Montagsblog: Neues vom BGH

Um zwei äußerst unterschiedliche, aber wohl gleichermaßen praxisrelevante Fragen geht es in dieser Woche.

Rechtskraftwirkung zwischen Gesamtschuldnern
Urteil vom 20. November 2018 – VI ZR 394/17

Mit den subjektiven Grenzen der Rechtskraft befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der damals 13 Jahre alte Beklagte befand sich im Jahr 2006 wegen Verhaltensauffälligkeiten in stationärer Behandlung in einer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Während eines Ferienaufenthalts seiner Therapiegruppe vergewaltigte er einen ebenfalls minderjährigen Mitpatienten. In einem ersten Rechtsstreit wurden der Beklagte und die Betreiberin der Klinik antragsgemäß als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 4.000 Euro an den Geschädigten verurteilt. Der Haftpflichtversicherer der Klinikbetreiberin zahlte das Schmerzensgeld und nahm den Beklagten im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf vollständigen Regress in Anspruch. Das AG wies die Klage ab, das LG verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz entfaltet das Urteil aus dem ersten Rechtsstreit im Verhältnis zwischen den damaligen Beklagten keine Rechtskraftwirkung. Wenn ein Kläger mehrere Personen gemeinsam verklagt und diese – wie insbesondere im Falle der Inanspruchnahme als Gesamtschuldner – nur einfache Streitgenossen sind, kann Rechtskraftwirkung nur innerhalb der einzelnen Prozessverhältnisse entstehen, also nur zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Beklagten, nicht aber im Verhältnis der beiden Beklagten untereinander. Das LG muss nach Zurückverweisung deshalb klären, ob der Beklagte entsprechend seinem nunmehrigen Vorbringen im Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war.

Praxistipp: Jeder Gesamtschuldner kann eine weitergehende Bindungswirkung herbeiführen, indem er im ersten Rechtsstreit den jeweils anderen Gesamtschuldnern den Streit verkündet.

Keine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung bei gewerblich genutzten Fahrzeugen
Urteil vom 6. Dezember 2018 – VII ZR 285/17

Eine seit langem diskutierte Frage entscheidet der VII. Zivilsenat.

Der Kläger, der ein Beton- und Natursteinwerk betreibt, hatte einen betrieblich genutzten Lkw in der Werkstatt des Beklagten reparieren lassen. Wegen mangelhafter Durchführung der Reparatur entstand ein Motorschaden, der einen weiteren Werkstattaufenthalt erforderlich machte. Der Kläger konnte das Fahrzeug über einen Zeitraum von vierzehn Monaten (!) hinweg nicht nutzen. Ungefähr für die Hälfte der Zeit stand ihm ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung. Die auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von rund 10.000 Euro für die gesamten vierzehn Monate gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers, mit der er seinen Anspruch nur noch für die sieben Monate ohne Ersatzfahrzeug weiterverfolgte, hat ebenfalls keinen Erfolg. Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs kann zwar einen Schaden darstellen, wenn der Ausfall mit einer fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung einhergeht. Dem Geschädigten steht aber nur dann ein Ersatzanspruch in Geld zu, wenn er ein Ersatzfahrzeug anmietet, wenn er den Verlust durch Rückgriff auf ein Reservefahrzeug auffängt oder wenn der Verlust zu einer sonstigen Vermögensminderung geführt hat. Anders als bei privat genutzten Fahrzeugen darf der Schaden hingegen nicht abstrakt anhand einer pauschalierten Nutzungsausfallentschädigung berechnet werden.

Praxistipp: Wenn weder ein Ersatzfahrzeug angemietet noch ein Reservefahrzeug eingesetzt wird, ist es empfehlenswert, alle aufgrund des Ausfalls entstandenen Mehraufwendungen, etwa für die Beauftragung Dritter oder für den Einsatz anderer Geräte oder Arbeitskräfte, zeitnah zu dokumentieren.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um die rechtliche Einordnung eines durchaus verbreiteten Vertragstyps geht es im ersten Blog des Jahres 2019.

