Transitunfall ohne Verschulden bei Pauschalreise ist Reisemangel

Der BGH bestätigte mit seinen Urteilen vom 6. 12. 2016 in den Verfahren X ZR 117/15 und X ZR 118/15 die bisher von der Rechtsprechung vertretene Meinung, dass ein Transferunfall bei einer Pauschalreise stets ein Reisemangel ist, auch wenn der Unfall unverschuldet ist. Durch den Transferunfall, der beiden Entscheidungen des BGH zugrunde lag, wurden die Reisenden des Busses durch einen Geisterfahrer schwer verletzt und konnten die gebuchten Reiseleistungen nicht in Anspruch nehmen. Daher verlangten die Reisenden den vollständigen Reisepreis als Minderung vom Veranstalter zurück.

Der Reiseveranstalter berief sich auf das allgemeine Lebensrisiko des Reisenden, da ein Geisterfahrer auch im Privatbereich des Reisenden oder als Individualreisender eine Gefahr darstelle. Hinsichtlich des oft in der Rechtsprechung des Reiserechts verwendeten schwammigen Begriffs des allgemeinen Lebensrisikos ist anzumerken, dass er Folge des weiten Mangelbegriffs ist. Besser wäre es, man spräche vom fehlenden Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden des Reisenden und einer Pflichtwidrigkeit des Veranstalters. Insoweit fehlt es dann an der Kausalität zwischen der Beeinträchtigung der Reise und einer Pflichtwidrigkeit des Reiseveranstalters (Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 7 Rn. 113 ff.). Der Reisende trägt nur für seine privaten allgemeinen Lebensrisiken die Verletzungsgefahr, die Risiken nicht reisespezifisch sind und nichts mit den gebuchten Leistungen zu tun haben. So liegt es im allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden, wenn er beim Spazierengehen von einem Auto angefahren wird, da ein solcher Unfall auch im privaten Alltag des Reisenden zu Hause auftreten kann.

Ein Transitunfall mit dem Bus ist dagegen dem Risiko und Leistungsbereich des Veranstalters zuzurechnen. Zurecht bejahte der BGH daher die Kausalität zwischen den schweren Verletzungen und der Transitleistung. Der Veranstalter trägt das Risiko des vom Reisenden gebuchten und bezahlten Transfers und muss die Fahrt mit dem Bus gefahrlos durchführen. Auch wenn der Bus auf seiner Spur von einem Geisterfahrer gerammt wurde, trägt der Veranstalter das Verletzungsrisiko seiner Reiseleistung. Ein Reisemangel ist damit auch dann anzunehmen, wenn den Busfahrer als Gehilfe des Veranstalters kein Verschulden am Unfall trifft. Daher hat der BGH völlig zu Recht den Veranstalter zur Rückzahlung des gesamten Reisepreises verurteilt, da durch den Reisemangel der Nutzen der Erholungsreise nicht eingetreten ist (§ 651c Abs. 1 BGB).

 

Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts in der Praxis

Seit dem 12.10.2016 ist das „Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes in Kraft getreten“ (BGBl. I 2016, S. 2222). Die Seite im Bundesgesetzblatt lässt sich gut merken, die Bezeichnung des Gesetzes hingegen nicht, deswegen wurde wahrscheinlich auch darauf verzichtet, dem Gesetz eine der üblichen Abkürzung beizugeben, was eigentlich erfreulich ist. Der Praktiker tut unabhängig davon gut daran, einmal die Änderung kurz durchzuschauen.

Interessant für den Zivilrechtspraktiker ist vor allem, dass nunmehr verbindlich dem Sachverständigen eine Frist zu setzen ist, bis zu deren Ablauf er das Gutachten vorzulegen hat. Es wird einige Zeit dauern, bis sich dies herumgesprochen haben wird. In geeigneten Fällen kann der Rechtsanwalt das Gericht – falls er es überhaupt für erforderlich hält – dann auf diese neue Vorschrift hinweisen, freilich am besten ohne Besserwisserei (vgl. hierzu auch die Karikatur am Ende der MDR 22/16, S. R 20!).

