8. Juni hat die GesL-VO auf der Tagesordnung), tritt die Verordnung bereits am ersten Tag des ersten Monats nach Verkündung in Kraft. Zeit also, sich mit den neuen Vorgaben vertraut zu machen. Denn: Jeder Anmeldung einer nach dem Geltungsstichtag erfolgten Neugründung einer GmbH – selbstverständlich ebenso seiner Light-Version, der UG (haftungsbeschränkt) – muss eine den neuen Anforderungen entsprechende Gesellschafterliste beigefügt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Einige früher mehr oder weniger gebräuchliche Gestaltungsvarianten sind nunmehr versperrt, andere, bislang zumindest durch die Rechtsprechung versperrte Gestaltungsvarianten werden ausdrücklich eröffnet.

Allerdings beugt der Verordnungsgeber einem allzu großen Andrang auf die Registergerichte vor, die die Gesellschafterliste zwar nur verwahren sollen, aber diese nach der Rechtsprechung zumindest in formeller Hinsicht zu überprüfen haben:

  • Am Geltungsstichtag bestehende Gesellschaften werden nach § 5 GesL-VO vorerst verschont, obligatorisch ist hier die Einreichung einer den neuen Vorgaben entsprechenden Gesellschafterliste erst dann, wenn eine Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 GmbHG eingetreten ist, mithin sowieso eine aktualisierte Gesellschafterliste zu erstellen und einzureichen wäre. Dann aber muss die Gesellschafterliste umfassend an die neuen Vorgaben angepasst werden – der Verordnungsgeber verordnet damit eine weitreichende Gesellschafterlisteninventur; Zweck: die Homogenisierung der Gesellschafterlisten und damit deren leichtere Erschließbarkeit für Dritte.
  • Ebenfalls bis zu einer Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verschont werden Gesellschaften, die sich am Geltungsstichtag noch in der Gründungsphase befinden, weil der Gesellschaftsvertrag zwar bereits notariell beurkundet, die Handelsregisteranmeldung aber noch nicht dem Handelsregister übermittelt wurde – etwa weil die darin enthaltene Versicherung über die bewirkten Einlageleistungen, § 8 Abs. 2 GmbHG, die in der Praxis schon im Termin der Beurkundung unterzeichnet, aber vom Notar noch zurückgehalten wird (dazu Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016 § 8 Rz. 9), noch nicht richtig ist, da ein Bankkonto der Vor-GmbH bislang nicht eröffnet wurde (übrigens der regelmäßig zeitintensivste Schritt der Gründungsphase, der etwa u.a. das nach wie vor bestehende Bedürfnis nach Vorratsgesellschaften erklärt – zu deren Behandlung Cziupka in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 3 Rz. 21 ff.). Hier erlässt es der Verordnungsgeber völlig zu Recht diesen errichteten, aber noch nicht gegründeten Gesellschaften, im Gründungsstadium die Gesellschafterliste an die zwischenzeitlich in Kraft getretene GesL-VO anpassen zu müssen und damit die Gründung zu verzögern. In der Übergangsvorschrift des § 5 GesL-VO, die von vor dem Geltungsstichtag „gegründeten“ statt von erst „errichteten“ Gesellschaften spricht,  kommt dies allerdings nicht klar zum Ausdruck, wohl aber in der Verordnungsbegründung. Da die terminologische Differenzierung zwischen „errichteten“ und „gegründeten“ Gesellschaften aber ein Produkt der Dogmatik, nicht des GmbHG (wohl aber das AktG ist) ist, kann die Verordnung trotzdem methodisch sauber so ausgelegt werden, wie sie hier auch offensichtlich verstanden werden möchte.
  • Verschont bis zu einer Veränderung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG wird – wie schon mit Blick auf die Pflicht zur Aufführung der Prozentangaben nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 3 GmbHG – zudem wiederum die im vereinfachten Verfahren mittels Musterprotokoll gegründete Gesellschaft. War diese Verschonung bzgl. des Erfordernisses der Prozentangaben noch umstritten (aber richtigerweise auch hier aufgrund der gesetzlichen Inkorporierung der Gesellschafterliste in das Musterprotokoll zu bejahen), ist die Angelegenheit nunmehr vollends klar: § 2 Abs. 1a Satz 3 GmbHG (mit der Fiktion: Musterprotokoll gilt als Gesellschafterliste) ist gegenüber der GesL-VO höherrangiges Recht.

