Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Beauftragung von Rechtsanwälten und Sachverständigen durch eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern und um die nachträgliche Zustimmung zu entsprechenden Handlungen des Verwalters durch die Gemeinschaft.

Beauftragung von Rechtsanwälten und Sachverständigen durch einen WEG-Verwalter
BGH, Urteil vom 18. Juli 2025 – V ZR 76/24

Der V. Zivilsenat entscheidet einige bislang umstrittene Fragen.

Die Klägerin hat als Bauträgerin eine Wohnungseigentumsanlage errichtet. Sie ist weiterhin Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche gegen die Klägerin wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum drohte im Oktober 2021 abzulaufen. Die Verwalterin beauftragte deshalb im Frühjahr 2021 im Namen der Gemeinschaft drei Sachverständige mit der Begutachtung der Anlage. Ferner mandatierte sie eine Rechtsanwaltskanzlei Die Sachverständigen stellten Mängel fest, bezifferten den Beseitigungsaufwand mit rund 470.000 Euro und stellten Honorare in Höhe von insgesamt rund 50.000 Euro in Rechnung.

In einer Eigentümerversammlung im Juli 2021 genehmigte die Beklagte die Einschaltung und Vergütung der Sachverständigen und der Rechtsanwaltskanzlei. Ferner beschloss sie, die Kanzlei mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der festgestellten Mängel zu beauftragen, und ermächtigte die Verwalterin, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen, deren Stundensätze 300 Euro je Anwaltsstunde und 150 Euro je Sekretariatsstunde nicht überschreitet.

Die von der Klägerin gegen diese Beschlüsse erhobene Anfechtungsklage hatte vor dem AG keinen Erfolg. Das LG erklärte die Beschlüsse für ungültig.

Der BGH stellt das Urteil des AG wieder her.

Entgegen der Auffassung des LG war die Einholung von Vergleichsangeboten vor der Beschlussfassung über die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei oder der Sachverständigen nicht erforderlich.

Die Einholung von Alternativangeboten dient dem Zweck, den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen. Angebote von Rechtsanwälten und Sachverständigen können diesen Zweck nicht in hinreichendem Maße erfüllen. Die Höhe eines angebotenen Stundenhonorars ist nicht aussagekräftig, weil nicht vorhersehbar ist, wie viele Stunden anfallen werden. Die Qualität der angebotenen Leistung ist ebenfalls nur schwer zu beurteilen.

Die Beauftragung der Anwaltskanzlei entspricht auch im Übrigen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Höhe der Stundensätze ist angesichts der Schwierigkeit der Rechtsmaterie und der Höhe des geltend zu machenden Anspruchs nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des LG ist die Genehmigung der ohne Eigentümerbeschluss erfolgten Auftragserteilungen nicht schon dann unzulässig, wenn mögliche Ersatzansprüche gegen den Verwalter nicht auszuschließen sind. Vielmehr entspricht die Genehmigung einer Maßnahme jedenfalls dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümer diese Maßnahmen vor ihrer Durchführung hätten beschließen dürfen.

Im Streitfall ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Beauftragung der Sachverständigen und der Rechtsanwaltskanzlei einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprach. Die Eigentümer hätten diese Maßnahmen mithin im Vorhinein beschließen dürfen und waren deshalb befugt, sie im Nachhinein zu genehmigen.

Praxistipp: Nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage kann der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis grundsätzlich auch ohne vorherige Beschlussfassung wirksam vertreten.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen für eine Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten im Rahmen einer Rechtsbeschwerde.

Grundsatz der materiellen Subsidiarität
BGH, Beschluss vom 29. Juli 2025 – VI ZB 31/24

Der VI. Zivilsenat bekräftigt seine ständige Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer auf das Grundgesetz gestützten Verfahrensrüge in dritter Instanz.

Die Klägerin hat den Beklagten in einem Vorprozess wegen fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung in Anspruch genommen. Ihre Klage ist erfolglos geblieben.

Nunmehr verlangt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz wegen Verfälschung der Behandlungsdokumentation. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Streitgegenstand mit demjenigen des Vorprozesses identisch sei. Ergänzend hat es ausgeführt, die unzulässige Klage wäre auch unbegründet.