Die qualifizierten Sachverständigen sind fast alle überlastet. Die Parteien sind aber oftmals dazu bereit, dies hinzunehmen, wenn sie dafür ein ordentliches Gutachten erhalten, welches in der Sache weiterhilft. Wird dann eine zu kurze Frist gesetzt, muss der Sachverständige den Auftrag ablehnen oder um Verlängerung der Frist bitten. Dann muss allen Beteiligten rechtliches Gehör gewährt und sodann entschieden werden. Da Fristen unter zwei Wochen (eigentlich eher drei Wochen) für einen Rechtsanwalt überwiegend nicht darstellbar sind, führt allein dies schon wieder zu einer Verzögerung von ungefähr einem Monat. Andererseits könnten echte „schwarze Schafe“ vielleicht schon durch die Fristsetzung ausgeschaltet werden, wenn sie denn überhaupt darauf reagieren.

Welche Frist sollte nun in der Praxis gesetzt werden? Nach der bisherigen Erfahrung dürften sich in Standardfällen Fristen von nicht unter drei Monaten bis vier Monaten anbieten. In komplexen und komplizierten Fällen sind freilich auch viel längere Fristen denkbar. Auch die Sachverständigen lesen meistenteils nicht das Bundesgesetzblatt. Auch hier wird es daher dauern, bis sich diese Änderung herumgesprochen hat. Es könnte sich daher empfehlen, ein Musterschreiben zu entwerfen, um dem Sachverständigen die neue Regelung vorzustellen und ihm mitzuteilen, was nunmehr die Handlungsalternativen sind.

Ein solches Schreiben könnte z. B. wie folgt lauten: „Sehr geehrter … anbei erhalten Sie die Gerichtsakte mit der Bitte, das Gutachten zu erstatten. Gemäß § 411 Abs. 1 ZPO n. F. ist das Gericht dazu verpflichtet, Ihnen eine Frist zu Erstattung des Gutachtens zu setzen. Ich gehe davon aus, dass die von mir gesetzte Frist angemessen ist und Sie das Gutachten in dieser Zeit fertig stellen können, zumal Ihnen sonst ein Ordnungsgeld droht. Sollte dies nicht der Fall sein, teilen Sie mir dies bitte entsprechend mit, damit über die weitere Verfahrensweise sogleich, gegebenenfalls im Zusammenwirken mit den betroffenen Parteien, entschieden werden kann. Unter Umständen kommt auch eine Verlängerung der Frist in Betracht.“

Ob diese weitere Bürokratisierung des Verfahrens tatsächlich zu einer Beschleunigung desselben führen wird, erscheint jedoch fraglich.

Am pragmatischsten und sinnvollsten wäre allerdings wohl folgende Verfahrensweise: Der Richter ruft den Sachverständigen zuerst an, und fragt, welche Frist in diesem Fall wohl realistisch ist. Dann wird die entsprechende Frist gesetzt bzw. – falls es wirklich zu lange dauert – ein anderer Sachverständiger gesucht.

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Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO nach zweitinstanzlicher Klageerweiterung
Urteil vom 3. November 2016 – III ZR 84/15

Eine seit längerer Zeit umstrittene Frage beantwortet der III. Zivilsenat.

Der Kläger begehrte von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. In zweiter Instanz erweiterte der Kläger sein Begehren um einen weiteren Schadensersatzbetrag. Das Berufungsgericht wies die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit der Maßgabe zurück, dass auch die in zweiter Instanz erweiterte Klage abgewiesen werde.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Er stellt klar, dass das Berufungsgericht durch die in zweiter Instanz erfolgte Klageerweiterung nicht gehindert war, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Eine solche Entscheidung darf aber nur hinsichtlich des erstinstanzlichen Streitgegenstands ergehen. Die zweitinstanzliche Klageerweiterung des Berufungsklägers wird mit dem Zurückweisungsbeschluss entsprechend der (für eine Anschlussberufung geltenden) Regelung in § 524 Abs. 4 ZPO unwirksam. Soweit das Berufungsgericht über den erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten Teil des Anspruchs entschieden hat, unterliegt sein Beschluss folglich schon deshalb der Aufhebung.

Praxistipp: Mit der Entscheidung steht fest, dass die (auch im Streitfall vom Kläger verfolgte) Taktik, einen drohenden Zurückweisungsbeschluss durch Klageerweiterung abzuwenden, nicht erfolgversprechend ist.

Formunwirksamer Heil- und Kostenplan
Urteil vom 3. November 2016 – III ZR 286/15

Mit der Vergütungspflicht für medizinisch nicht notwendige Arztleistungen befasst sich ebenfalls der III. Zivilsenat.