Vor einer nur vermeintlichen Verschonung ist aber zu warnen: Erfolgt bei einer bestehenden Gesellschaft eine Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG kurz vor dem Geltungsstichtag, wird die Gesellschafterliste aber erst nach dem Geltungsstichtag zum Handelsregister eingereicht, ist eine den neuen Vorgaben entsprechende Gesellschafterliste einzureichen. Der alternativ denkbare Ansatz, auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Veränderung (nach dem Stichtag) abzustellen (so für § 8 EGGmbHG Wachter, GmbHR 2017, 1177, 1193; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 40 Rz. 1.1, Online-Aktualisierung), vertrüge sich schlechter mit dem Wortlaut des § 5 GesL-VO.

Für den interessierten Leser der Gesellschafterliste ist eine Vereinheitlichung der Darstellungsweise ganz sicher von Vorteil, vermeidet sie doch letztlich Fehlinterpretationen und im besten Falle bereits (formell) fehlerhaft erstellte Listen. Die Praxis wird mit der zunehmenden Standardisierung – nach einer Eingewöhnungsphase – leben können, impliziert Standardisierung doch stets auch Effizienzgewinne. Wünschenswert wäre, dass damit auch die Häufigkeit der Streitbefangenheit der Gesellschafterliste mittelfristig abnimmt, gleichermaßen die Zahl registergerichtlicher Zwischenverfügungen. Die Gesellschafterliste birgt auch abseits formeller Gestaltungsfragen leider erhebliches Streitpotential, das sich zuletzt etwa immer wieder in Bezug auf die Konturierung der Rechtsschutzmöglichkeiten gezeigt hatte (s. nur Lieder, GmbHR 2016, 271 ff.). Die nun als Preis für die Homogenisierung zu zahlenden Einbußen bei der Gestaltungsfreiheit des Listenerstellers werden freilich von Fall zu Fall dem um klaren und leicht verständlichen Aufbau der Gesellschafterliste bemühten Listenersteller einiges Kopfzerbrechen bereiten; die Intensität derselben wird allerdings ganz entscheidend davon abhängen, wie die Registerpraxis auf die Möglichkeit der Erstellung einer sog. Bereinigungsliste mit hier erlaubter vollständiger Umnummerierung auch bereits „verbrauchter“ Zahlen umgeht – sie könnte ein entscheidendes Instrument zur Vereinfachung (und damit Verringerung der Fehleranfälligkeit) der Darstellung komplexer Beteiligungsstrukturen werden. Überhaupt wird die Registerpraxis gut beraten sein, die Überprüfung der Gesellschafterliste auf formelle Mängel nur äußerst behutsam vorzunehmen.

Zu dem Vorstehenden und Tipps, wie die formalen Gestaltungsanforderungen möglichst sicher in der Praxis umgesetzt werden können, siehe den Blickpunkt von Cziupka in GmbHR 2018, R180-R183.

S. weiter auch die zahlreichen Beiträge in der GmbHR zur neuen Gesellschafterliste und dem eng damit verbundenen Transparenzregister:

  • Cziupka, Johannes, Zehn praktische Hinweise zur neuen Gesellschafterlistenverordnung, GmbHR 2018, R180-R183
  • Lieder, Jan / Cziupka, Johannes, Berichtigung einer offenbar unrichtigen Gesellschafterliste im Anwendungsbereich des reformierten § 40 Abs. 1 GmbHG, GmbHR 2018, 231-240
  • Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes,  Gesellschafterliste: Angabe der durch den Nennbetrag des Geschäftsanteils vermittelten prozentualen Beteiligung, Kommentar zu OLG Nürnberg Beschl. v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86-90
  • Ulrich, Stephan, Die Gesellschafterliste im Fokus der mehr Transparenz vermittelnden Neuregelungsversuche, GmbHR 2017, R374-R375
  • WachterThomas, Neuregelungen bei der Gesellschafterliste, GmbHR 2017, 1177-1194
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, „Scharfschaltung“ des Transparenzregisters: Kein Grund zur Beunruhigung!, GmbHR 2017, 1128-1132
  • Melchior, Robin / Böhringer, Walter, Sportwettbetrug, Gesellschafterliste und Eintragungsbescheinigung. Drei (Groß-)Baustellen im Handelsregister, GmbHR 2017, 1074-1082
  • Ulrich, Stephan, Prozentuale Beteiligung an GmbHs noch nicht maschinenlesbar, GmbHR 2017, R309
  • Ulrich, Stephan,Waren Sie schon auf www.transparenzregister.de?, GmbHR 2017, R293
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, Musterprotokoll als Transparenzhindernis?, GmbHR 2017, R289-R290
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, Prozentangaben in der Gesellschafterliste: Praktische Handreichung und Plädoyer für (register-)gerichtliche Zurückhaltung, GmbHR 2017, R241-R242
  • Schaub, Peter, Überblick über die neue GmbH-Gesellschafterliste, GmbHR 2017, 727-731
  • Ulrich, Stephan, Jetzt wird es ernst: Meldungen zum Transparenzregister erstmals zum 1.10.2017, GmbHR 2017, R229-R230
  • Ulrich, Stephan, Das Transparenzregister kommt wirklich, GmbHR 2017, R182
  • Ulrich, Stephan, Transparenzregister macht Gesellschafterliste maschinenlesbar!, GmbHR 2017, R101
  • Seibert, Ulrich, Die GmbH und das Transparenzregister, GmbHR 2017, R97-R98
  • Ulrich, Stephan, Noch mehr Transparenz, GmbHR 2017, R53

 

 

Kommission präsentiert gesellschaftsrechtliche „Wundertüte“

Nachdem es seit November vergangenen Jahres mehrfach verschoben wurde, hat die Europäische Kommission das fertige „Company Law Package“  am 25.04.2017 nun der Öffentlichkeit präsentiert. Mit Spannung wurde erwartet, welche Regelungsvorschläge es letztlich enthalten und ob die Kommission ihre umfassenden Ankündigungen wahr machen würde (vgl. Arbeitsprogramm der Kommission 2017, S. 8) . Auf den ersten Blick haben Kommissionspräsident Juncker und sein Team Wort gehalten: Ein Vorschlag betreffend den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht  und ein Vorschlag über die Regelung grenzüberschreitender Verschmelzungen, Spaltungen und Sitzverlegungen bilden zusammen mit ihrem Anhang einen insgesamt knapp 130 Seiten starken Vorschlag. Dieser wird komplettiert durch ein 194-seitiges Impact Assessment. Angesichts der Masse und der vielfältigen Regelungsmaterie handelt es sich um die bisher umfangreichste gesellschaftsrechtliche Initiative der Kommission, andernorts wird von einem „dicke[n] Paket“  gesprochen. Dennoch sucht die Kommission mit den Entwürfen in Buchstärke kein neues Regelungsregime zu schaffen, sondern will lediglich die erst im Sommer 2017 konsolidierte Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts  ergänzen. Bereits beim ersten Durchsehen der Texte fällt auf, dass diese Regelungstechnik (bspw. sollen statt einer Neuzählung die Art. 160a–160w eingefügt werden) die Handhabbarkeit erschwert.

Unabhängig von der gewöhnungsbedürftigen Verpackung bietet die „Wundertüte“ einige Überraschungen. Künftig soll es jedermann in der Union (offenbar auch juristischen Personen) möglich sein, in jedem Mitgliedstaat digital eine Kapitalgesellschaft zu gründen, ohne einen Fuß in den Registerstaat setzen zu müssen. Satzungsmuster (sog. Templates) sollen die Gründung zusätzlich erleichtern und müssen dazu von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.  Bei der Onlinegründung muss jede Rechtsordnung mindestens sicherstellen können, dass der Gründer rechtsfähig ist und seine Identität festgestellt werden kann.  Den Mitgliedstaaten verbleibt aber darüber hinaus auch ein Regelungsspielraum: Die Online-Ferngründung scheint insbesondere nicht das Ende für die notarielle Tätigkeit bei der Gründung von Kapitalgesellschaften zu bedeuten, zumindest nicht zwingend. Die Mitgliedstaaten können – solange dies keine physische Präsenz der Gründer erfordert – u.a. Notare in das Verfahren einbinden, was angesichts ihrer umfassenden und vielgestaltigen Beratungstätigkeit, in denjenigen Staaten, die bisher auf Notare setzen, auch weiterhin zu empfehlen sein dürfte. Die digital errichtete Gesellschaft soll innerhalb von fünf Werktagen nach Einreichung aller Unterlagen und Leistung der erforderlichen Zahlungen eingetragen werden. Den Mitgliedstaaten steht es zudem frei, die „großen“ Kapitalgesellschaften, wie die deutsche AG, nicht zur Onlinegründung zuzulassen, was angesichts der oft komplexen Gestaltungen bei diesen Gesellschaftstypen durchaus sinnvoll sein kann. Auf die Mitgliedstaaten kommt jedenfalls harte Arbeit zu, da (soweit ersichtlich) bisher nur Estland Erfahrungen mit effizienten grenzüberschreitenden Gründungsverfahren hat, die – über das eResidency-Programm  – auch für Personen ohne estnische Staatsangehörigkeit zugänglich sind.

