BGH zur Zurückweisung eines Beweisantrags nach § 531 Abs. 2 ZPO

Nach § 531 Abs. 2 ZPO kann ein erstmals in der Berufungsinstanz gestellter Beweisantrag zurückgewiesen werden. Insoweit handelt es sich um ein neues Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel. Neu im Sinne dieser Vorschrift sind alle Angriffs- und Verteidigungsmittel, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht vorgebracht worden sind. Dazu gehören auch solche, die die Partei zwar zunächst vorgebracht hat, dann aber fallen gelassen hat, z.B. Verzicht auf einen erstinstanzlich gestellten Beweisantrag. Dagegen handele es sich nach einer neuen Entscheidung des BGH v. 31.05.2017 – VIII ZR 69/16 – nicht um ein Fallenlassen eines erstinstanzlich gestellten Beweisantrags, wenn lediglich der vom Gericht geforderte Auslagenvorschuss nicht eingezahlt werde.

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Ausgangskontrolle bei Versand per Telefax
Beschluss vom 23. Mai 2017 – II ZB 19/16

Mit den Anforderungen an die Organisation des Telefaxversands in der Anwaltskanzlei befasst sich der II. Zivilsenat.

Der Rechtsanwalt des in erster Instanz unterlegenen Klägers hatte am letzten Tag der Frist eine Mitarbeiterin beauftragt, die Berufungsschrift per Telefax an das zuständige OLG zu versenden. Dort kamen nur die erste Seite der Berufungsschrift und eine Seite aus dem angefochtenen Urteil an, nicht aber die zweite Seite der Berufungsschrift mit der Unterschrift des Anwalts. Das OLG wies das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er verweist auf seine Rechtsprechung, wonach es zur Ausgangskontrolle genügt, einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Entgegen der Auffassung des OLG ist es nicht erforderlich, die übermittelten Schriftstücke auf inhaltliche Vollständigkeit zu überprüfen oder den fristgebundenen Schriftsatz und dazu gehörende Anlagen getrennt zu übermitteln. Ebenfalls nicht erforderlich ist es, beim Gericht telefonisch nachzufragen, ob der Schriftsatz vollständig übermittelt worden ist.

Praxistipp: Bei umfangreichen Schriftsätzen mit zahlreichen Anlagen kann es sich dennoch empfehlen, Schriftsatz und Anlagen getrennt zu übermitteln, weil einige Faxgeräte die Übermittlung nach einer bestimmten Höchstdauer (z. B. eine Stunde) automatisch abbrechen und dies unter ungünstigen Umständen zum Verlust der gesamten Sendung führen kann.

Bedingte Fristverlängerung
Beschluss vom 1. Juni 2017 – V ZB 106/16

Das Gebot der Rechtsmittelklarheit konkretisiert der V. Zivilsenat.

Der Rechtsanwalt der in erster Instanz unterlegenen Klägerin hatte nach drei vorangegangenen Fristverlängerungen beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung nochmals zu verlängern, und anwaltlich versichert, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe zugestimmt. Der Vorsitzende des Berufungssenats gewährte die Fristverlängerung „mit der Maßgabe, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine Zustimmung erteilt hat“. Nach Eingang der Begründung innerhalb der verlängerten Frist machte die Beklagte geltend, eine Zustimmung zu der Verlängerung sei nicht erteilt worden. Das Berufungsgericht hielt die Fristverlängerung wegen Nichtvorliegens der in der Verfügung ausgesprochenen Bedingung für unwirksam und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Er leitet aus dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit ab, dass die Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden darf. Wenn das Gericht hiergegen verstößt, ist nicht die Fristverlängerung unwirksam, sondern nur die Bedingung. Deshalb war die Begründungsfrist trotz fehlender Zustimmung der Gegenseite wirksam verlängert worden.

Praxistipp: Um eine irrtümliche Fristverlängerung zu vermeiden, kann es sich für den Gegner empfehlen, das Gericht von sich aus darüber in Kenntnis zu setzen, dass er eine Bitte um Zustimmung zur Fristverlängerung abgelehnt hat.