Die klagende Zahnärztin hatte für die Beklagte einen Heil- und Kostenplan für Keramikverblendungen erstellt, der einen Eigenanteil von knapp 7.000 Euro auswies. Die Beklagte gab den Plan mit einem von ihrer Krankenversicherung erteilten Genehmigungsvermerk an die Klägerin zurück und ließ die Behandlung durchführen. Den ihr nach Abschluss in Rechnung gestellten Eigenanteil von knapp 4.000 Euro bezahlte sie trotz Mahnung nicht. Im Zahlungsprozess machte sie unter anderem geltend, der Heil- und Kostenplan sei unwirksam, weil er von keiner der Parteien unterschrieben sei. Das AG verurteilte die Beklagte antragsgemäß; das LG wies die Klage wegen des Formmangels ab.

Der BGH stellt die erstinstanzliche Entscheidung wieder her. Er sieht die Bestimmung in § 2 Abs. 3 Satz 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte, wonach medizinisch nicht notwendige Leistungen nur dann berechnet werden dürfen, wenn sie in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden, als gesetzliches Formerfordernis im Sinne von § 126 BGB an. Aus dem Zweck der Vorschrift leitet er ferner ab, dass bei Nichteinhaltung der Form nicht nur ein Vergütungsanspruch des Zahnarztes ausgeschlossen ist, sondern auch ein Anspruch auf Wertersatz wegen ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag. Dennoch sieht er das Klagebegehren als begründet an, weil die erstmals im Prozess erfolgte Berufung auf den Formmangel eine besonders schwere Treueverletzung darstellt.

Praxistipp: Um Auseinandersetzungen über die Anwendbarkeit von § 242 BGB zu vermeiden, liegt es wohl im Interesse beider Seiten, vor Beginn der Verhandlung besonders sorgfältig auf die Einhaltung der Schriftform zu achten.

Vermutung beratungsgerechten Verhaltens
Urteil vom 15. Juli 2016 – V ZR 168/15

Der V. Zivilsenat gleicht seine Rechtsprechung zur Vermutung der Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers in Kapitalanlagesachen an neuere Entscheidungen der anderen mit dieser Materie befassten Senate an.

Der Kläger hatte von der Beklagten eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage erworben. Den Kaufpreis finanzierte er in voller Höhe durch einen Bausparvertrag. Später verlangte er Rückabwicklung des Vertrags mit der Begründung, das mit dem Vertrieb betraute Vermittlungsunternehmen habe ihn unzutreffend über die zu erwartende monatliche Belastung informiert. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Mit diesem ist er der Auffassung, dass nicht völlig zweifelsfrei ist, ob der Kläger bei zutreffender Beratung vom Kauf Abstand genommen hätte. Eine zutreffende Beratung hätte dahin gehen müssen, dass dem Kläger nicht der in Aussicht gestellte monatliche Überschuss von 50 Euro, sondern eine monatliche Belastung von rund 225 Euro verbleibt. Diesen Betrag hätte der Kläger aufbringen können und der Erwerb konnte sich auch unter diesen Umständen als wirtschaftlich sinnvoll darstellen. Dennoch kommt der V. Zivilsenat abweichend vom OLG (und abweichend von seiner früheren Rechtsprechung) zu dem Ergebnis, dass die Ursächlichkeit des Beratungsfehlers für den Kaufentschluss nicht verneint werden kann. In Angleichung an die neuere Rechtsprechung der anderen mit Kapitalanlagefällen befassten Senate bejaht er eine Kausalitätsvermutung nunmehr auch für solche Fälle, in denen der Kunde bei ordnungsgemäßer Beratung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, weil es mehrere sinnvolle Entscheidungsmöglichkeiten gegeben hätte.

Praxistipp: Für andere Konstellationen, insbesondere für die Haftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern, hält der BGH bislang weiterhin an seiner früheren Rechtsprechung fest.

 

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Einwurf-Einschreiben als „eingeschriebener Brief“
Urteil vom 27. September 2016 – II ZR 299/15

Mit den Voraussetzungen einer gesetzlichen Formvorschrift befasst sich der II. Zivilsenat im Zusammenhang mit der Kaduzierung eines GmbH-Anteils.

Die Parteien stritten darum, ob der Gesellschaftsanteil der Beklagten an der klagenden GmbH wirksam kaduziert worden war. Die auf Feststellung der Unwirksamkeit gerichtete Widerklage hatte in erster Instanz Erfolg. Das Berufungsgericht hielt die Kaduzierung hingegen für formell und materiell wirksam und wies die Widerklage deshalb ab. In der Revisionsinstanz stritten die Parteien nur noch darum, ob eine Zahlungsaufforderung, die die Klägerin durch Einwurf-Einschreiben versandt hatte, der Vorgabe aus § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG genügt, wonach die Aufforderung „mittels eingeschriebenen Briefes“ zu erfolgen hat.