Nach Eingang der Berufungsbegründung hat das OLG die Klägerin darauf hingewiesen, es fehle an einer ordnungsgemäßen Begründung des Rechtsmittels, weil die Klägerin sich nur gegen die Erwägungen des Landgerichts zur Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess wende, nicht aber gegen die Ausführungen zur Begründetheit der neuen Klage. Die Klägerin hat daraufhin geltend gemacht, ihre Berufung sei zulässig, und ihre Ausführungen zur Rechtskraft des früheren Urteils weiter vertieft. Das OLG hat die Berufung als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin bleibt schon aus formellen Gründen ohne Erfolg.

Der vom Bundesverfassungsgericht für Verfassungsbeschwerden entwickelte Subsidiaritätsgrundsatz fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern. Der BGH wendet diesen Grundsatz seit längerem auch in Verfahren über Revisionen, Nichtzulassungsbeschwerden und Rechtsbeschwerden an.

In Anwendung dieses Grundsatzes lässt der BGH im Streitfall offen, ob die in dem Hinweis des OLG geäußerte Einschätzung zur Zulässigkeit der Berufung zutrifft. Die Klägerin darf eine aus einer diesbezüglichen Fehleinschätzung resultierende Verletzung ihrer Ansprüche auf rechtliches Gehör und wirkungsvollen Rechtsschutz schon deshalb nicht mehr geltend machen, weil sie in ihrer Stellungnahme zu dem Hinweis nicht auf die nach Auffassung des OLG ausschlaggebende Frage eingegangen ist, ob das Landgericht seine Entscheidung auf zwei selbständige Erwägungen gestützt hat.

Praxistipp: Die Entscheidung führt nochmals deutlich vor Augen, wie wichtig es ist, einem nach § 522 Abs. 1 oder 2 ZPO erteilten Hinweis des Berufungsgerichts hinsichtlich aller relevanten Aspekte entgegenzutreten, wenn die zu erwartende Entscheidung in dritter Instanz angefochten werden soll.

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Diese Woche geht es um die Kündigungssperrfrist bei Begründung von Wohnungseigentum oder bei der Veräußerung an eine Personengesellschaft oder Personenmehrheit.

Veräußerung von Mietwohnraum an Personenhandelsgesellschaften
BGH, Urteil vom 6. August 2025 – VIII ZR 161/24

Der VIII. Zivilsenat legt § 577a Abs. 1a BGB anhand des Gesetzeszwecks aus.

Die Beklagte sind seit 2004 Mieter einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus in München. Anfang 2012 erwarb eine GmbH & Co. KG das Eigentum am gesamten Anwesen. Im Jahr 2013 teilte sie das Eigentum in Wohnungseigentum auf. Im Jahr 2017 veräußerte sie die an die Beklagten vermietete Wohnung an die Kläger. Diese erklärten im September 2022 die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs zum 31. März 2023.

Das AG hat die Beklagte antragsgemäß zur Räumung verurteilt. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Revision der Kläger bleibt ohne Erfolg.

Zu Recht hat das LG entschieden, dass die Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB – die durch eine auf der Grundlage von § 577a Abs. 2 BGB erlassene Verordnung für München und zahlreiche andere Städte in Bayern auf zehn Jahre verlängert worden ist – im Streitfall nicht schon mit der Veräußerung des Anwesens an die GmbH & Co. KG, sondern erst mit der Veräußerung der Eigentumswohnung an die Kläger zu laufen begonnen hat.

Gemäß § 577a Abs. 1 BGB beginnt die Sperrfrist, wenn an den Mieträumen nach deren Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und dieses veräußert worden ist. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall im Jahr 2017 erfüllt. Die Sperrfrist nach § 577a Abs. 1 BGB ist mithin noch nicht abgelaufen.

Gemäß § 577a Abs. 1a BGB beginnt eine Sperrfrist auch dann, wenn vermieteter Wohnraum nach dessen Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist. Für den Fall, dass nach einer solchen Veräußerung Wohnungseigentum begründet wird, bestimmt § 577a Abs. 2a BGB, dass die Sperrfrist bereits mit der Veräußerung nach Absatz 1a beginnt.