Keine Kostenentscheidung nach Rücknahme des Antrags auf Zuständigkeitsbestimmung bei Anhängigkeit der Hauptsache

Der Beschluss über die gerichtliche Bestimmung nach § 37 ZPO enthält grundsätzliche keine Kostenentscheidung. Denn die Kosten des Bestimmungsverfahrens gehören zu den Kosten des Rechtsstreits (BayObLG NJW-RR 2000, 141). Bei einer Zurückweisung des Gesuchs des Antragstellers richtet sich die Kostenentscheidung hingegen nach § 91 ZPO entsprechend, im Falle der Rücknahme des Gesuchs nach § 269 Abs. 3 ZPO entsprechend, wenn jedenfalls eine Hauptsache nicht schon anhängig ist (jeweils BGH NJW-RR 1987, 757; str.).

Nun hat das OLG München in einer aktuellen Entscheidung nochmals bestätigt, dass bei Zurücknahme des Antrags nach § 37 ZPO  jedenfalls dann keine Kostenentscheidung veranlasst sei, wenn das Hauptsacheverfahren bereits rechtshängig sei und der Antragsgegner im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren durch dieselben Anwälte vertreten werde (OLG München vom 28.06.2017 – 34 AR 64/17 – unter Fortführung von OLG München vom 21.3.2014, 34 AR 256/13). Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG würden auch ohne Bestimmungsentscheidung endende Verfahren zu derselben Angelegenheit gehören und keinen Gebührentatbestand auslösen. Zwar sei die Kostengrundentscheidung regelmäßig unabhängig davon zu treffen, ob im Einzelfall Kosten anfallen würden oder nicht. Stehe jedoch – wie hier – fest, dass (siehe § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG) keinerlei Kosten geltend gemacht werden könnten, so fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine ins Leere laufende Entscheidung.

Das OLG München hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, obwohl eine Befassung des BGH mit dieser Problematik wünschenswert gewesen wäre. Allerdings wird nach überwiegender Meinung eine Rechtsbeschwerde im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren für nicht statthaft gehalten.

 

 

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Vermeidbarer Verbotsirrtum bei Verstoß gegen Strafnorm
Urteil vom 16. Mai 2017 – VI ZR 266/16

Mit den subjektiven Voraussetzungen der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der Kläger hatte zum Zweck der Kapitalanlage Genussscheine einer später insolvent gewordenen Aktiengesellschaft gezeichnet. Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die Zahlungen der Anleger entgegennahm und an die AG weiterleitete. Nach dem finanziellen Zusammenbruch der AG wurde der Initiator wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die gegen den Beklagten gerichtete Klage auf Schadensersatz wegen Beihilfe zu dem Verstoß gegen das Kreditwesengesetz blieb vor dem AG erfolglos. Das LG wies die Berufung mit der Begründung zurück, der Beklagte, der sich vor Abschluss des Kooperationsvertrags mit der AG anwaltlich hatte beraten lassen, sei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum im Sinne von § 17 Satz 1 StGB erlegen.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er tritt dem LG darin bei, dass ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB nicht besteht, wenn das verletzte Schutzgesetz eine Strafnorm ist und der Schädiger einem unvermeidbaren Verbotsirrtum erlag. Er beanstandet aber die Feststellungen, auf die das LG die Annahme eines Verbotsirrtums im Streitfall gestützt hat, als unklar. Ferner macht der BGH deutlich, dass für Personen, die im Geschäftsleben stehen, der Irrtum über das Bestehen eines Schutzgesetzes, das für ihren Arbeitsbereich erlassen wurde, kaum jemals als unvermeidbar angesehen werden kann. So reicht es nicht ohne weiteres aus, anwaltlichen Rat einzuholen und auf dessen Richtigkeit zu vertrauen. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast für einen die Haftung ausschließenden Rechtsirrtum trägt der Anspruchsgegner.

Zustellung an den „falschen“ Adressaten
Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 11/16

Mit den Voraussetzungen für die Heilung eines Zustellungsmangels befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Der Kläger begehrte Zahlung des Kaufpreises für Baustofflieferungen an ein Einzelunternehmen. In der Klageschrift war der Beklagte bezeichnet als „W.K., Inhaber der Einzelfirma K.“. Das LG übernahm diese Angabe in die Postzustellungsurkunde. Der Schriftsatz wurde W.K. persönlich zugestellt. Dieser machte geltend, Inhaber der Firma sei seit vielen Jahren sein Sohn A.K. Das LG berichtigte die Beklagtenbezeichnung in „Firma W.K, Inhaber A.K.“ und verurteilte diese Partei antragsgemäß. Das OLG ließ die Klageschrift an den Sohn zustellen, hob die erstinstanzliche Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers auf und verwies die Sache an das LG zurück.

