Bereits in der Budapester Erklärung zum Neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit vom 8.11.2024 und im Kompass für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union hatte die Kommission „revolutionäre Vereinfachungen“ des mittlerweile umfänglichen supranationalen Pflichtenhefts im Nachhaltigkeitsbereich und einen entsprechenden Omnibus-Rechtsakt (in deutscher Diktion ein Artikelgesetz) angekündigt (s. im Einzelnen Jaspers, Blog-Beitrag v. 3.2.2025, WRBLOG0002027). Nachdem bereits seit Mitte Februar inoffizielle Auszüge aus den Vorschlägen kursierten, hat die Kommission diese termingerecht am 26.2.2025 offiziell vorgelegt (vgl. EU-Kommission, Vereinfacht Vorschriften für Nachhaltigkeitsberichterstattung und EU-Investitionen: mehr als 6 Mrd. EUR an Entlastung beim Verwaltungsaufwand angestrebt, PM v. 26.2.2025).
Bevor im Folgenden ausgewählte Inhalte skizziert werden, empfiehlt es sich, sich einen Überblick über die einzelnen Bestandteile der Vorschläge zu verschaffen. In einer ersten Grobgliederung sind „Omnibus I“ und „Omnibus II“ zu unterscheiden, die aber ihrerseits jeweils nur Sammelbegriffe für eine Reihe von Änderungsrichtlinien sind. Während der Omnibus I die aus Sicht des Gesellschafts- bzw. Unternehmensrechts zentralen Änderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD und des supranationalen Lieferkettenregimes der CS3D sowie eine Anpassung der Mechanik des CO2-Grenzausgleichs beinhaltet, sieht der Omnibus II eine Stärkung des europäischen Investitionsfonds InvestEU vor. Im Einzelnen können die folgenden Bestandteile unterschieden werden:
Omnibus I bestehend aus:
- COM 2025 (80) – Änderungs-RL zur Änderung des (gestaffelten) Inkrafttretens von (i) CSRD EU 2022/2464 als Änderungs-RL zu Abschlussprüfer-VO EU 537/2014 und Bilanz-Richtlinie EU 2013/34 und (ii) Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD / CS3D) (EU) 2024/1760;
- COM 2025 (81) – Änderungs-RL zur Änderung materieller Bestimmungen der CSRD EU 2022/2464 und der CSDDD;
- Staff Working Document zu den beiden Änderungs-RL gemäß COM (2025) 80 und COM (2025) 81, in dem Kalkül und Inhalte der vorgeschlagenen Änderungen eingehender erläutert werden;
- in COM 2025 (80) und COM 2025 (81) implizit enthaltenen materiellen Änderungen der Taxonomie-VO, die sich insbesondere auch daraus ergeben, dass das Taxonomie-Reporting gemäß Art. 8 Taxonomie-VO seine Adressaten mittels Verweises auf Art. 19a, 29a Bilanz-RL bestimmt;
- Vorschlägen und Konsultationsdokumentation zur Verschlankung der auf Grundlage der Taxonomie-VO erlassenen Delegierten Verordnungen, die zur Kommentierung durch die Bereichsöffentlichkeit bis zum 26.3.2026 auf dem „Have your say“-Portal zur Verfügung stehen;
- COM (2025) 87 – Änderungen der CBAM-Verordnung, insbesondere hinsichtlich Anwendungsbereich und Berichtspflichten (VO (EU) 2023/956 v. 10.5.2023 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems); und
- COM (2025) 87 – Anlagen zur vorgeschlagenen Änderung der CBAM-VO durch COM (2025) 87 (enthaltend die Berechnungsformel zur dynamisierten Bestimmung des Anwendungsbereichs der CBAM-VO)
Omnibus II – bestehend aus:
- COM (2025) 84 – Änderungs-RL zur Erhöhung der Effizienz des EU-Investitionsvehikels InvestEU und zur Vereinfachung der zugehörigen Berichtspflichten durch Änderung von: 1. Verordnung (EU) 2021/523 (VO zur Einrichtung des Programms „InvestEU“); 2. Verordnung (EU) 2015/1017 (VO über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal); und 3. Verordnung (EU) 2021/695 (VO zur Einrichtung von „Horizont Europa“, dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, sowie über dessen Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse).