Der BGH weist die Revision zurück. Er beantwortet die (im Berufungsverfahren nicht thematisierte) Streitfrage dahin, dass ein Einwurf-Einschreiben den Anforderungen aus § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG genügt. Bei Inkrafttreten der Regelung im Jahr 1896 gab es zwar noch kein Einwurf-Einschreiben. Entscheidend ist aber der Sinn und Zweck der Regelung. Dieser besteht darin, den Zugang der Aufforderung zu gewährleisten und die Beweisführung zu erleichtern. Beide Ziele können durch ein Einwurf-Einschreiben im Wesentlichen in gleicher Weise erreicht werden wie durch ein Übergabe-Einschreiben. Die Wahrscheinlichkeit eines Zugangs ist beim Einwurf-Einschreiben sogar höher, weil nicht erforderlich ist, dass der Empfänger oder ein Familienangehöriger im Zeitpunkt der Zustellung anwesend sind oder das Schreiben später bei der Post abholen. Die abweichende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 4 Abs. 1 VwZG a.F. steht nicht entgegen, weil das Verwaltungszustellungsgesetz zwingend eine persönliche Übergabe voraussetzt, also eine andere Zielsetzung verfolgt.

Praxistipp: Auch in Fällen, in denen das Gesetz keine besondere Form vorsieht, ist ein Einwurf-Einschreiben häufig ein einfaches und zuverlässiges Mittel, um den Zugang einer Erklärung beweissicher zu dokumentieren.

Eintritt in ein Ankaufsrecht bei Erwerb eines Mietgrundstücks
Urteil vom 12. Oktober 2016 – XII ZR 9/15

Mit der Reichweite des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“ befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die beklagte Stadt hatte von der ursprünglichen Eigentümerin Räume zur Nutzung als Stadtarchiv angemietet. Im Mietvertrag ließ sie sich ein Ankaufsrecht für eine noch zu vermessende Teilfläche des betroffenen Grundstücks einräumen. Die Vermieterin verpflichtete sich, das Ankaufsrecht bei Veräußerung an den jeweiligen Rechtsnachfolger weiterzugeben. Später wurde das Grundstück zweimal veräußert. Der erste Erwerber übernahm die Verpflichtungen aus dem Ankaufsrecht, der zweite nicht. Die Klage der zweiten Erwerberin auf Feststellung, dass die Beklagte ihr gegenüber aus dem Ankaufsrecht nicht berechtigt ist, blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG sprach die begehrte Feststellung aus. Dagegen wendete sich die Beklagte mit der Revision.

Der BGH weist das Rechtsmittel zurück. Mit dem OLG ist er der Auffassung, dass die aus dem Ankaufsrecht resultierenden Verpflichtungen nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf die Klägerin übergegangen sind. Nach der etablierten Rechtsprechung des BGH erfasst § 566 Abs. 1 BGB nur solche Rechte und Pflichten, die als mietrechtlich zu qualifizieren sind oder die in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen. Ein Ankaufsrecht ist keine mietrechtliche, sondern eine kaufrechtliche Regelung. Es steht auch nicht in untrennbarem Zusammenhang mit dem Mietvertrag. Ankauf und Miete schließen sich vielmehr gegenseitig aus.

Praxistipp: Um Regressansprüche des Mieters zu vermeiden, sollte der Vermieter bei der Veräußerung des Mietgrundstücks darauf achten, dass eine Übernahme der Verpflichtung durch den Erwerber zweifelsfrei vereinbart wird.

OLG Düsseldorf: Bei PKW Kauf nach Online-Inserat, ist Inserat für vereinbarte Beschaffenheit relevant

Heutzutage ist der Kauf eines (gebrauchten) PKW nicht mehr nur beim Händler vor Ort die Regel. Vielmehr machen sich Kaufinteressenten auf der Suche nach dem richtigen Angebot immer öfter PKW-Verkaufsbörsen zu Nutze. Was passiert jedoch, wenn der tatsächliche Zustand des Fahrzeuges von dem beschrieben Zustand, z.B. in Bezug auf Ausstattungsmerkmale abweicht, dies aber bei der Besichtigung vor dem Kaufvertragsschluss nicht bemerkt wird?