Der BGH weist die Revision des Klägers zurück. Er tritt dem Kläger und den Vorinstanzen zwar darin bei, dass die Klage von Beginn an gegen den Sohn als aktuellen Unternehmensinhaber gerichtet war. Mit dem OLG hält er die erstinstanzliche Zustellung der Klageschrift an den Vater jedoch für unzureichend. Eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO kommt nicht in Betracht, weil das LG die Klage an den Vater zustellen wollte und es deshalb an dem für eine Heilung erforderlichen Zustellungswillen in Bezug auf den Sohn fehlt. Nach § 189 Fall 2 ZPO kann eine Heilung zwar auch dann eintreten, wenn das Dokument einer Person zugegangen ist, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß hätte gerichtet werden können. Dies setzt aber voraus, dass sich die Zustellungsmöglichkeit aus dem Gesetz selbst ergibt. Letzteres ist etwa bei gesetzlichen Vertretern oder Prozessbevollmächtigten der Fall, nicht aber bei dritten Personen, deren Beteiligung am Rechtsstreit sich nur aus einer Auslegung der Klageschrift ergibt.

Praxistipp: Um Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung auszuschließen, sollte der Kläger bei einem Antrag auf Rubrumsberichtigung zugleich auf eine erneute Zustellung der Klageschrift hinwirken.

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Sozialversicherungsrechtliche Vorfragen
Urteil vom 30. Mai 2017 – VI ZR 501/16

Dass Fragen des Sozialversicherungsrechts auch in vermeintlich einfachen Haftungsfällen eine Rolle spielen können, zeigt eine Entscheidung des VI. Zivilsenats.

Ein Arbeitnehmer der Klägerin war beim Anliefern von Kies auf einer Baustelle verunglückt. Die Klägerin machte geltend, die auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmer der Beklagten hätten den Unfall durch unzureichende Sicherung einer Leiter verursacht, und verlangte von der Beklagten, die zugleich die Lieferung des Kieses in Auftrag gegeben hatte, Ersatz  fortgezahlten Arbeitsentgelts aus Vertrag und Delikt. Das AG wies die Klage ab. Das LG bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, eine Haftung der Beklagten sei jedenfalls nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses ausgeschlossen, weil im Innenverhältnis der Gesamtschuldner die Arbeitnehmer der Beklagten allein verantwortlich seien, diese aber unter das Haftungsprivileg nach § 106 Abs. 3 Fall 3 und § 105 Abs. 1 SGB VII fielen.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er tritt dem LG darin bei, dass die Arbeitnehmer der Beklagten im Innenverhältnis der Gesamtschuldner den Schaden alleine zu tragen haben, stützt dieses Ergebnis aber nicht auf § 840 Abs. 2, sondern auf § 254 BGB und den Grundsatz, dass ein Gesamtschuldner, der eine Pflicht verletzt hat, sich im Innenverhältnis nicht darauf berufen darf, er sei in der Erfüllung dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden. Dennoch hebt der BGH das Berufungsurteil auf, weil das LG keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob Entscheidungen von Unfallversicherungsträgern oder Sozialgerichten zu der Frage ergangen sind, ob die beteiligten Arbeitnehmer der Klägerin und der Beklagten Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung waren und ob ein Versicherungsfall vorliegt. Entscheidungen zu diesen Fragen sind gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII für die Zivilgerichte bindend. Solange eine bindende Entscheidung der zuständigen Stellen nicht vorliegt, muss das Zivilgericht gemäß § 108 Abs. 2 SGB VII das Verfahren aussetzen, sofern die betreffenden sozialversicherungsrechtlichen Fragen für dessen Entscheidung relevant sind.

Praxistipp: Die Partei, die sich auf eine ihr günstige Rechtsfolge aus §§ 104 bis 107 SGB VII beruft, sollte möglichst frühzeitig darauf hinwirken, dass die für diese Fragen zuständigen Stellen eine Entscheidung treffen.

Streitgegenstand bei Schadensersatzklage gegen Vertreter ohne Vertretungsmacht
Urteil vom 18. Mai 2017 – VII ZR 122/14

Mit der Bestimmung des Streitgegenstands befasst sich der VII. Zivilsenat.