Wie der BGH nunmehr klargestellt hat, bedeutet dies, dass mit der Veräußerung von Wohnungseigentum, das nach der Veräußerung an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber begründet worden ist, keine neue Sperrfrist gemäß § 577a Abs. 1 BGB beginnt. Vielmehr verbleibt es bei der bereits laufenden Frist nach § 577a Abs. 1a BGB.

Im Streitfall wäre die Sperrfrist zum Zeitpunkt der Kündigung mithin abgelaufen gewesen, wenn die Veräußerung an die GmbH & Co. KG Anfang 2012 unter den Tatbestand von § 577a Abs. 1a BGB fiele.

Zu Recht hat das LG jedoch entschieden, dass eine Personenhandelsgesellschaft (also eine OHG oder eine KG) keine Personengesellschaft im Sinne von § 577a Abs. 1a BGB ist.

§ 577a Abs. 1a BGB soll den Mieter vor der Gefahr schützen, dass durch die Veräußerung eine Vielzahl von Personen die Möglichkeit erhalten, den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Diese Gefahr besteht beim Erwerb durch eine GbR oder durch eine Grundstücksgemeinschaft, weil deren Mitglieder Eigenbedarf geltend machen können. Die Gesellschafter einer OHG oder KG dürfen sich nach der Rechtsprechung des BGH hingegen nicht auf Eigenbedarf berufen. Folglich greift der Zweck des § 577a Abs. 1a BGB bei der Veräußerung an eine solche Gesellschaft nicht.

Praxistipp: Die Fristen nach § 577a Abs. 1 und 1a beginnen jeweils mit der Eintragung der maßgeblichen Rechtsänderung im Grundbuch (BGH, U. v. 21.3.2018 – VIII ZR 104/17, BGHZ 218, 162 Rn. 21 [insoweit nicht in MDR 2018, 584]).

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Diese Woche geht es um die Sorgfaltspflichten eines Bankkunden bei Phishing-Angriffen.

Grob fahrlässige Weitergabe einer TAN
BGH, Urteil vom 22. Juli 2025 – XI ZR 107/24

Der XI. Zivilsenat stellt strenge Anforderungen an die Sorgfaltspflichten bei Online-Überweisungen.

Die Kläger führen bei der beklagten Sparkasse ein gemeinsames Girokonto. Seit 2014 nutzen sie das Online-Banking mit persönlichem Anmeldenamen, PIN und chipTAN-Generator.

An einem Samstag im Juli 2022 versuchte die Klägerin mehrfach, ihre PIN zu ändern. Der TAN-Generator zeigte jeweils die Meldung „Vorgang abgebrochen“. Bei einem weiteren Versuch gegen 22:30 Uhr öffnete sich ein Fenster mit dem Hinweis, der Online-Banking-Zugang werde binnen eines Tages ablaufen, wenn nicht eine neue Sicherheitssoftware installiert werde. Die Klägerin klickte auf diese Meldung und gab in einen sich darauf öffnenden Fenster persönliche Daten ein. Wenige Augenblicke später erhielt sie einen Telefonanruf. Auf dem Display wurde die Telefonnummer der Beklagten angezeigt. Die Anruferin stellte sich als Mitarbeiterin der Beklagten vor und erkundigte sich, was los sei. Auf Nachfrage erklärte sie, die Mitarbeiter im Online-Banking seien rund um die Uhr für die Kunden da. Im weiteren Verlauf erfragte sie mehrere Zahlenfolgen, darunter auch mehrere TANs, die die Klägerin gemäß den Anweisungen der Anruferin auf der Grundlage von manuellen Eingaben von Empfänger-IBANs und Überweisungsbeträgen generierte. Bei einer verabredeten Fortsetzung des Gesprächs am Folgetag gab die Klägerin weitere TANs weiter. Mit diesen wurde das Überweisungslimit auf 55.555 Euro erhöht und ein Betrag von 35.555 Euro auf das Konto einer unbekannten Person bei einer anderen Bank überwiesen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Rückbuchung des überwiesenen Betrags verurteilt. Das OLG hat die Klage abgewiesen.

Die (vom BGH zugelassene) Revision der Kläger bleibt ohne Erfolg.

Rechtsfehlerfrei hat das OLG angenommen, dass die Belastung des Kontos auf einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang beruht und den Klägern deshalb gemäß § 675u Satz 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung des Überweisungsbetrags zusteht.

Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das OLG entschieden, dass die Beklagte diesem Anspruch einen Schadensersatzanspruch aus § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB entgegenhalten kann.

Nach § 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB ist der Zahler dem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des Schadens aus einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang verpflichtet, wenn er den Schaden durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Pflichten zum Schutz vor unbefugtem Zugriff (§ 675l Abs. 1 BGB) oder von Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments herbeigeführt hat.

Die Annahme des OLG, die Klägerin habe im Streitfall grob fahrlässig gehandelt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Das OLG hat seine Entscheidung entscheidend darauf gestützt, der Klägerin hätte es sich jedenfalls bei dem zweiten Telefonat aufdrängen müssen, dass die mehrfache Eingabe von Überweisungsdaten und die Weitergabe von TANs zur Installation einer neuen Software nicht erforderlich sein kann.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es sich nur um ein Augenblicksversagen gehandelt hätte. Die entscheidende Sorgfaltspflichtverletzung fand erst beim zweiten Telefonat statt, also fast einen Tag nach der ersten Kontaktaufnahme.

Grobe Fahrlässigkeit ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin mit der Erzeugung von TANs auf der Grundlage manueller Eingaben nicht vertraut war. Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich der Klägerin auch ohne diesbezügliche Erfahrungen aufdrängen musste, dass sie durch Bedienung des TAN-Generators eine TAN zur Bestätigung eines konkreten Zahlungsvorgangs erzeugt.

Vor diesem Hintergrund vermag der Umstand, dass auf dem Display die Telefonnummer der Beklagten angezeigt wurde, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht zu entkräften.

Der Gegenanspruch der Beklagten ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte zur Anmeldung im Online-Banking keine Zweifaktor-Authentifizierung (starke Authentifizierung im Sinne von § 1 Abs. 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes) verlangt, sondern die Eingabe von Benutzername und PIN genügen lässt. Ein Schadensersatzanspruch ist nach § 675v Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn für den jeweiligen Zahlungsvorgang keine starke Authentifizierung verlangt wird. Das für Überweisungen geltende zusätzliche Erfordernis einer mittels TAN-Generator erzeugten TAN genügt den Anforderungen an eine starke Authentifizierung.

Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das OLG angesichts der aufgezeigten Umstände des Streitfalls eine Anspruchsminderung nach § 254 BGB abgelehnt.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt eindrücklich: Eine TAN darf niemals an Dritte weitergegeben werden – auch wenn es sich (vermeintlich) um einen Mitarbeiter der Bank handelt und (vermeintlich) größter Zeitdruck besteht.

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Diese Woche geht es eine Frage im Zusammenhang mit der Neuregelung des Personengesellschaftsrechts zum 1.1.2024.

Eintragung einer GbR zum Zwecke der Löschung
BGH, Beschluss vom 3. Juli 2025 – V ZB 17/24

Der V. Zivilsenat trifft – soweit ersichtlich – zum ersten Mal eine Entscheidung über das neue Personengesellschaftsrecht.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zwei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschaftsvermögen jeweils aus einem Grundstück besteht. Ihre Gesellschafter sind jeweils die Beteiligten zu 3 und 4.

Mit notariellem Vertrag vom 21.12.2023 haben die Beteiligten zu 3 und 4 erklärt, die beiden Gesellschaften mit sofortiger Wirkung aufzulösen und die beiden Grundstücke auf sich zu gleichen Teilen in Miteigentum zu übertragen. Der beurkundende Notar hat am 1.2.2024 die Eintragung der Eigentumsänderungen im Grundbuch beantragt. Das AG hat die Beteiligten durch Zwischenverfügung darauf hingewiesen, dass die Umschreibung erst erfolgen könne, wenn die beiden Gesellschaften im Gesellschaftsregister eingetragen seien. Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde der Beteiligten ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Nach der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer GbR betreffen, nicht erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und daraufhin nach den seit 1.1.2024 geltenden Vorschriften (d.h. mit dem Gesellschaftsnamen und ohne Angabe der Gesellschafter) im Grundbuch eingetragen ist.

Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass diese Vorschrift im Streitfall zur Anwendung gelangt. Eine Umschreibung nach altem Recht (für die eine Bewilligung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter genügt hätte) darf gemäß Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB nur noch dann erfolgen, wenn sie vor dem 1.1.2024 bewilligt und beantragt worden ist. Im Streitfall ist zwar die Bewilligung vor dem Stichtag erteilt worden; der Antrag wurde aber erst danach gestellt.

Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist eine vorherige Eintragung auch dann erforderlich, wenn die GbR im Grundbuch gelöscht werden soll. Dies gilt auch dann, wenn das Vermögen der Gesellschaft allein aus dem Grundstück besteht.

Der Gesetzgeber knüpft die Pflicht zur Registereintragung von Gesellschaften, für die im Grundbuch bereits Rechte eingetragen sind, an bestimmte Konstellationen, in denen der Rechtsverkehr ein anerkennenswertes Interesse an Subjektpublizität hat. Dazu gehört nach der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auch die Veräußerung eines zugunsten der Gesellschaft eingetragenen Rechts. Vorschläge, die Auflösung von Zweipersonengesellschaften von der Eintragungspflicht auszunehmen, sind im Gesetzgebungsverfahren nicht aufgegriffen worden.

Ein anerkennenswertes Interesse des Rechtsverkehrs besteht schon deshalb, weil der gute Glaube eines Erwerbers an die Berechtigung der im Grundbuch eingetragenen GbR nur noch dann geschützt ist, wenn sie auch im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Bei einer Aufteilung des Vermögens unter den Gesellschaftern kommt ein Gutglaubensschutz zwar grundsätzlich nicht in Betracht. Eventuelle Gläubiger können aber ein Interesse daran haben, sich über den Gesellschafterbestand zu informieren.

Praxistipp: Die Anmeldung zum Handelsregister muss gemäß § 707b Nr. 2 BGB und § 12 Abs. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Die Eintragungsgebühr beträgt nach Nr. 1101 GV-HRegGebV für bis zu drei Gesellschafter 150 Euro und für jeden weiteren Gesellschafter jeweils 60 Euro zusätzlich.

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Diese Woche geht es um die Zulässigkeit von Grundpfandrechten zugunsten noch nicht gezeugter Personen.

Grundpfandrecht für nicht gezeugte Person
BGH, Beschluss vom 26. Juni 2025 – V ZB 48/24

Der V. Zivilsenat entscheidet eine seit Inkrafttreten des BGB umstrittene Frage.

Die 1960 geborene Antragstellerin ist Vorerbin ihrer im Jahr 2003 verstorbenen Mutter. Nacherben sind ihre Kinder, ersatzweise ihre beiden Geschwister. Im Jahr 2003 verkaufte die Antragstellerin ein zum Nachlass gehörendes Grundstück unter der vormundschaftsgerichtlichen Auflage, den Kaufpreis mündelsicher anzulegen. Zur Erfüllung dieser Auflage ließ sie zulasten eines anderen, nicht zum Nachlass gehörenden Grundstücks im Grundbuch eine brieflose Grundschuld über 187.000 zugunsten ihrer Nacherben, d.h. ihrer Kinder und ersatzweise ihrer beiden (namentlich benannten) Geschwister, in Erbengemeinschaft eintragen.

Nunmehr begehrt die Antragstellerin die Löschung der Grundschuld. Ihre Geschwister haben die Löschung bewilligt. Die Antragstellerin hat ferner an Eides Statt versichert, dass weder leibliche noch adoptierte Kinder hat. Einer Aufforderung des AG, eine Löschungsbewilligung für einen für unbekannte Nacherben zu bestellenden Pfleger beizubringen, ist sie nicht nachgekommen. Das AG hat den Löschungsantrag daraufhin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Zu Recht haben die Vorinstanzen eine Löschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO wegen inhaltlicher Unzulässigkeit abgelehnt.

Eine Grundbucheintragung ist allerdings inhaltlich unzulässig, wenn sich aus dem Eintragungsvermerk oder darin in Bezug genommenen Unterlagen ergibt, dass sie für einen nicht grundbuchfähigen Träger bestellt worden sind. Im Streitfall ergab sich zwar aus der im Grundbuch in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, dass die Erblasserin damals keine Kinder hatte. Ein (bedingtes) Grundpfandrecht kann aber auch zugunsten einer noch nicht gezeugten Person bestellt werden.