Vertrag über Anbringung von Werbung auf einem Kraftfahrzeug
Urteil vom 7. November 2018 – XII ZR 109/17

Mit der Abgrenzung zwischen Werk- und Mietvertrag befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Klägerin überlässt sozialen Institutionen unentgeltlich Kraftfahrzeuge zur Nutzung. Die Fahrzeuge sind mit Werbeflächen versehen, die die Klägerin interessierten Dritten gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Der Beklagte hatte sich vertraglich verpflichtet, für die Überlassung einer solchen Werbefläche für fünf Jahre insgesamt 1.760 Euro netto zu zahlen. Die auf Zahlung dieser Vergütung gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Abweichend von den Vorinstanzen sieht er den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht als Werkvertrag an, sondern als Mietvertrag. Die wesentliche Verpflichtung der Klägerin erschöpft sich darin, dem Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen, durch die Nutzung der Werbefläche im laufenden Geschäftsbetrieb der sozialen Institution für sich zu werben. Ein besonderer Erfolg, der zur Einordnung als Werkvertrag führen könnte, ist demgegenüber nicht vorgesehen.

Praxistipp: Verlängerungsklauseln in solchen Verträgen sind aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung in der Vergangenheit schon häufiger als unwirksam angesehen worden, vgl. etwa BGH, Urt. v. 28.3.2018 – XII ZR 18/17.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um eine immer wieder diskutierte prozessuale Frage geht es im Silvester-Blog.

Bezugnahme auf Anlagen zur Substantiierung des Klageanspruchs
Beschluss vom 2. Oktober 2018 – VI ZR 213/17

Mit der richterlichen Pflicht zur Berücksichtigung von vorgelegten Anlagen befasst sich der VI. Zivilsenat.

Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1999 schwerst verletzt und bezieht von der beklagten Haftpflichtversicherung eine monatliche Rente von 900 Euro wegen vermehrter Bedürfnisse. Im Rechtsstreit begehrt sie unter anderem eine zusätzliche Rente von rund 500 Euro pro Monat wegen des Haushaltsführungsschadens. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück, weil dieses eine von der Klägerin vorgelegte Aufstellung ihres Tagesablaufs vor dem Unfall unberücksichtigt gelassen hat. Ein Gericht muss zwar nicht von sich aus umfangreiche Aktenkonvolute durcharbeiten, um den geltend gemachten Anspruch zu konkretisieren. Es muss aber Anlagen zur Kenntnis nehmen, die aus sich heraus verständlich sind und auf die die Partei zur Konkretisierung ihres Vorbringens ausdrücklich Bezug genommen hat. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt.

Praxistipp: Damit über die Frage, ob eine Anlage aus sich heraus verständlich ist, möglichst kein Streit entsteht, empfiehlt es sich, den Inhalt jeder Anlage im Rahmen der Bezugnahme kurz zu erläutern.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um eine prozessuale und eine materiell-rechtliche Frage geht es im Weihnachts-Blog.

Berufungsbegründung bei zwei selbständig tragenden Erwägungen
Beschluss vom 29. November 2018 – III ZB 19/18

Mit den formellen Anforderungen an eine Berufungsbegründung befasst sich der III. Zivilsenat.

Die klagende Krankenkasse nahm die Beklagte, die ein Pflegeheim betreibt, aus übergegangenem Recht eines gesetzlich versicherten Heimbewohners auf Ersatz der Kosten für einen Krankenhausaufenthalt in Anspruch. Das LG wies die Klage ab, weil es nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass die beim Patienten festgestellten Druckgeschwüre durch pflegerische Versäumnisse verursacht wurden und dass die Druckgeschwüre für die Einweisung in das Krankenhaus mitursächlich waren. Das OLG verwarf die Berufung der Klägerin als unzulässig, weil sich die Berufungsbegründung nahezu ausschließlich mit dem ersten Aspekt befasse und hinsichtlich des zweiten Aspekts lediglich eine pauschale Rüge enthalte.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er stellt klar, dass sich auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts auf den verfassungsrechtlich garantierten und aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz berufen kann. Diesen Anspruch hat das OLG verletzt, weil es zu strenge Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung gestellt hat. Die Klägerin hatte geltend gemacht, die vom LG angeführten Gründe – eine größere Anzahl von Vorerkrankungen und eine auf „akute Bronchitis“ lautende Diagnose im Vorfeld der Einweisung – reichten nicht aus, um Zweifel an der Mitursächlichkeit der Druckgeschwüre zu begründen. Diese Rügen lassen einen hinreichenden Bezug zum Streitfall und zur angefochtenen Entscheidung erkennen und genügen deshalb den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