Der Kläger schloss mit dem Beklagten einen Bauvertrag über eine Doppelhaushälfte. Während der Bauarbeiten entstand Streit darüber, ob der Beklagte bei Vertragsschluss im eigenen Namen oder im Namen der bauausführenden GmbH gehandelt hatte. Der Kläger nahm daraufhin den Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsmacht auf Schadensersatz in Höhe von rund 200.000 Euro in Anspruch. Zur Begründung führte er zunächst aus, der Wert der erbrachten Leistungen bleibe um den genannten Betrag hinter den an den Beklagten geleisteten Zahlungen zurück. Später machte er geltend, für die Fertigstellung des Hauses seien erhebliche Mehraufwendungen erforderlich. Das LG verurteilte den Beklagten zur Zahlung von rund 32.000 Euro und wies die Klage im Übrigen ab. Das OLG wies die Berufung des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus, der Anspruch auf Ersatz von Mehraufwand sei verjährt, weil es sich um einen anderen Streitgegenstand handle und die Verjährung deshalb nicht schon durch die gerichtliche Geltendmachung der ursprünglichen Klageforderung gehemmt worden sei.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Mit dem OLG geht er davon aus, dass die Verjährung durch Klageerhebung nur für den geltend gemachten Streitgegenstand gehemmt wird. Abweichend von der Vorinstanz sieht er im Übergang vom negativen zum positiven Interesse aber keine Änderung des Streitgegenstands. Zum maßgeblichen Lebenssachverhalt gehört allein, dass der Beklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat und dem Kläger ein Schaden entstanden ist, nicht aber die Art und Weise, in der dieser Schaden berechnet wird.

Praxistipp: Von den unproblematischen Fällen einer bloßen Neuberechnung des Schadens zu unterscheiden sind Fälle, in denen das ursprünglich geltend gemachte Begehren auf die Verletzung einer anderen Pflicht gestützt wird.

BGH zur hinreichend klaren Fassung eines Unterlassungsantrages

Der BGH hat sich in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren (BGH, Beschl. v. 15.12.2016 – I ZR 96/16; Vorinstanz: OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2016 – 4 U 113/15) mit der Formulierung „den Eindruck erweckt“ im Rahmen eines Unterlassungsantrages befasst.

Die Steuerberaterkammer nahm den Beklagten Buchhalter nach wettbewerbsrechtlichen Anspruchsgrundlagen auf Unterlassung in Anspruch. In den Tatsacheninstanzen war der Beklagte schließlich u. a. wie folgt verurteilt worden:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei der Werbung für seine Tätigkeit als selbständiger Buchhalter den Eindruck zu erwecken, er dürfe geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die über den Kreis der ihm als selbständigen Buchhalter erlaubten Arbeiten hinausgeht, wie geschehen

  1. a)  in der Kleinanzeige im „M. “ vom 25.10.2014 (Anlage K14)
  2. b)  im Internetauftritt des Beklagten www.XXX.de (Anlage K2) in den Werbetexten unter den Menüpunkten „Über das Buchführungsbüro“ (Seite 3 der Anlage K2), „Finanzbuchhaltung / Leistungsumfang“ (Seite 7 der Anlage K2), „Finanzbuchhaltung / Kostenstellen, Kostenträger“ (Seite 16 der Anlage K2) und „DATAC24/Die Zukunft der Buchhaltung“ (Seite 31 der Anlage K2) und durch die Angabe der Unternehmensbezeichnung „DATAC Buchführungsbüro G.“ in der Kopfzeile jeder einzelnen zum Internetauftritt gehörenden Internetseite.“

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde versuchte der Beklagte, diese Verurteilung anzugreifen, und zwar mit der interessanten Begründung, die Urteilsformel sei nicht hinreichend bestimmt. Ansatzpunkt für diesen Angriff war hier die Formulierung „den Eindruck erweckt“. Eine solche Formulierung genügt nämlich regelmäßig nicht dem Bestimmtheitsgebot. Gleichwohl hält der BGH dieses Urteil mit der Begründung, hier lasse sich im Wege der Auslegung ein vollstreckungsfähiger Inhalt „gerade noch ermitteln“. Es lasse sich nämlich aus dem im Urteil wiedergegebenen erstinstanzlichen Anträgen sowie den Gründen der Entscheidung entnehmen, wie der Beklagte den irreführenden Eindruck erweckt habe. Der Beklagte habe durch die Verwendung der Begriffe Buchführungsbüro, Finanzbuchhaltung, Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, Buchhaltung und Buchführung den irreführenden Eindruck hervorgehoben, er dürfe auch Tätigkeiten vornehmen, die eigentlich einem Steuerberater vorbehalten seien.