Das OLG Düsseldorf geht davon aus, dass die Beschreibung in der Online-Anzeige eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt und lediglich im Fall von erkennbaren Abweichungen vor Abschluss des Kaufvertrages Ausnahmen möglich seien.

Auch die Klausel „gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung..“ half dem Verkäufer, einem Unternehmer, gegenüber dem Verbraucher als Käufer auch nicht weiter, § 475 Abs. 1 S. 1 BGB.

Praxistipp:

Für Verkäufer heißt es daher, das Fahrzeug möglichst genau zu beschreiben. Auf Käuferseite ist unbedingt dazu zu raten, die Beschreibung des PKW aus der Verkaufsbörse aufzubewahren und zusammen mit dem PKW-Kaufvertrag abzulegen.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.08.2016 Az.: I-3 U 20/15)

Keine Streitwerterhöhung bei der Geltendmachung von Zinsen als entgangenem Gewinn

Das OLG Braunschweig ist in einem Beschluss vom 11.11.12016 (3 W 21/16) der Auffassung beigetreten, dass die Geltendmachung von Zinsen als entgangenem Gewinn den Streitwert nicht erhöht, wenn die Zinsen mit der Hauptforderung eingeklagt werden. Für die rechtliche Einordnung als Nebenforderung sei es unerheblich, dass der Berechnung des Schadens nicht über den gesamten Zeitraum der gleiche Hundertsatz zugrunde gelegt, sondern die Berechnung jeweils lediglich für den Zeitraum eines Jahres nach einem einheitlichen Zinssatz durchgeführt werde. Die Einordnung von entgangenen Kapitalanlagezinsen als Zinsnebenforderung führe auch weder zu einer Beeinträchtigung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes noch stelle sie einen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit der Parteivertreter dar.

Die Entscheidung setzt sich ausführlich mit der BGH-Rechtsprechung sowie den Gegenargumenten auseinander.

BGH: Notwendiger Hinweis auf Ergänzung von Angaben im Rahmen der Wiedereinsetzung

Das LG hatte einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages war im Wesentlichen vorgetragen worden: „Rechtzeitig vor Fristablauf sei die unterzeichnete Berufungsbegründung zur Post gegeben und abgeschickt worden. Allerdings ging die Berufungsbegründung niemals beim LG ein. Das LG hielt diesen Vortrag nicht für ausreichend, vermisste insbesondere nähere Ausführungen zum Ablauf des Versendungsvorgangs.“

Der BGH (Beschl. v. 16. August 2016, VI ZB 19/16; MDR 2016, 1284) akzeptiert dies so nicht. Das LG wäre vielmehr gemäß § 139 Abs. 1 ZPO dazu verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass nähere Angaben zur Versendung erforderlich seien. Es müssen allerdings alle für die Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist, d. h. regelmäßig in dem Wiedereinsetzungsantrag, vorgetragen werden. Nach Fristablauf dürfen keine neuen Gründe mehr nachgeschoben werden. Jedoch können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben auch nach Fristablauf erläutert oder ergänzt werden. Der Vortrag zur Versendung war zwar knapp, der BGH hält die diesbezüglichen Ausführungen jedoch noch nicht für so substanzlos, dass von einem ordnungsgemäßen Vortrag gar nicht mehr hätte ausgegangen werden können. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde erfolgten dann die näheren Ausführungen zur Versendung der Berufungsbegründung. Es wurde dargelegt, wer den Briefumschlag beschriftet und frankiert hat und in welchen Briefkasten er schließlich eingeworfen wurde. Dieser Vortrag war nunmehr fraglos ausreichend. Damit hob der BGH den Verwerfungsbeschluss des LG auf und verwies die Sache an das LG zur weiteren Prüfung zurück.

Hinweis: Bei derartigen Wiedereinsetzungsfragen muss also genau folgendes beachtet werden: Alle Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, müssen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen werden. Nach Fristablauf können keine neuen Gründe mehr nachgeschoben werden. Erweist sich ein Vorbringen aus der Sicht des Gerichts als ergänzungsbedürftig, ist ein gerichtlicher Hinweis darauf erforderlich. Fehlt es an einem konkreten Vortrag überhaupt, ist ein Hinweis entbehrlich, da wegen Fristablaufes dann nicht mehr nachgebessert werden kann.