- Staff Working Document zu COM (2025) 87 mit Erläuterung der beabsichtigten Änderungen der supranationalen Förderlandschaft.
Zusätzlich hat die Kommission Q&As zu Omnibus I und Omnibus II veröffentlicht.
Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD
Einen ersten Schwerpunkt setzen die Omnibus-Vorschläge im Bereich der nichtfinanziellen bzw. Nachhaltigkeitsberichterstattung, u.a. auf nachfolgende Themenfelder:
- Beschränkung des Anwendungsbereichs des obligatorischen Sustainability Reporting: Berichtspflichtig sollen künftig allein große Unternehmen sein, die im Jahresdurschnitt mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigen. Als große Unternehmen i.d.S. sind entsprechend der allgemeinen handelsbilanziellen Terminologie Unternehmen anzusehen, die entweder Umsatzerlöse von EUR 50 Mio. oder aber eine Bilanzsumme von 25 Mio. EUR ausweisen (vgl. § 267 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 HGB).
Die in der dritten Welle vorgesehene größenunabhängige Erfassung aller „börsennotierten“ Gesellschaften, also solcher Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel an einem regulierten Markt in der EU oder dem EWG zugelassen sind, soll zur Gänze entfallen.
Nach den Schätzungen der Kommission würden mit dieser Neuvermessung des Anwendungsbereichs 80 % der bisher von der CSRD erfassten Unternehmen von der obligatorischen Nachhaltigkeitsberichterstattung befreit. - Schaffung eines freiwilligen Berichtsstandards: Quasi als Ausgleich für die erhebliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der obligatorischen Nachhaltigkeitsberichterstattung sieht der Omnibus die Schaffung eines am Proportionalitätsprinzip ausgerichteten und am Vorbild des VSME orientierten freiwilligen Standards vor, der eine Aufwertung durch offizielle Annahme mittels delegierter Verordnung erfahren soll (Art. 29ca Bilanz-RL-E).
Zusätzlich soll der freiwillige Berichtsstandard bei der Eindämmung des trickle-down bzw. Kaskadeneffekts in Liefer- bzw. Wertschöpfungsketten helfen. CS3D-pflichtige Unternehmen sollen im Rahmen der Kartierung der Wertschöpfungskette (value chain mapping) von Nicht-CSRD-Unternehmen nur die nach dem geplanten freiwilligen Berichtsformat (Art. 29ca Bilanz-RL-E) vorgesehenen Informationen anfordern dürfen (Art. 19a Abs. 3, 29a Abs. 3 Bilanz-RL-E), womit ein Rahmen zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit entsprechender informationsbegehren geschaffen wird. - Verzicht auf sektorspezifische Berichtsstandards: Die für 2026 avisierte Ergänzung der sog. sektoragnostischen ESRS, d.h. der unabhängig von Branche und Sektor des berichtenden Unternehmens geltenden Berichtsvorgaben, um kumulativ zu beachtende sektorspezifische Unterberichtsstandards (Art. 29b Abs. 3 UAbs. 2 ii) Bilanz-RL) soll vollständig entfallen.
- Beschränkung der Prüfungsintensität der Nachhaltigkeitsprüfung: Die in Art. 26a Abs. 3 Abschlussprüfer-RL vorgesehene schrittweise Schärfung der Intensität der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, mit der über das Zwischenstadium der limited assurance ein dem der Finanzberichterstattung vergleichbares Konfidenzniveau (reasonable assurance) erreicht werden soll, wird von festen Umsetzungsdaten befreit und im Übrigen weitgehend dem Ermessen der Kommission überantwortet.
Taxonomie-VO
- Einschränkung des Anwendungsbereichs der Berichtspflichten zur Taxonomie-Vereinbarkeit: Die kumulativ zum CSRD-Reporting zu erfüllenden Berichtspflichten gemäß Art. 8 Taxonomie-VO, nach denen anhand bestimmter KPI der Anteil nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten am Gesamtgeschäft zu melden ist, gelten für sämtliche CSRD-pflichtigen Unternehmen, entsprechend würde ihr Anwendungsbereich parallel zu dem der Nachhaltigkeitsberichterstattung signifikant eingeschränkt.