Das war – sozusagen – ziemlich knapp. Der Fall zeigt erneut, das der Formulierung der Anträge sowie der Tenore immer ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, vor allem – aber nicht nur – in Wettbewerbssachen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das gesamte Urteil wertlos ist, weil es nicht die Grundlage für eine Zwangsvollstreckung darstellen kann! Besondere Vorsicht ist bei der Formulierung „den Eindruck erwecken“ geboten. Es muss dann jedenfalls sichergestellt werden, dass aus dem gesamten Urteil eindeutig ermittelt werden kann, was genau verboten ist.

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Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung
Urteil vom 11. Mai 2017 – III ZR 92/16

In einer für BGHZ vorgesehenen Entscheidung, die auch Aufmerksamkeit in der Tagespresse gefunden hat, wendet der III. Zivilsenat eine aus dem Arzthaftungsrecht bekannte Beweislastregel auf einen Hausnotrufvertrag an.

Der im Laufe des Rechtsstreits verstorbene, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 75 Jahre alte, allein lebende und pflegebedürftige frühere Kläger hatte mit der Beklagten einen Hausnotrufvertrag geschlossen. Zu den Pflichten der Beklagten gehörte die unverzügliche Vermittlung einer angemessenen Hilfeleistung im Falle eines Notrufs. Zwei Jahre nach Vertragsschluss betätigte der Kläger den Notruf. Am Telefon konnte er sich nicht artikulieren, sondern nur ein Stöhnen von sich geben. Ein zur Wohnung entsandter Mitarbeiter der Beklagten fand den Kläger am Boden liegend auf. Mit Hilfe eines hinzugerufenen Kollegen setzte er ihn auf die Couch und verließ die Wohnung. Zwei Tage später fanden Mitarbeiter des Pflegedienstes den Kläger mit einer halbseitigen Lähmung am Boden liegend auf. Im Krankenhaus wurde ein ein bis drei Tage zurückliegender Schlaganfall diagnostiziert, von dem sich der Kläger bis zu seinem Tod rund drei Jahre später nicht mehr erholte. Die Klage auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Abweichend von den Vorinstanzen bejaht er eine Pflichtverletzung der Beklagten. Diese hätte aufgrund der bekannten Vorerkrankungen und der fehlenden Artikulationsfähigkeit unverzüglich nach Eingang des Notrufs den Rettungsdienst alarmieren müssen. Die Beweislast dafür, dass es dann nicht zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen wäre, legt der BGH der Beklagten auf. Er sieht deren Verhalten als grobe Pflichtverletzung an und leitet daraus – entsprechend den für grobe ärztliche Behandlungsfehler entwickelten Grundsätzen – eine Umkehr der Beweislast ab. Entscheidend dafür ist, dass der Notrufvertrag gerade dazu diente, den Kläger vor Gefahren für Körper und Gesundheit zu bewahren, und dass die Beweissituation des Klägers durch das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten erheblich verschlechtert wurde.

Praxistipp: Eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalitätsfrage kommt in Betracht, wenn der Schuldner eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit grob vernachlässigt hat.

Persönlich eingelegtes Rechtsmittel und Antrag auf Prozesskostenhilfe
Beschluss vom 14. März 2017 – VI ZB 36/16

Mit einer nicht selten auftretenden Verfahrensfrage befasst sich der VI. Zivilsenat.

Das AG hatte den Beklagten wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zur Zahlung von 1.318,36 Euro verurteilt. Hiergegen legte der Beklagte mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben fristgerecht Berufung ein. Zugleich reichte er einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ein, dem alle erforderlichen Unterlagen beigefügt waren. Das LG lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht ab und verwarf die Berufung als unzulässig. Gegen letzteres wendete sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Die vom Beklagten persönlich eingelegte Berufung war zwar unzulässig. Das LG hätte dem Beklagten nach der Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe aber Gelegenheit geben müssen, das Rechtsmittel durch einen Anwalt erneut einlegen zu lassen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Ein solches Wiedereinsetzungsgesuch hatte Aussicht auf Erfolg, weil der Beklagte davon ausgehen durfte, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind.