Eine noch nicht gezeugte Person ist zwar gemäß § 1 BGB nicht rechtsfähig. Zugunsten solcher Personen können aber aufschiebend bedingte schuldrechtliche Verpflichtungen begründet werden, zum Beispiel durch Vertrag zugunsten Dritter (§ 331 Abs. 2 BGB), durch Vermächtnis (§ 2162 Abs. 2 und § 2178 BGB) oder – wie im Streitfall – durch Einsetzung als Nacherbe (§ 2101 Abs. 1, § 2106 Abs. 2 und § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Der historische Gesetzgeber ging davon aus, dass eine dingliche Sicherung für solche Forderungen möglich sein muss. Dementsprechend hat das Reichsgericht entsprechende Hypotheken für zulässig erachtet. Der V. Zivilsenat tritt dieser Auffassung bei und entscheidet, dass in solchen Fällen auch die Bestellung einer Grundschuld zulässig ist.

Eine Löschung der Grundschuld nach § 19 GBO haben die Vorinstanzen zu Recht abgelehnt, weil es an einer Löschungsbewilligung der möglichen Nacherben fehlt. Diese kann nur ein Pfleger mit betreuungsrechtlicher Genehmigung abgeben (§ 1882 und § 1850 Nr. 1 BGB).

Eine Löschung gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 GBO wegen Unrichtigkeit des Grundbuchs ist ebenfalls nicht möglich. Sie käme nur dann in Betracht, wenn nachgewiesen wäre, dass die Antragstellerin auch in Zukunft keine Kinder haben wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der BGH lässt dabei offen, ob es hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin trotz ihres Alters noch leibliche Kinder bekommen kann. Jedenfalls ist nicht ausgeschlossen, dass sie ein Kind adoptiert. Ob adoptierte Kinder nach dem maßgeblichen Testament als Nacherben in Betracht kommen, ist unerheblich, weil ein diesbezüglicher Ausschluss aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.

Praxistipp: Zur wirksamen Bestellung solcher Rechte bedarf es einer dinglichen Einigung im Sinne von § 873 BGB. Die hierfür erforderlichen Erklärungen können für die noch nicht gezeugten Kinder durch einen gemäß § 1882 BGB zu bestellenden Pfleger abgegeben und entgegengenommen werden. Für die Eintragung im Grundbuch genügt gemäß § 19 GBO die Bewilligung des Eigentümers.

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Diese Woche geht es um das passive Wahlrecht zum Verwaltungsbeirat einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern

Gemeinde als Mitglied eines WEG-Verwaltungsbeirats
BGH, Urteil vom 4. Juli 2025 – V ZR 225/24

Der V. Zivilsenat entscheidet eine in Literatur und Instanzrechtsprechung kontrovers diskutierte Frage.

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), mit dem die Mitarbeiterin einer Gemeinde zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt worden ist. Die Mitarbeiterin ist nicht Wohnungseigentümerin, wohl aber die Gemeinde. Im Protokoll der Eigentümerversammlung ist vermerkt, die Mitarbeiterin stelle sich für die Gemeinde zur Wahl.

Das AG hat die gegen den Beschluss gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Revision der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Frage, ob und auf welche Weise eine juristische Person als Wohnungseigentümerin im Verwaltungsbeirat mitwirken kann, wird in Literatur und Instanzrechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung kann die juristische Person selbst Mitglied des Beirats sein. Nach einer anderen Auffassung können nur Organe oder Bevollmächtigte der juristischen Person gewählt werden. Ob solche Personen auch dann gewählt werden können, wenn sie selbst nicht Wohnungseigentümer sind, ist wiederum umstritten.

Der BGH entscheidet die Frage dahin, dass eine juristische Person Mitglied des Verwaltungsbeirats sein kann.

Das Gesetz sieht keine Beschränkung auf natürliche Personen vor. Der Zweck des Gesetzes erfordert eine solche Beschränkung ebenfalls nicht. Die Wahl einer juristischen Person hat zwar zur Folge, dass die anderen Eigentümer keinen unmittelbaren Einfluss darauf haben, welche natürliche Person die Tätigkeit ausführt. Erweist sich das mit der Wahl zum Ausdruck gebrachte Vertrauen als nicht gerechtfertigt, können die Wohnungseigentümer die juristische Person im gesetzlichen Regelfall aber jederzeit und ohne Angabe von Gründen aus dem Beirat abberufen.