- Vorschläge für eine Änderung der Delegierten Verordnungen zur Taxonomie-VO (Offenlegung, Klima, Umwelt) werden bis zum 26.3.2026 der Bereichsöffentlichkeit zur Kommentierung auf dem „Have your say“-Portal zur Verfügung gestellt und auf dieser Grundlage finale Vorschläge erarbeitet.
- Die CSRD soll um ein optionales Taxonomie-Reporting unter weiteren Voraussetzungen ergänzt werden (Art. 19b, 29aa Bilanz-RL-E), womit die Schwächen des binären Ansatzes der Taxonomie-VO ausgeglichen werden sollen.
- Überarbeitung des „Do Not Significant Harm“-Kriteriums. Die Qualifizierung als nachhaltig i.S.v. Art. 3 Taxonomie-VO scheitert in der Praxis häufig am Tatbestandsmerkmal des Do Not Significant Harm (DNSH), wofür unter anderem auch Komplexität und Auslegungsunsicherheiten als Ursachen benannt werden. Die Vorschläge sehen diesbezüglich vor, dass die aufwändige Prüfung des DNSH-Kriteriums nur noch dann erforderlich sein soll, wenn die entsprechenden Wirtschaftsaktivitäten mindestens 10 % der taxonomierelevanten Key Performance Indicators (Umsatz, CapEx, OpEx) repräsentieren.
- Anpassung des Green Asset Ratio (GAR): Die methodisch fundierte und seit Langem erhobene Kritik am zentralen Leistungsindikator für den Finanzsektor, die darauf fußt, dass Zähler und Nenner der GAR unterschiedliche Bezugsgrößen besitzen, wird aufgegriffen.
Supranationales Lieferkettenregime gemäß CS3D
Als bemerkenswert wird man es bezeichnen dürfen, dass der Omnibus I auch für das europäische Lieferkettenregime nach der Richtlinie (EU) 2024/1760 noch vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten zum 26.7.2026 eine Reihe nicht unerheblicher Änderungen vorschlägt. Hervorzuheben sind insoweit:
- Keine unbefristete Aussetzung der CS3D: Festzuhalten ist vorab, dass die durchaus auch von prominenter Seite erhobene Forderung nach einer unbefristeten Aussetzung der CS3D abgelehnt wird, die Kommission bekräftigt damit ihr grundsätzliches Bekenntnis zu dem umstrittenen Rechtsakt.
- Verlängerung der Umsetzungsfrist: Die den Mitgliedstaaten eingeräumte Frist zur Umsetzung der CS3D in nationales Recht wird um ein Jahr auf den 26.7.2027 verlängert, womit den betroffenen Unternehmen etwas mehr Zeit eingeräumt wird, allfällige Vorbereitungsmaßnahmen umzusetzen. Unterstützung erfahren sie dabei auch insoweit, als die Herausgabe allgemeiner Due-Diligence-Leitlinien für die Kernpflichten der CS3D auf den 26.7.2026 vorverlagert werden soll (Art. 19 Abs. 2 lit. a) i.V.m. Abs. 3 CSDDD-E).
- Überarbeitung des CS3D-Pflichtenhefts: Im Zentrum der Omnibus-Vorschläge für die CS3D stehen entlastende Straffungen des Pflichtenhefts für die Wertschöpfungskette, u.a.:
- Hinsichtlich der Due-Diligence-Pflichten in der Wertschöpfungskette wird eine partielle Vollharmonisierung angeordnet, auch ein gold plating seitens der Mitgliedstaaten wird für Teile der Richtlinie ausdrücklich für unzulässig erklärt (Art. 4 CSDDD-E);
- Die Due-Diligence-Pflichten werden grundsätzlich auf- wie abwärts auf die nächste Vertriebs- bzw. Wertschöpfungsstufe, also unmittelbare Lieferanten bzw. Abnehmer begrenzt, mittelbare Lieferanten und Abnehmer sind nur (i) bei begründeten Verdachtsmomenten (plausible information that suggests that adverse impacts at the level of the operations have arisen or may arise) und dann, (ii) wenn die Mittelbarkeit einer Geschäftsbeziehung Ergebnis eines Gestaltungsmissbrauchs ist (an artificial arrangement that does not reflect economic reality), einer eingehenden Prüfung zu unterziehen (Art. 8 Abs. 2 lit. b) CSDDD-E);
- Parallel zum value chain cap der CSRD wird das Recht, gegenüber KMU mit weniger als 500 Arbeitnehmern Informationen zu verlangen, auf die Gegenstände des freiwilligen Reportings begrenzt, allerdings gilt diese Grenze nicht absolut, sondern darf bzw. muss bei begründetem Verdacht überschritten werden (Art. 8 Abs. 5 CSDDD-E),
- Die Verpflichtung, zwingend eine Geschäftsbeziehung vollständig zu beenden, wird aufgehoben, bestehen bleiben hingegen das temporäre Verbot einer Ausdehnung einer inkriminierten Lieferkettengeschäftsbeziehung bzw. deren zeitweise Aussetzung (Art. 10 Abs. 6 CSDDD-E),
- Die anlassunabhängige Risikobewertung von Lieferanten und Abnehmern soll nur noch in einem Turnus von fünf Jahren und nicht mehr jährlich erforderlich sein, soweit nicht im Einzelfall anlassbezogen ein Ad-Hoc-Assessment erforderlich ist (Art. 15 CSDDD-E).
Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Due-Diligence-Pflichten
Auch die Rechtsfolgenseite von Verstößen gegen die Due-Diligence-Pflichten soll neu geordnet werden:
- Die auch im Rahmen der parlamentarischen Diskussion des LkSG hoch umstrittene Anordnung einer zwingenden zivilrechtlichen Haftung (Art. 29 Abs. 1 CSDDD) soll ersatzlos gestrichen werden.
- Demgegenüber entspricht Art. 29 Abs. 1 CSDDD-E weitgehend dem aktuellen Art. 29 Abs. 2 CSDDD und ordnet unter Berücksichtigung der in Aussicht genommenen Streichung der zwingenden zivilrechtlichen Haftung an, dass – soweit eine Haftung nach nationalem Recht besteht – diese grundsätzlich volle Entschädigung erlauben muss, ohne allerdings gleichzeitig den Geschädigten zu überkompensieren, womit letztlich ein Verbot pönaler Elemente bei der Schadensbemessung festgesetzt wird.
- Das aktuell bestehende Verbandsklagerecht nach Art. 29 Abs. 3 lit. 3 CSDDD soll gleichfalls ersatzlos gestrichen werden.
Verzicht auf ein Sonderrechtsregime für Finanzunternehmen
- Die Ermächtigung zugunsten der Kommission, den Besonderheiten des Geschäftsmodells von Finanzunternehmen und ihrer Sonderrolle in der Wertschöpfungskette (keine eigentliche Wertschöpfungsstufe, Vermögensverwaltung mit Portfoliounternehmen etc.) durch ein Sonderrechtsregime Rechnung zu tragen (Art. 36 CSDDD), soll gestrichen werden.
Einschränkung des obligatorischen Stakeholder-Dialogs
- Schon im Grundsätzlichen einigermaßen fragwürdig verpflichtet die CS3D Unternehmen zu einem obligatorischen Dialog mit Stakeholdern/Interessenträgern (Art. 13 Abs. 1 CSDDD), wobei der Kreis der Stakeholder extrem weit gefasst ist (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. n CSDDD). Die Omnibus-Vorschläge halten am Instrument des Stakeholder-Dialogs fest, sehen aber zumindest richtige und wohl auch praktisch zwingend erforderliche Beschränkungen des Kreises der gesprächsberechtigten Institutionen und Akteure vor. Eine Konsultationspflicht soll nur noch gegenüber relevanten Stakeholdern bestehen, deren Interessen unmittelbar betroffen sein müssen.
Anpassungen des CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM/Carbon Border Adjustment Mechanism)
- Der Anwendungsbereich des zum Schutz der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung bzw. zur Verhinderung von Regulierungsarbitrage, insbesondere in Form der sog. Carbon Leakage, etablierten CO2-Grenzausgleichs wird durch Einführung einer dynamischen Formel zur Bestimmung der erfassten Importeure bzw. Einführer signifikant eingeschränkt.
