Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Zuweisungsgehalt eines Wohnungsrechts.

Kein Wertersatz für Nutzung einer Wohnung unter Verletzung eines Wohnungsrechts
BGH, Urteil vom 23. März 2023 – V ZR 113/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit dem Rechtsverhältnis zwischen dem Inhaber eines Wohnungsrechts und dem Grundstückseigentümer.

Die Parteien sind Geschwister. Ihre im Jahr 2003 verstorbene Mutter hatte dem Beklagten im Jahr 1976 ein Grundstück übertragen und sich an der Wohnung im Untergeschoss ein im Grundbuch eingetragenes Wohnungsrecht zugunsten ihrer selbst und der Klägerin vorbehalten. Die Klägerin und ihre Mutter haben dieses Recht nie ausgeübt. Ab den 90er Jahren vermietete der Beklagte die Wohnung an Dritte. Im Jahr 2011 bezog er sie selbst. Im Jahr 2020 wurde er auf Antrag der Klägerin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Nunmehr verlangt die Klägerin Nutzungsersatz für den Zeitraum von Januar 2017 bis zum Auszug. Die Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg. Das OLG wies sie in vollem Umfang ab.

Die Revision der Klägerin bleibt erfolglos.

Der Beklagte war und ist zur Nutzung der Wohnung allerdings nicht berechtigt. Aus dem Grundbuch geht zwar nicht hervor, dass das eingetragene Recht zur Nutzung unter Ausschluss des Eigentümers berechtigt, wie dies § 1093 BGB für ein Wohnungsrecht vorsieht. Aus der Bezeichnung als Wohnungsrecht ergibt sich im Zweifel aber auch ohne ausdrückliche Bestimmung, dass nur der Inhaber des Rechts zur Nutzung berechtigt ist. Anhaltspunkte dafür, dass im Streitfall abweichend hiervon nur ein Recht zur Mitnutzung (ein so genanntes Wohnnutzungsrecht als besondere Ausprägung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit) bestellt worden ist, sind nicht ersichtlich.

Dennoch stehen der Klägerin wegen der Nutzung der Wohnung durch den Beklagten keine Bereicherungsansprüche zu. Der Beklagte hat die Wohnung zwar ohne rechtlichen Grund genutzt. Er hat diesen Vorteil aber nicht auf Kosten der Klägerin erlangt. Der der Inhaber eines Wohnungsrechts ist nicht berechtigt, die Wohnung zur Nutzung an Dritte zu überlassen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Eigentümer, der die Wohnung unbefugt vermietet, aus diesem Grund nicht zur Herausgabe der erlangten Miete verpflichtet. Aus demselben Grund scheidet auch ein Anspruch auf Herausgabe erlangter Vorteile durch eigene Nutzung aus.

Ein Herausgabeanspruch kann auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 987 ff. BGB hergeleitet werden. Diese Vorschriften sind auf das Verhältnis zwischen dem Inhaber eines Wohnungsrecht und dem Eigentümer des Grundstücks nicht anwendbar, weil dem Wohnungsberechtigten die Nutzung der Wohnung nicht uneingeschränkt zusteht.

Praxistipp: Die unbefugte Nutzung begründet einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB. Ein ersatzfähiger Schaden kann insbesondere vorliegen, wenn der Wohnungsberechtigte aufgrund des schädigenden Verhaltens Mehraufwendungen tätigen musste, um seinen Wohnbedarf zu decken.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Verwertung eines Wohnungsrechts.

Pfändbarkeit eines Wohnungsrechts am eigenen Grundstück
BGH, Beschluss vom 2. März 2023 – V ZB 64/21

Der V. Zivilsenat stellt klar, dass ein zugunsten des Insolvenzschuldners eingetragenes Wohnungsrecht am eigenen Grundstück stets in die Insolvenzmasse fällt.

Der spätere Insolvenzschuldner übertrug im Jahr 2006 ein ihm gehörendes Grundstück an eine GbR, die er zusammen mit einer weiteren Gesellschafterin gegründet hatte. Vor der Übertragung bewilligte er zu seinen Gunsten ein Wohnungsrecht. Dieses wurde zusammen mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch eingetragen.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2009 nahm der Insolvenzverwalter die GbR im Wege der Insolvenzanfechtung erfolgreich auf Rückgewähr des Grundstücks in Anspruch. Auf seinen Antrag wurde der Insolvenzschuldner wieder als Eigentümer eingetragen und das Wohnungsrecht gelöscht. Die gegen die Löschung des Wohnungsrechts gerichtete Beschwerde des Insolvenzschuldners blieb ohne Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde des Insolvenzschuldners hat ebenfalls keinen Erfolg.