Praxistipp: Bei der Anfertigung einer Berufungsbegründung ist stets sorgfältig darauf zu achten, dass alle Hilfs- und Nebenbegründungen, die geeignet sind, das erstinstanzliche Urteil selbständig zu tragen, in der nach § 520 Abs. 3 ZPO erforderlichen Weise angegriffen werden.

Instandhaltung einer Telefonleitung in einer Mietwohnung
Urteil vom 5. Dezember 2018 – VIII ZR 17/18

Mit der Pflicht des Vermieters zur Instandhaltung der Mietsache befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Die Klägerin wohnt seit 2011 in einer Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus. Im Jahr 2015 trat eine Störung am Telefonanschluss auf. Ursache war ein Defekt an einer Leitung, die vom Telefonanschluss im Untergeschoss des Gebäudes durch einen Kriechkeller bis zur Wohnung der Klägerin verläuft. Die beklagte Vermieterin kam dem Verlangen der Klägerin, die Leitung instand setzen zu lassen, nicht nach. Das AG verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Instandsetzung der Leitung. Das LG verurteilte die Beklagte lediglich zur Duldung der Instandsetzung und wies die weitergehende Klage ab.

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der BGH lässt offen, ob ein funktionierender Telefonanschluss in einer Mietwohnung zu dem nach der Verkehrsanschauung geschuldeten Mindeststandard gehört. Jedenfalls dann, wenn eine sichtbare Telefonanschlussdose in der Wohnung vorhanden ist, darf der Mieter mangels abweichender Vereinbarung erwarten, dass er diese ohne zusätzliche Verkabelungsarbeiten nutzen kann. Aus dieser Überlassungspflicht ergibt sich mangels abweichender Vereinbarung zugleich eine Erhaltungspflicht des Vermieters. Dieser muss erforderlichenfalls auch für die Reparatur von Anlagenteilen sorgen, die außerhalb der Wohnung liegen.

Praxistipp: Bei der Geltendmachung entsprechender Ansprüche ist zu prüfen, ob der Mietvertrag abweichende Regelungen enthält und ob dieser einer AGB-Kontrolle standhalten.

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Um formale Mindestanforderungen eines Kostenfestsetzungsantrags geht es in dieser Woche.

Bestimmtheit eines Kostenfestsetzungsantrags
Beschluss vom 13. September 2018 – I ZR 16/18

Mit den grundlegenden formellen Erfordernissen eines Kostenfestsetzungsantrags hatte sich der I. Zivilsenat zu befassen.

In einem Zwangsvollstreckungsverfahren beantragte der Anwalt der Gläubigerin die Festsetzung von Anwalts-, Gerichtsvollzieher- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt rund 280 Euro. Der Antrag enthielt eine Auflistung der Einzelbeträge unter Bezugnahme auf beigefügte Belege, zu denen unter anderem die erteilten Vollstreckungsaufträge gehörten. Das AG lehnte die Festsetzung ab. Die Beschwerde der Gläubigerin blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hat ebenfalls keinen Erfolg. Der BGH tritt den Vorinstanzen darin bei, dass in einem Kostenfestsetzungsantrag sowohl der zu Grunde liegende Vollstreckungstitel als auch Grund und Höhe der geltend gemachten Kostenpositionen anzugeben sind. Wenn Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden, muss der Antrag die nach § 10 Abs. 2 RVG vorgeschriebenen Angaben enthalten, also eine Auflistung der einzelnen Gebühren und Auslagen sowie ggf. erhaltener Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, eine Bezeichnung der Auslagen, die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und ggf. den zugrunde gelegten Gegenstandswert. Im Streitfall hatte der Antragsteller weder den Vollstreckungstitel noch die Grundlagen für die geltend gemachten Anwaltskosten angegeben. Eine Bezugnahme auf beigefügte Vollstreckungsaufträge reicht nicht aus.