Wichtig ist noch, dass der BGH erneut folgendes betont hat: „Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Sendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss die Partei nicht damit rechnen, dass die Einhaltung einer Frist gefährdet ist.“ Ist also eine rechtzeitige Versendung eines Schriftsatzes glaubhaft zu machen, wird eine Wiedereinsetzung in Regel bewilligt werden.

 

 

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Zuordnung einer Telefax-Nummer zu einem Gericht
Beschluss vom 5. Oktober 2016 – VII ZB 45/14

Mit der Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts befasst sich der VII. Zivilsenat.

Der Prozessbevollmächtigte der in erster Instanz unterlegenen Beklagten hatte die Berufung gegen das Urteil des AG zur Fristwahrung per Telefax übermitteln lassen. Das Original (mit dem Zusatz „vorab per Telefax an 2017-1009“) ging erst nach Fristablauf beim LGein. Auf einen Hinweis des LG, dass ein Faxeingang nicht festgestellt werden könne, machte der Prozessbevollmächtigte glaubhaft, dass seine Sekretärin den Schriftsatz am Tag des Fristablaufs an die angegebene Telefaxnummer übermittelt hatte. Auf einen ergänzenden Hinweis des LG, diese Nummer sei dem AG zugeordnet, zeigte er auf, dass die Nummer sowohl im Dienstleistungsportal des Landes als auch im gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder als Faxnummer des LG ausgewiesen ist. Das LG verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er hält bereits die Feststellungen des LG zur Zuordnung der Faxnummer für unzureichend. Anlass zu eingehenderen Ermittlungen bestand aus Sicht des BGH schon deshalb, weil AG und LG eine gemeinsame Briefannahmestelle unterhalten und es deshalb naheliegt, dass eine Geschäftsordnungsregel getroffen wurde, wonach die bei einem dort vorhandenen Faxanschluss eingehenden Schreiben – ebenso wie ein im Original eingegangener Schriftsatz – als bei demjenigen Gericht eingegangen gelten, an das die Sendung adressiert ist. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass im Hinblick auf die Zuordnung der Faxnummer in den beiden Internetportalen jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dass der diesbezügliche Vortrag erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte, ist unschädlich, weil für den Prozessbevollmächtigten erst aus dem ergänzenden Hinweis des LG ersichtlich war, dass die Faxnummer einem anderen Gericht zugeordnet sein könnte.

Praxistipp: Wenn ein Gericht mitteilt, eine bestimmte Faxsendung nicht erhalten zu haben, sollte vorsichtshalber auch vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, woraus sich die Zuordnung der verwendeten Telefaxnummer zu dem betreffenden Gericht ergibt.

Schadensersatzpflicht eines Zuschauers für Verbandsstrafe
Urteil vom 22. September 2016 – VII ZR 14/16

Ebenfalls der VII. Zivilsenat war zur Entscheidung eines Falls berufen, der für einige Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt hat.

Der Beklagte hatte als Zuschauer bei einem Fußballspiel der 2. Bundesliga einen dem Sprengstoffgesetz unterfallenden Knallkörper gezündet. Dabei wurden sieben andere Zuschauer verletzt. Der Deutsche Fußballbund setzte gegen den Heimverein eine Geldstrafe fest. Die auf Ersatz des gezahlten Betrags gerichtete Klage war in erster Instanz erfolgreich. Das OLG wies die Klage hingegen ab, weil es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehle.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Durch den Stadionbesuch ist ein Zuschauervertrag zustande gekommen, der den Beklagten verpflichtete, das Interesse des Klägers an einem ungestörten Spielablauf nicht zu beeinträchtigen. Der Beklagte hat diese Pflicht verletzt und damit die durch Festsetzung der Verbandsstrafe eingetretene Vermögensbeeinträchtigung auf Seiten des Klägers verursacht. Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es nicht an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Zwischen der verletzten Pflicht und der daraus resultierenden Folge besteht ein hinreichender innerer Zusammenhang. Das Mittel der Verbandsstrafe als Sanktion für schuldhafte Störungen durch Zuschauer dient ebenfalls dem Zweck, einen störungsfreien Ablauf zu gewährleisten. Ob die der Festsetzung der Strafe zugrunde liegenden Regeln des DFB wirksam sind, ist irrelevant, weil die Entscheidung des Klägers, die Strafe zu zahlen, jedenfalls keine ungewöhnliche oder unsachgemäße Reaktion darstellt. Der Beklagte kann sich auch nicht auf ein Mitverschulden wegen unzureichender Einlasskontrollen berufen. Diese Kontrollen dienen nicht der Erfüllung einer Obliegenheit des Veranstalters gegenüber Zuschauern, die verbotene Gegenstände mit sich führen.