Praxistipp: Wenn das Berufungsgericht zutreffend verfährt und die betroffene Partei nach Versagung von Prozesskostenhilfe anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, muss die Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags beachtet werden. Diese beträgt, wenn es um die Einlegung der Berufung geht, gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses über die Versagung von Prozesskostenhilfe.

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Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe
Beschluss vom 25. April 2017 – VI ZB 45/16

Dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sich als haftungsträchtig erweisen kann, zeigt eine Entscheidung des VI. Zivilsenats.

Die Klägerin nahm den Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Höhe von knapp 30.000 Euro in Anspruch. Das LG sprach ihr nur 1.750 Euro zu und wies die Klage im Übrigen ab. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin war an das LG adressiert und ging erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim OLG ein. In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung legte der Anwalt des Klägers dar, er habe bei der Unterzeichnung des Schriftsatzes handschriftlich vermerkt, dass dieser an das OLG versandt und hierzu die erste Seite ausgetauscht werden müsse. Seine Mitarbeiterin habe die erste Seite nochmals ausgedruckt, die Adresse aber nicht geändert. Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH weist die Rechtsbeschwerde der Klägerin zurück. Mit dem OLG geht er davon aus, dass der Anwalt der Klägerin darauf vertrauen durfte, dass eine zuverlässige Kanzleikraft die handschriftliche Weisung ausführen werde, und dass er deshalb nicht gehalten war, den Schriftsatz nach der Korrektur nochmals zu überprüfen. Dennoch hat das OLG Wiedereinsetzung zu Recht versagt, weil der Anwalt nicht dargelegt hatte, dass und weshalb er die eingesetzte Mitarbeiterin als zuverlässig ansehen durfte.

Praxistipp: Um der Darlegungslast zu genügen, sind detaillierte Ausführungen zur Ausbildung und zur bisherigen Tätigkeit der eingesetzten Kanzleikraft erforderlich; vgl. dazu etwa BGH, B. v. 14.10.2014 – XI ZB 13/13.

Nachweis fristgerechten Eingangs
Beschluss vom 26. April 2017 – XII ZB 33/17

Mit den Anforderungen an die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der Beklagte war vom AG zur Zahlung von 787,50 Euro verurteilt worden. Das LG hatte die Frist zur Begründung der Berufung bis Freitag, 4. November 2016 verlängert. Die eingereichte Berufungsbegründung war auf diesen Tag datiert, trug aber den Eingangsstempel vom darauf folgenden Montag. Der Anwalt des Beklagten legte dar, seine langjährige und stets außerordentlich zuverlässige Kanzleiangestellte habe den Schriftsatz am Tag des Fristablaufs gegen 12:30 Uhr in den Nachtbriefkasten eingelegt. Zur Glaubhaftmachung legte er eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin vor. Das LG verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Eine eidesstattliche Versicherung ist zwar nur in Ausnahmefällen geeignet, die rechtzeitige Einreichung eines Schriftsatzes zu beweisen, weil sie grundsätzlich nur der Glaubhaftmachung dient, die Beweiskraft des Eingangsstempels gemäß § 418 Abs. 2 ZPO aber nur durch einen Vollbeweis entkräftet werden kann. Wenn das LG die eidesstattliche Versicherung nicht als ausreichend ansah, musste es dem Anwalt aber durch einen entsprechenden Hinweis  Gelegenheit geben, ergänzend Zeugenbeweis anzutreten.

Praxistipp: Wenn eidesstattliche oder anwaltliche Versicherungen vorgelegt werden, sollte zur Sicherheit stets auch die Vernehmung der betreffenden Personen als Zeugen angeboten werden.

Neuregelung zum Schonvermögen im Rahmen der Prozesskosten-bzw. Verfahrenskostenhilfe

Vermögende Personen erhalten – unabhängig von ihren Einkommensverhältnissen – keine PKH. Vielmehr müssen sie ihren Prozess selbst finanzieren. Die ZPO hat für das einzusetzende Vermögen, welches grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen darstellt, keine ausführliche Regelung getroffen. Es wird vielmehr in § 115 Abs. 3 ZPO (bei der Verfahrenskostenhilfe in Verbindung mit § 76 Abs. 1 FamFG) auf § 90 SGB XII verwiesen. Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII bleiben bei dem einzusetzenden Vermögen kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte unberücksichtigt. Darunter sind selbstverständlich auch Bankguthaben zu verstehen. In der bisherigen Fassung der VO zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII war ein Betrag in Höhe von 2.600 Euro für die PKH-Partei und zusätzlich 614 Euro für den Ehegatten bzw. Lebenspartner sowie jeweils 256 Euro für jede weitere Person, die überwiegend unterhalten wird, regelmäßig die Kinder, maßgeblich.