Praxistipp: Da § 10 Abs. 2 RVG sowohl für die Rechnung an den Mandanten als auch für den Kostenfestsetzungsantrag maßgeblich ist, können die Angaben aus dem einen Dokument in das andere kopiert werden – sofern das Ausgangsdokument den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

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Um eine Frage, die sich durchaus häufig stellen kann, geht es in dieser Woche

Keine steuerliche Beratungspflicht des Grundstücksmaklers
Urteil vom 12. Juli 2018 – I ZR 152/17

Mit den Beratungspflichten eines Grundstücksmaklers befasst sich der I. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte Anfang 2004 für 170.000 Euro ein Grundstück mit acht vermieteten Wohnungen erworben. Im Juli 2013 verkaufte sie es auf Vermittlung des Beklagten, dem sie einen Makleralleinauftrag erteilt hatte, für 295.000 Euro. Weil zwischen Erwerb und Veräußerung weniger als zehn Jahre lagen, fielen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt rund 48.000 Euro an. Die Klägerin warf dem Beklagten vor, sie nicht auf die steuerrechtliche Spekulationsfrist hingewiesen zu haben. Ihre auf Ersatz der angefallenen Steuern gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg. Einen Makler können zwar Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen. Zur Prüfung und Beratung im Hinblick auf steuerliche Fragen ist er aber nur verpflichtet, wenn er sich als Fachmann in solchen Fragen geriert, wenn aufgrund besonderer Umstände ein Beratungsbedarf des Auftraggebers erkennbar ist oder wenn er den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen oder einem unvorteilhaften oder überstürzten Vertragsabschluss verleitet. Im Streitfall hatte der Beklagte zwar mit allgemein gehaltenen Anpreisungen für sich geworben, aber keine besondere steuerliche Sachkunde in Anspruch genommen. Mangels besonderer Anhaltspunkte war er nicht verpflichtet, anhand des Grundbuchs oder durch Nachfrage bei der Klägerin in Erfahrung zu bringen, wann diese das Anwesen erworben hat und ob die sonstigen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgelegen haben. Der von ihm erteilte Hinweis, Interessenten könnten bei längerem Zuwarten abspringen, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, er habe die Klägerin zu einem riskanten oder überstürzten Vertragsschluss verleitet.

Praxistipp: Um Umstände, aus denen sich eine Beratungspflicht ergeben kann, mit Aussicht auf Erfolg darlegen zu können, empfiehlt es sich, Werbeunterlagen und Angebotsschreiben des Maklers möglichst umfassend zusammenzutragen und zu sichten.

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Um die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage geht es in dieser Woche

Berühmung durch Erwiderung auf ursprünglich unzulässige negative Feststellungsklage
Urteil vom 2. Oktober 2018 – X ZR 62/16

Mit einem eher ungewöhnlichen Prozessverlauf befasst sich der X. Zivilsenat.

Während eines von der Beklagten eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens zur Aufklärung einer mutmaßlichen Patentverletzung erhob die Klägerin Hauptsacheklage mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche wegen Verletzung des Schutzrechts zustehen. Nach dem Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens, dessen Ergebnisse der Beklagten eher ungünstig waren, sprach das LG die begehrte Feststellung aus. Das OLG wies die Klage hingegen als unzulässig ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er tritt der Vorinstanz zwar darin bei, dass die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in der Regel kein rechtliches Interesse des Gegners an einer negativen Feststellungsklage begründet. Abweichend von der Auffassung des OLG sieht er aber eine ein Feststellungsinteresse begründende Berühmung darin, dass die Beklagte sich nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens gegenüber der negativen Feststellungsklage hilfsweise mit dem Argument verteidigt hat, ihr stünden ungeachtet der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Ansprüche wegen Patentverletzung mit gleichwertigen Mitteln zu. Die Beklagte hat damit einen Zustand der Rechtsunsicherheit geschaffen, an dessen Klärung die Klägerin ein berechtigtes Interesse hat.