Organe oder Bevollmächtigte einer juristischen Person können nach dem Gesetz hingegen nur dann Mitglied des Beirats sein, wenn sie selbst Wohnungseigentümer sind. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.

Der angefochtene Beschluss ist dennoch nicht zu beanstanden. Die Vorinstanzen haben ihn fehlerfrei dahin ausgelegt, dass abweichend vom Wortlaut nicht die Mitarbeiterin persönlich gewählt worden ist, sondern die Gemeinde, für die sie sich ausweislich des Versammlungsprotokolls zur Wahl gestellt hat.

Praxistipp: Die Wohnungseigentümer können in der Gemeinschaftsordnung oder einer sonstigen Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG festlegen, dass auch solche Personen Mitglied des Verwaltungsbeirats sein können, die nicht Wohnungseigentümer sind.

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Diese Woche geht es um die formellen Voraussetzungen einer Nichtzulassungsbeschwerde.

Beschwer bei vollständiger Abweisung einer Stufenklage mit Mindestbetrag
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2025 – VI ZR 217/24

Der VI. Zivilsenat fasst die Rechtsprechung des BGH zusammen und zeigt die daraus resultierenden Folgen im Zusammenhang mit § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf.

Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft über den Umfang der Speicherung und Weitergabe von personenbezogenen Daten und Zahlung von Ersatz für aus diesen Handlungen entstandene immaterielle Schäden in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch 19.500 Euro. Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Der BGH verwirft die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin als unzulässig, weil der Wert der geltend zu machenden Beschwer den nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO maßgeblichen Schwellenwert von 20.000 Euro nicht übersteigt.

Nach der Rechtsprechung des BGH bemisst sich die Beschwer bei der vollständigen Abweisung einer Stufenklage nach dem Wert des Hauptanspruchs. Dieser beträgt im Streitfall 19.500 Euro.

Die in den vorgelagerten Stufen geltend gemachten Ansprüche sind nicht werterhöhend zu berücksichtigen, weil sie nur vorbereitenden Charakter haben (BGH, B. v. 26.11.2020 – V ZR 87/20, Rn. 9 ff.).

Im Streitfall liegt eine Stufenklage vor, weil die Klägerin die Ansprüche auf Auskunft nur zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs geltend gemacht hat. Dass sie ihr Begehren auf Art. 15 DSGVO gestützt hat und Ansprüche auf dieser Grundlage auch eigenständig geltend gemacht werden können, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dasselbe gilt für den Umstand, dass die Klägerin einen vom Ergebnis der Auskunft unabhängigen Mindestbetrag verlangt hat.

Praxistipp: Ein Beschwerdeführer, der in den Vorinstanzen einen 20.000 Euro nicht übersteigenden Betrag als Streitwert vorgeschlagen oder einer entsprechenden Festsetzung nicht entgegengetreten ist, darf in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht geltend machen, seine Beschwer übersteige diesen Betrag.

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Diese Woche geht es um prozessuale Aspekte der Schadensberechnung bei Ansprüchen auf Ersatz von Reparaturkosten.

Abrechnung auf Gutachtenbasis und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden
BGH, Urteil vom 8. April 2025 – VI ZR 25/24
BGH, Urteil vom 25. März 2025 – VI ZR 277/24

Der VI. Zivilsenat räumt dem Unfallgeschädigten eine weitreichende Wahlmöglichkeit ein – und zeigt deren Grenzen auf.

In beiden Fällen begehrte die jeweils klagende Partei nach einem Verkehrsunfall Ersatz von Reparaturkosten auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens. Ergänzend beantrage sie jeweils die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet ist. Die Zahlungsklagen hatten im Wesentlichen Erfolg. Die Feststellungsanträge blieben in der Berufungsinstanz erfolglos.

Der BGH gibt der Klägerin im ersten Fall recht. Im zweiten Fall weist er die Revision zurück.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Klage auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer Schäden nach Verletzung eines absoluten Rechts zulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass solche Schäden eintreten. An dieser Möglichkeit fehlt es nur dann, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen.