- Nach Art. 2 Abs. 3a CBAM-VO-E i.V.m. Anlage VII werden die betroffenen Einführer nur noch mittelbar und im Zeitablauf dynamisch bestimmt. Die optisch ansprechend formulierte Formel kann dahingehend zusammengefasst werden, dass so viele Einführer erfasst werden, dass mindestens 99 % der importierten CO2-Emissionen erfasst sind, also das Verhältnis aus erfassten importierten Emissionen und importierten Gesamtemissionen mindestens 99 % beträgt. Diese direkte Ansteuerung der Zielgröße ist einerseits theoretisch überzeugend, wird allerdings erst noch in der Praxis zu beweisen haben, ob sie nicht mit erheblichen Planungsunwägbarkeiten für Einführer verbunden ist.
- Neben dieser grundsätzlichen Änderung der Grenzausgleichsmechanik sehen die Vorschläge zudem eine Reihe von Vereinfachungen des Verfahrens sowie hinsichtlich der bestehenden Berichtspflichten vor.
- Verschärfte Missbrauchsbekämpfung: Während die Omnibus-Vorschläge rechtstreuen Einführern durch erhebliche Erleichterungen entgegenkommen, soll gleichzeitig die Effektivität des Grenzausgleiches durch verstärkte Bemühungen im Kampf gegen Missbrauch und Umgehungen abgesichert werden.
Schaffung zusätzlicher Investitionskapazitäten durch Stärkung des InvestEU (Omnibus II)
- Neben den vorstehenden marktordnungsrechtlichen Maßnahmen enthalten die Omnibus-Vorschläge auch eher dem Bereich der Industriepolitik zuzurechnende Vorschläge in Gestalt einer Stärkung des Investitionsfonds InvestEU.
- Vereinfacht sollen Erträge bzw. Rückflüsse aus älteren Investitionsinstrumenten der Europäischen Union dem aktuell zentralen Investitionsfonds InvestEU gemäß Verordnung (EU) 2021/523 zur Verfügung gestellt werden, um die Ausreichung weiterer direkter europäischer Investitionshilfen sowie von Garantien durch InvestEU zu ermöglichen. Die Kommission erhofft sich durch die Aufstockung der Finanzmittel von InvestEU ein zusätzliches Gesamtinvestitionsvolumen (unter Berücksichtigung der Beiträge von Privatrechtsakteuren) von 50 Mrd. EUR.
Ausblick
Entgegen dem in der Rezeption, aber auch der Begleitkommunikation der Kommission hervorgerufenen Eindruck wird man sich zunächst in Erinnerung zu rufen haben, dass es sich bei Omnibus I und II bisher um bloße Gesetzesinitiativen der Kommission handelt, die den regelmäßig steinigen Weg durch Trilog mit Rat und vor allem Parlament noch vor sich haben. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die CSRD. So bleibt zunächst die Pflicht zur Umsetzung der CSRD für den deutschen Gesetzgeber bestehen. Auch Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der lex lata, nicht aber den der Bilanz-RL in der Fassung des Omnibus I fallen würden, können gegenwärtig (noch) nicht mit Sicherheit darauf vertrauen, durch schnelle Umsetzung keiner CSRD-Berichterstattung zu unterliegen.
Insgesamt gehen die Ideen der Kommission nach hier vertretener Ansicht in die richtige Richtung, auch wenn die euphemistische Kommunikation der Kommission nicht zu verdecken mag, dass Gegenstand des Omnibusses in weiten Teilen die Rücknahme von Rechtsakten ist, die erst unlängst, teilweise erst in 2024 beschlossen worden sind. Die doch recht hektisch eingeführte und umfassende angelegte Nachhaltigkeitsregulierung hat bereits jetzt eine kaum beherrschbare Komplexität erreicht; allein die Kenntnis des einschlägigen Normenbestandes dürfte nur noch von Experten leistbar sein. Als Manko wird man es allerdings bezeichnen dürfen, dass sich der Omnibus stark auf das Instrument der Einschränkung des Anwendungsbereichs zurückzieht. Man vermisst eine stringente Nachschärfung des Rechtsregimes für die betroffenen Unternehmen, die am Paradigma der decision usefulness orientiert wäre. Allerdings durfte man dies auch kaum erwarten, wird man im Omnibus doch vor allem auch eine kurzfristige Reaktion auf die (späte) Erkenntnis sehen müssen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Union erheblich zurückgegangen ist und man deshalb – auch aus psychologischen Motiven – kurzfristig ein deutliches Signal setzen wollte.