Praxistipp: Geht es dem Gegner eines für den Antragsteller ungünstig verlaufenen selbständigen Beweisverfahrens nur um Ersatz der angefallenen Kosten, ist das Verfahren nach § 494a ZPO (Frist zur Klageerhebung) in der Regel ausreichend.

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Eine in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage zur Kostenfestsetzung beantwortet der IV. Zivilsenat.

Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen
Beschluss vom 7. November 2018 – IV ZB 13/18

Der IV. Zivilsenat billigt dem Gegner einer erfolglosen Beschwerde im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Erstattung der entstandenen Anwaltskosten zu.

In einer erbrechtlichen Auseinandersetzung hatte das LG die Einholung eines Gutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht angeordnet. Die Kläger lehnten den gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das LG wies das Gesuch zurück. Die Beschwerde der Kläger blieb erfolglos. Die anwaltlich vertretenen Beklagten, die im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben hatten, beantragten die Festsetzung ihrer in der Beschwerdeinstanz entstandenen Anwaltskosten. Das LG setzte die Kosten antragsgemäß fest. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Kläger hatte keinen Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde der Kläger bleibt ebenfalls erfolglos. Der BGH nimmt Bezug auf eine frühere Entscheidung, wonnach die in einem Beschwerdeverfahren wegen der Ablehnung eines Richters entstehenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 91 ZPO erstattungsfähig sind, und kommt zu dem Ergebnis, dass für die Ablehnung eines Sachverständigen dasselbe gilt. Der in Literatur und Instanzrechtsprechung zum Teil vertretenen Auffassung, ein solches Verfahren habe keinen kontradiktorischen Charakter, erteilt der BGH eine Absage. Zwar besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Bestellung eines bestimmten Sachverständigen. Dennoch berührt die Entscheidung über die Person des Sachverständigen beide am Rechtsstreit beteiligten Parteien. Im Beschwerdeverfahren entstandene Anwaltskosten gehören deshalb zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO. Ob der Anwalt im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme gegenüber dem Gericht abgegeben hat, ist unerheblich. Es genügt, dass er mit der Tätigkeit im Beschwerdeverfahren beauftragt wurde. Von letzterem ist grundsätzlich auszugehen, wenn sich der Anwalt bereits als Prozessbevollmächtigter in der Hauptsache bestellt hat.

Praxistipp: Die Kosten einer erfolgreichen Beschwerde bilden einen Teil der Kosten der Hauptsache und sind von der Partei zu tragen, die im Rechtsstreit unterliegt.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um ein immer wiederkehrendes und äußerst haftungsträchtiges Thema geht es in dieser Woche.

Zeitreserve bei Faxversand in letzter Minute
Beschluss vom 23. Oktober 2018 – III ZB 54/18

Mit den Anforderungen an den Versand von mehreren Schriftsätzen unmittelbar vor Fristablauf befasst sich der III. Zivilsenat.