Die erwähnte Verordnung ist nunmehr geändert worden. Der Gesetzgeber ist nun deutlich großzügiger! Mit Wirkung zum 1. 4.2017 bestimmt die nunmehrige Fassung der Verordnung (BGBl. I 2017 S. 519), dass ein Betrag in Höhe von 5.000 Euro für die PKH-Partei maßgeblich ist. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 500 Euro für jede Person, die überwiegend unterhalten wird. Bei einer „normalen“ Familie mit zwei Elternteilen und zwei Kindern ermittelt sich auf diese Weise ein Betrag in Höhe von 6.500 Euro, der unberücksichtigt bleibt. Mit anderen Worten: 6.500 Euro dürfen bei einer solchen „normalen“ Familie als Notreserve auf einem Sparkonto (oder wo auch immer) liegen und bleiben als Vermögen bei der Prozesskostenhilfe unberücksichtigt. Natürlich müssen die Angaben in dem amtlichen Vordruck vollständig sein, es ist alles anzugeben! Was dann unberücksichtigt bleibt, entscheidet das Gericht an Hand der gesetzlichen Vorgaben.

Erfahrungsgemäß wird es einige Zeit dauern, bis sich diese Neureglung überall herumgesprochen hat. Allerdings ist sie seit dem 1.4.2017 zu berücksichtigen! Der neue Schonvermögensbetrag ist über § 1 Abs. 2 BerHG natürlich auch bei der Beratungshilfe zu berücksichtigen.

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Unrichtige Rechtsmittelbelehrung in Wohnungseigentumssache
Beschluss vom 9. März 2017  – V ZB 18/16

Mit einer potentiell haftungsträchtigen Frage befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Kläger hatten die Beklagten vor dem AG auf Rückschnitt einer Thujahecke in Anspruch genommen. Der zunächst mit der Sache befasste, für allgemeine Zivilsachen zuständige Richter gab das Verfahren an die für Wohnungseigentumssachen zuständige Kollegin ab. Diese verurteilte die Beklagten antragsgemäß. In der Rechtsmittelbelehrung wurde als zuständiges Berufungsgericht das LG bezeichnet, zu dessen Bezirk das AG gehört. Der Rechtsanwalt der Beklagten legte bei diesem Gericht fristgerecht Berufung ein. Das angerufene Gericht wies auf seine Unzuständigkeit hin. Die daraufhin – nach Ablauf der Berufungsfrist – eingelegte Berufung bei dem für Wohnungseigentumssachen zuständigen LG am Sitz des OLG wurde wegen nicht rechtzeitiger Einlegung als unzulässig verworfen.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Abweichend von der Vorinstanz hält er den gestellten Wiedereinsetzungsantrag für begründet, weil der Irrtum über das zuständige Berufungsgericht als unverschuldet anzusehen ist. Der Anwalt der Beklagten hätte zwar bei einer rechtlichen Überprüfung feststellen können, dass für Berufungen in Wohnungseigentumssachen gemäß § 72 Abs. 2 S. 1 GVG eine Sonderregelung gilt und dass das betroffene Land von der gesetzlichen Ermächtigung, durch Rechtsverordnung eine andere Regelung zu treffen, keinen Gebrauch gemacht hat. Er durfte aber darauf vertrauen, dass die vom AG erteilte Rechtsmittelbelehrung zutreffend ist, und hatte deshalb keinen Anlass, eine eigene Überprüfung vorzunehmen.

Praxistipp: In Fällen, in denen eine Sonderzuständigkeit nach § 72 Abs. 2 S. 1 GVG in Betracht kommt, sollte die Berufung grundsätzlich auch dann bei dem in der Rechtsmittelbelehrung benannten Gericht eingelegt werden, wenn der Berufungskläger ein anderes Gericht für zuständig hält. Fehlt es an einer Rechtsmittelbelehrung, so sollte das Rechtsmittel in Zweifelsfällen bei beiden in Frage kommenden Gerichten innerhalb der Frist eingereicht werden.