Zudem hat sich die Kommission nun auch endlich mit grenzüberschreitenden Unternehmensumwandlungen befasst. Das Company Law Package enthält den Vorschlag für eine Novellierung der Verschmelzungsrichtlinie sowie Vorschläge für einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen und Sitzverlegungen. In diesem Bereich will die Kommission vor allem einen rechtssicheren kodifizierten Rahmen für alle grenzüberschreitenden Umwandlungen schaffen, der im Einklang mit der bisherigen EuGH-Judikatur dazu stehen soll. Besonders im Fokus liegt bei allen drei Regelungskonzepten die Förderung der grenzüberschreitenden Unternehmensmobilität – explizit sollen gerade kleine und mittlere Unternehmen berücksichtigt werden – bei gleichzeitiger Gewährleistung der Rechte zum Schutz der betroffenen stakeholder, wie Gläubiger, Gesellschafter und Arbeitnehmer. Für die Arbeitnehmermitbestimmung nehmen die neuen Regelungen zur grenzüberschreitenden Spaltung und Sitzverlegung Bezug auf das Verhandlungsverfahren, wie es bereits aus der SE-Verordnung  bekannt ist. Ähnliche Vorschläge fanden sich diesbezüglich bereits in den bislang nicht erfolgreichen Vorschlägen zur SPE  und zur SUP , weshalb die Möglichkeit besteht, dass dieser Aspekt auch für die neuen Vorschläge eine politische Hürde darstellen wird.

Ob sich das unionale Gesellschaftsrecht über die Überraschungen freuen kann, welche die „Wundertüte“ noch bereithält, wird die Zukunft zeigen. Fürs erste kann festgehalten werden, dass jedenfalls der Vorschlag betreffend den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht noch zahlreiche Fragen aufwirft und Rechtsunsicherheiten verstärken kann, während die Vorschläge zur Kodifizierung der grenzüberschreitenden Sitzverlegung und Spaltung das Potenzial haben, einen rechtssicheren Rahmen für diese Vorgänge im Binnenmarkt zu schaffen.

Einforderung rückständiger Einlagen durch Liquidator zum Ausgleich unter den Gesellschaftern

Mit Urteil vom 30.1.2018 (Az. II ZR 95/16) – vorgesehen zum Abdruck in der amtlichen Sammlung – hat der Bundesgerichtshof eine wegweisende Abkehr von seiner früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Reichweite der Liquidatorenaufgaben in der (Publikums-)Personengesellschaft vollzogen. Ausweislich des ersten amtlichen Leitsatzes gilt nunmehr:

„Bei einer Publikums-Kommanditgesellschaft ist der Abwickler – vorbehaltlich anderweitiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen – auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Ermächtigung zur Einforderung rückständiger Einlagen zum Zweck des Ausgleichs unter den Gesellschaftern befugt.“

Nach bisheriger Lesart des BGH waren die Aufgaben des Liquidators auf die Gläubigerbefriedigung sowie liquidationszweckgemäße Tätigkeiten beschränkt; nur zur Erfüllung dieser Aufgaben sollten Gesellschafter auf Zahlung rückständiger Einlagen oder Nachschüsse in Anspruch genommen werden dürfen.

Der BGH begrenzt seine Aussagen zwar ausdrücklich auf die Publikums-KG. Dass für andere Personengesellschaften nichts anderes gelten kann, lässt sich jedoch aus den Urteilsgründen ableiten; vgl. hierzu Bochmann/Becker, EWiR 2018, 229 f. (erscheint am 27.4.2018).