Der Kläger begehrte von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Fondsbeteiligung. Das LG wies die Klage ab. Der Kläger legte fristgerecht Berufung ein. Die per Telefax übermittelte Berufungsbegründung ging wenige Minuten nach Ablauf der Frist beim OLG ein. In seinem Wiedereinsetzungsgesuch machte der Kläger geltend, sein Anwalt habe um 23:26 Uhr mit der Übertragung von drei jeweils vierzehn Seiten umfassenden Berufungsbegründungen begonnen. Der Faxanschluss des OLG sei aber bis 23:55 Uhr belegt gewesen. Deshalb hätten nur noch die Schriftsätze in den beiden Parallelsachen rechtzeitig übermittelt werden können, nicht aber der Schriftsatz des Klägers. Das OLG wies das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf die Berufung als unzulässig.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg. Der Anwalt des Klägers musste damit rechnen, dass der Telefaxanschluss des Gerichts kurz vor Mitternacht aufgrund von Sendeversuchen anderer Absender belegt sein könnte, und musste deshalb eine zusätzliche Zeitreserve einplanen. Diese beträgt bei einem einzelnen Schriftsatz in der Regel 20 Minuten. Sollen mehrere Schriftsätze übertragen werden, muss die Reserve angemessen erhöht werden, weil die Gefahr besteht, dass die Leitung nach jedem einzelnen Übermittlungsvorgang erneut durch Dritte belegt ist. Im Streitfall stand für die drei Schriftsätze insgesamt eine Zeitreserve von weniger als 30 Minuten zur Verfügung. Dies war nicht ausreichend.

Praxistipp: Bei Last-Minute-Einreichungen dürfte der Versand über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) mit deutlich geringeren Risiken verbunden sein als der Versand über das vermeintlich bewährte Telefax.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um eine allgemeine Frage, die bislang nicht höchstrichterlich entschieden war, geht es in dieser Woche.

Bindung des Rechtsnachfolgers an einen nach Rechtsübergang geschlossenen Vergleich
Urteil vom 14. September 2018 – V ZR 267/17

Mit den Wirkungen eines vom früheren Rechtsinhaber geschlossenen Prozessvergleichs befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Beklagte hatte in einem Vorprozess seinen Nachbarn wegen der Blendwirkung einer Photovoltaikanlage in Anspruch genommen. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, in dem sich der Nachbar verpflichtete, bestimmte Teile der Anlage zu entfernen. Nachdem der Beklagte die Vollstreckung eingeleitet hatte, erhob die Ehefrau des Nachbarn Vollstreckungsgegenklage. Sie legte (erstmals) offen, dass ihr Ehemann das Eigentum an dem betroffenen Grundstück schon während des Vorprozesses im Wege der Schenkung auf sie übertragen hatte, und machte geltend, sie sei an den von ihrem Ehemann nach der Übereignung geschlossenen Vergleich nicht gebunden. Die Vollstreckungsgegenklage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Er verweist auf frühere Rechtsprechung, wonach eine Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit in entsprechender Anwendung von § 265 ZPO auch dann keinen Einfluss auf den Rechtsstreit hat, wenn ein Grundstückseigentümer, der nach § 906 und § 1004 BGB wegen Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück in Anspruch genommen wird, das Eigentum nach Rechtshängigkeit auf einen Dritten überträgt. Aus § 265 ZPO ergibt sich nach Auffassung des Senats, dass der Rechtsnachfolger auch an einen vom früheren Rechtsinhaber geschlossenen Vergleich gebunden ist, soweit dieser eine Rechtsfolge vorsieht, die auch das Ergebnis eines Urteils in dem anhängigen Rechtsstreit sein könnte. Eine in der Literatur (auch vom Montagsblogger) vertretene Gegenauffassung, wonach § 265 ZPO keine materiell-rechtlichen Wirkungen entfalten kann, lehnt er ab, weil ein Prozessvergleich eine Einheit bilde und das Gesetz dem Veräußerer eine umfassende gesetzliche Prozessstandschaft einräume. Den in § 325 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Vorbehalt zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers hält der Senat nicht für einschlägig, weil dieser nur einen (doppelt gutgläubigen) Erwerb von einem Nichtberechtigten betreffe.

Praxistipp: Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollte sich der Erwerber eines Grundstücks vergewissern, dass keine das Anwesen betreffenden Rechtsstreitigkeiten anhängig sind. Im Falle einer unrichtigen Auskunft ist er allerdings auch dann nicht vor einem Rechtsverlust geschützt; immerhin stehen ihm aber Ersatzansprüche gegen den Veräußerer zu.