Besitzverhältnisse bei Probefahrt
Urteil vom 17. März 2017  – V ZR 70/16

Dass vermeintlich einfache alltägliche Situationen immer wieder schwierige Rechtsfragen aufwerfen können, belegt eine andere Entscheidung des V. Zivilsenats.

Die Kläger hatte einen ihr gehörenden Audi A6 einem Herrn P. zur Nutzung überlassen. Dieser hatte den Beklagten, der eine Kfz-Werkstatt betreibt, mit dem Einbau eines Austauschmotors beauftragt. Nach Abschluss der Arbeiten unternahm Herr P. zusammen mit dem Sohn des Beklagten eine Probefahrt. Nach deren Abschluss kam es zum Streit über angeblich noch ausstehende Zahlungen. Die Begegnung endete damit, dass der Sohn des Beklagten in das Fahrzeug einstieg und davonfuhr. In der Folgezeit baute der Beklagte den Austauschmotor wieder aus. Das LG verurteilte den Beklagten antragsgemäß auf Herausgabe des Fahrzeugs und des Austauschmotors. Das OLG wies die Klage hinsichtlich des Austauschmotors ab, weil dieser im Eigentum des Beklagten verblieben sei und ein Anspruch aus § 861 ZPO mangels verbotener Eigenmacht nicht bestehe.

Der BGH weist die Revision des Klägers zurück. Mit dem OLG gelangt er zu dem Ergebnis, dass der Sohn des Beklagten keine verbotene Eigenmacht begangen hat, weil Herr P. durch die Überlassung des Fahrzeugs zur Probefahrt nicht dessen unmittelbarer Besitzer geworden war. Abweichend vom Berufungsgericht sieht der BGH einen Auftraggeber, der ein Fahrzeug nach einer Reparatur zur Probefahrt erhält, allerdings nicht als Besitzdiener des Werkunternehmers an. Er verneint einen Besitzerwerb durch Herrn P. aber deshalb, weil der Besitz des Werkunternehmers durch eine Probefahrt, die in seinem Beisein stattfindet, nur gelockert wird. In gleichem Sinne hatte bereits das Reichsgericht im Jahre 1908 entschieden.

Praxistipp: Die Entscheidung befasst sich nur mit den Besitzverhältnissen bei einem Werkvertrag. Die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob ein Kaufinteressent, der eine Probefahrt durchführt, als Besitzdiener des potentiellen Verkäufers anzusehen ist, hat der BGH ausdrücklich offengelassen

Distanzierender Zusatz in Berufungsbegründung
Beschluss vom 14. März 2017  – VII ZB 34/16

Mit den Voraussetzungen für die Einhaltung des Anwaltszwangs befasst sich der VII. Zivilsenat.

Der Kläger nahm die Beklagten wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab. Am letzten Tag der Begründungsfrist reichte der Rechtsanwalt des Klägers eine Berufungsbegründung ein, in der einleitend mitgeteilt wurde, der Kläger habe keinen Anwalt gefunden, der zur Einreichung einer Berufungsbegründung bereit sei, und habe deshalb ausdrücklich Weisung erteilt, den vorliegenden Schriftsatz einzureichen. Der Text der Begründung war in Anführungszeichen und in anderer Schriftart gesetzt als der Rest des Schriftsatzes. Er wurde eingerahmt durch die Worte: „Der Kläger lässt vortragen:“ und den abschließenden Hinweis, der in der Begründung geäußerte Verdacht einer Straftat beruhe auf einer Schlussfolgerung aus Indizientatsachen. Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig, weil der Rechtsanwalt für den Schriftsatz nicht die volle Verantwortung übernommen habe.

Der BGH weist die Rechtsbeschwerde des Klägers zurück. Mit seinen distanzierenden Zusätzen und der optischen Kennzeichnung der vom Kläger stammenden Passagen hat der Anwalt zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass er für den Inhalt des Schriftsatzes nicht die Verantwortung übernimmt.

Praxistipp: Wenn weder die Ablehnung des Mandats noch eine Einreichung ohne distanzierende Zusätze in Betracht kommt, sollte der Mandant zur Vermeidung von Haftungsrisiken zumindest in unmissverständlicher und nachweisbarer Weise darauf hingewiesen werden, dass das Rechtsmittel aufgrund der distanzierenden Zusätze aller Voraussicht nach schon aus formellen Gründen erfolglos bleiben wird.