Ein Geschädigter, der auf Ersatz von Reparaturkosten für ein beschädigtes Fahrzeugt klagt, kann seinen Schaden wahlweise auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens oder auf der Grundlage der tatsächlich aufgewendeten Kosten berechnen. Nur im zuletzt genannten Fall kann er auch Ersatz angefallener Umsatzsteuer begehren.

Wenn der Geschädigte seinen Schaden auf Basis eines Gutachtens abgerechnet hat, ist er innerhalb der Verjährungsfrist nicht gehindert, später auf Basis der tatsächlich angefallenen Kosten abzurechnen und den Schädiger wegen eines sich daraus ergebenden Differenzbetrags in Anspruch zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund hat ein Kläger, der Ersatz auf Grundlage eines Gutachtens begehrt, grundsätzlich ein Interesse an der Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftiger Schäden. Anders als bei der Wahl zwischen großem und kleinem Schadensersatz in Dieselfällen (dazu BGH, Urt. v. 5.10.2021 – VI ZR 136/20, MDR 2021, 1457 Rn. 18 ff.) muss sich der Geschädigte in solchen Fällen bei Klageerhebung nicht endgültig auf eine Berechnungsart festlegen.

Unzulässig ist ein Feststellungsantrag in der Konstellation der beiden Streitfälle nur dann, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit einer Reparatur wenigstens zu rechnen.

Im ersten der beiden Fälle (Urteil vom 8.4.2025) war dieser Ausnahmetatbestand nicht erfüllt. Der von der Beklagten geltend gemachte Umstand, dass das beschädigte Fahrzeug bereits dreizehn Jahre alt ist und eine Laufleistung von mehr als 250.000 Kilometer aufweist, schließt eine Reparatur nicht aus.

Anders lagen die Dinge im zweiten Fall (Urteil vom 25.3.2025). Dort hatte der Kläger das beschädigte Fahrzeug im Laufe des Rechtsstreits veräußert. Dass vor Veräußerung eine Reparatur durchgeführt worden war, konnte er nicht beweisen.

Praxistipp: Veräußert der Kläger das Fahrzeug während des Rechtsstreits in nicht repariertem Zustand, sollte der Feststellungsantrag zur Vermeidung von Kostennachteilen für erledigt erklärt werden.

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Diese Woche geht es um die Statthaftigkeit eines Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren.

Einspruch gegen Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren
BGH, Urteil vom 11. Juni 2025 – IV ZR 83/24

Der IV. Zivilsenat entscheidet eine bislang umstrittene Rechtsfrage.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht einen Deckungsanspruch aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Geschäftsführer (D&O-Versicherung) in Höhe von 2 Millionen Euro geltend. Das LG hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet und nach Ablauf der Frist für die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft ein Versäumnisurteil erlassen. Dieses ist dem Kläger am 17. und der Beklagten am 19. Februar 2021 zugestellt worden. Am 18. Februar 2021 hat die Beklagte Einspruch „gegen ein möglicherweise bereits ergangenes Versäumnisurteil eingelegt. Am 4. Mai 2021 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut Einspruch eingelegt. Das LG hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Entgegen der Auffassung des OLG war der am 18. Februar 2021 eingelegte Einspruch statthaft. Ein im schriftlichen Verfahren ergangenes Versäumnisurteil wird zwar erst dann wirksam, wenn es allen Parteien zugestellt ist. Ein Einspruch gegen ein solches Urteil ist aber jedenfalls vom Zeitpunkt der ersten Zustellung an statthaft. Von diesem Zeitpunkt an kann das Gericht seine Entscheidung nicht mehr abändern. Spätestens dann gibt es keinen zureichenden Grund mehr, einer durch das Urteil beschwerten Partei die Einlegung eines Rechtsmittels zu verwehren.

Praxistipp: Trotz der Entscheidung des BGH sollte ein „auf Verdacht“ eingelegter Einspruch umgehend wiederholt werden, sobald das Versäumnisurteil der Partei zugestellt worden ist – und die Partei gebeten werden, die Zustellung sofort mitzuteilen. Ergänzende Ermittlungen, ob und zu welchem Zeitpunkt das Urteil den anderen Parteien zugestellt wurde, sind hingegen nicht erforderlich.