Praxistipp: Um Diskussionen über die Wirksamkeit der vom DFB erlassenen Verfahrensregeln (dazu BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15) zu vermeiden, ist es zweckmäßig, den Regressanspruch erst nach Zahlung der Geldstrafe geltend zu machen.

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Beginn der Verjährung bei Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung
Urteil vom 16. Juni 2016 – I ZR 222/14

Mit einem allgemeinen Problem des Verjährungsrechts befasst sich der I. Zivilsenat in einer urheberrechtlichen Streitigkeit.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung einer zusätzlichen urheberrechtlichen Vergütung für die Überlassung von Entwürfen für Spiel- und Dekorationsgegenstände (unter anderem eine „Geburtstagskarawane“) in Anspruch. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos. Das OLG hielt die Klageansprüche unter anderem für verjährt, weil die Klägerin mehr als drei Jahre vor Klageerhebung Kenntnis von den Tatsachen gehabt habe, auf die Ansprüche gestützt seien.

Der BGH verweist die Sache, die schon zum zweiten Mal in die Revisionsinstanz gelangt war, erneut an das OLG zurück. Er hält zwar die tatrichterlichen Feststellungen zum Kenntnisstand der Klägerin für frei von Rechtsfehlern. Er sieht die Klageansprüche aber deshalb als nicht verjährt an, weil die schöpferische Leistung, für die die Klägerin zusätzliche Vergütung begehrt, nach seiner früheren Rechtsprechung einem urheberrechtlichen Schutz generell nicht zugänglich war und diese Rechtsprechung erst mit einem im Jahr 2014 veröffentlichten (im gleichen Rechtsstreit ergangenen) Urteil aufgegeben wurde. Grundsätzlich reichen zwar Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der maßgeblichen Tatsachen aus. Dies gilt aber nicht, wenn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Aussicht besteht, das Klagebegehren mit Aussicht auf Erfolg auf diese Tatsachen stützen zu können. Eine solche Situation war im Streitfall bis zum Jahr 2014 gegeben. Dass der BGH schon in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 offengelassen hatte, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei, reichte für einen Verjährungsbeginn noch nicht aus.

Praxistipp: Wenn es zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, sind Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung – anders als im Streitfall – in aller Regel unerlässlich.

Beweislast für Vereinbarung einer Baukostenobergrenze
Urteil vom 6. Oktober 2016 – VII ZR 185/13

Mit einer besonderen Ausgestaltung eines Architektenvertrags befasst sich der VII. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte für die Beklagte Architektenleistungen erbracht. In einem vor Vertragsschluss unterbreiteten „Honorar-Vorschlag“ hatte sie die für die Berechnung maßgeblichen Baukosten mit rund 600.000 Euro angesetzt. In ihrer Schlussrechnung legte sie einen fast doppelt so hohen Betrag zugrunde. Ihre Klage auf Zahlung der sich daraus ergebenden Honorardifferenz blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Ein Architekt, der eine vereinbarte Kostengrenze nicht einhält, ist zwar nicht befugt, sein Honorar auf der Grundlage der höheren Kosten zu berechnen. Die Beweislast für die Vereinbarung einer Kostenobergrenze liegt aber beim Auftraggeber. Anders als vom Berufungsgericht angenommen ist der vom BGH zu § 632 Abs. 2 BGB entwickelte Grundsatz, wonach der Unternehmer, der die taxmäßige oder übliche Vergütung fordert, eine vom Auftraggeber behauptete Preisvereinbarung widerlegen muss, hier nicht einschlägig. Die Vereinbarung der Baukostenobergrenze hat zwar Auswirkungen auf die Höhe des Honorars. Dennoch ist sie keine Vergütungsabrede, sondern eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des zu erbringenden Architektenwerks.

Praxistipp: Der Auftraggeber sollte darauf achten, dass eine Baukostengrenze im Vertrag ausdrücklich als solche bezeichnet wird.

Novelle zum Pauschalreiserecht beschlossen

Am 1.11.2016 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften zur Umsetzung der neuen EU-Pauschalreiserichtlinie beschlossen. Wahrlich kein Kabinettstück was Berlin und Brüssel sich mit dieser Novelle leisten. Trotz der heftigen Kritik durch alle Verbände an dem Referentenentwurf ist weiterhin festzustellen, dass das Abstraktionsniveau des Regierungsentwurfes immer noch zu hoch ist. Viele Regelungen sind weder für Nichtjuristen, noch für Juristen klar und verständlich. Auch wenn das BGB grundsätzlich die Vertragstypen abstrahierend regelt, könnte der umzusetzende Text der Richtlinie mit Erklärungen und Beispielen anwenderfreundlicher gestaltet werden. Die Verständlichkeit des Textes würde auch durch eine sinnvolle Untergliederung der §§ 651a bis z BGB-E erhöht.

Wegen des vollharmonisierenden Ansatzes der Richtlinie ist der rechtliche Spielraum für Berlin gering. Nur sechs kleine Bereiche überlässt die Richtlinie dem Berliner Gesetzgeber, den dieser auch zu Recht nutzt. Dazu gehören die Ausnahmen für nichtgewerbliche Gelegenheitsreisen, Tagesreisen ohne Betragsbeschränkung, Geschäftsreisen ohne Rahmenvertrag mit einem Firmenreisebüro und die Anwendung der Pauschalreise auf Gastschulaufenthalte. Da die Richtlinie die Ausgestaltung des Insolvenzschutzes dem Mitgliedstaat überlässt, ist die Beibehaltung des in der Praxis bewährten Sicherungsscheins ebenfalls zu begrüßen. Beim Beratungsgespräch zur Buchung einer Reise laufen stationäre Reisebüros nicht Gefahr, in die Veranstalterhaftung zu geraten. Insoweit ist der Regierungsentwurf präziser als der Referentenentwurf. Ob sich der neue Begriff Pauschalreise praxisgerecht von dem neuen Reisetyp der verbundenen Reiseleistung besser abgrenzen lässt, habe ich Bedenken. Dazu ist die zwingende Vorgabe der Richtlinie zu schwammig.

Verwundert ist jeder Jurist, dass mit der geplanten Novelle Eckpfeiler deutschen Reiserechts abgebaut werden, auch wenn festzustellen ist, dass viele Regelungen des vorbildlichen deutschen Reiserechts übernommen wurden. So berechtigen Preiserhöhungen zum Rücktritt vom Vertrag erst ab 8 %, bisher ab 5 %. Bisher ist eine Erhöhung des Reisepreises durch AGB nicht möglich, wenn zwischen Vertragsschluss und Reisebeginn weniger als 4 Monate. Unverständlich ist, dass diese 4-Monatsgrenze durch eine Richtlinie, die den Verbraucher schützen will, zum Opfer fällt, da die Richtlinie keine abweichende AGB mehr zulässt. Gerade diese Grenze hat bisher in Deutschland dazu geführt, dass Preiserhöhungen in der Praxis keine Rolle spielten. Das wird sich ändern, wenn nun bis 20 Tage vor Reisebeginn ein Preiserhöhungsverlangen über z.B. 7,5 % möglich ist. Auch der Wegfall der einmonatigen Ausschlussfrist zur Anmeldung von Gewährleistungsrechten ist zu beklagen, so dass künftig Reisende bis zu zwei Jahre nach dem Reisende Ansprüche geltend machen können. Ferner wird eine Verkürzung der zweijährigen Verjährungsfrist durch AGB nicht mehr möglich sein. Auch der Wegfall des Vertretenmüssens beim Schadensersatz widerspricht fundamental dem deutschen Schuldrecht, so dass sich der Reiseveranstalter nicht mehr wegen fehlender eigener Fahrlässigkeit nach §§ 276 II, 280 BGB entlasten kann. Der Veranstalter muss Schadensersatz leisten, selbst wenn er nachweist, dass weder ihn noch einen seiner Erfüllungsgehilfen und deren Leute bei der Information, sorgfältigen Reisevorbereitung und Reisedurchführung ein Verschulden an den aus seinem Gefahrenbereich stammenden schädigenden Umständen trifft. Letztlich keinen Dienst am Verbraucher erweist das Verbraucherschutzministerium, wenn es – im Gegensatz zum Referentenentwurf – die analoge Anwendung des Pauschalreiserechts auf veranstaltergleich angebotene Ferienunterkünfte fallen lässt und dem Druck der Branche nachgibt. Warum hat Berlin in Brüssel denn gerade um diese Verankerung der Analogie gekämpft? Es ist zu hoffen, dass der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren diesen Vorschlag wieder in die Novelle aufnimmt, um die bisherige über 30-jährige Rechtsprechung des BGH durchzusetzen.