Der BGH bestätigt alte Rechtsprechung, dass die Bestellung eines Wohnungsrechts zugunsten des Eigentümers des betroffenen Grundstücks zulässig ist, obwohl dies nicht dem gesetzlichen Leitbild entspricht, und dass die Wirksamkeit der Bestellung nicht davon abhängt, ob im Einzelfall ein berechtigtes Interesse an einer solchen Gestaltung besteht.

Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild hat allerdings zur Folge, dass der Eigentümer die Pfändbarkeit des Wohnungsrechts nicht ausschließen kann. Ein Wohnungsrecht ist wie jede persönliche Dienstbarkeit gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht übertragbar. Gemäß § 857 Abs. 3 ZPO sind solche Rechte nur insoweit pfändbar, als ihre Ausübung einem anderen überlassen werden kann. Letzteres ist bei Dienstbarkeiten gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB nur zulässig, wenn der Eigentümer dies gestattet. Dieses Gestattungserfordernis dient dem Schutz des Eigentümers bei einer Dienstbarkeit zugunsten eines anderen. Wenn der Eigentümer selbst der Berechtigte der Dienstbarkeit ist, muss er sich stets so behandeln lassen, als habe er die Gestattung erteilt – selbst dann, wenn er die Überlassung der Ausübung an Dritte in der Bestellungsurkunde ausdrücklich ausgeschlossen hat.

Folge der Pfändbarkeit ist, dass das Wohnungsrecht gemäß § 35 Abs. 1 InsO zu Insolvenzmasse gehört und vom Insolvenzverwalter verwertet werden darf. Die Verwertung darf zwar nicht durch Veräußerung des Rechts erfolgen, wohl aber durch dessen Löschung, etwa zu dem Zweck, das von der Belastung frei gewordene Grundstück zu veräußern.

Die Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters besteht unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Vereinigung von Eigentum und Wohnungsrecht in einer Person eingetreten ist. Deshalb steht der Verwertungsbefugnis im Streitfall nicht entgegen, dass bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keine Personenidentität bestanden hat.

Praxistipp: Ein Insolvenzverwalter, der die Übertragung eines Grundstücks erfolgreich im Wege der Insolvenzanfechtung angreift, kann vom Gegner die Rückübertragung des Grundstücks an den Schuldner verlangen und das Grundstück sodann als Teil der Insolvenzmasse verwerten (BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 – IX ZR 153/15, MDR 2016, 1230 Rn. 24; Urteil vom 22. März 1982 – VIII ZR 42/81, WM 1982, 674, juris Rn. 8).

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Diese Woche geht es um die Beweislast für die Ursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung für den Eintritt eines Schadens.

Schadensursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung
BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 – III ZR 210/21

Der III. Zivilsenat befasst sich mit der Beweislast hinsichtlich der Frage, wie sich ein Dritter bei pflichtgemäßem Verhalten des in Anspruch genommenen Notars verhalten hätte.

Die als Leasinggeberin tätige Klägerin erhielt die Anfrage einer GmbH zur Finanzierung einer Digitaldruckmaschine für 129.000 Euro. Die Klägerin genehmigte die Finanzierung unter der Auflage, dass der Geschäftsführer der GmbH als Bürge eintritt und dass eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro bestellt wird. Die GmbH schloss daraufhin den Kaufvertrag mit der Verkäuferin ab und reichte bei der Klägerin ein Formular ein, in dem sie den Abschluss eines Leasingvertrags anbot. Nach Lieferung der Maschine erklärte die Klägerin die Übernahme des Kaufvertrags und die Annahme des Leasingvertrags.

Eigentümer des betroffenen Grundstücks war der Sohn des Geschäftsführers. Dieser ließ kurz nach dem Abschluss der Verträge beim Beklagten seine Unterschrift auf einer von der Klägerin vorbereiteten Zweckerklärung beglaubigen. Der Beklagte sandte eine Kopie dieser Erklärung sowie eines Eintragungsersuchens an das Grundbuchamt an die Klägerin. Im Begleitschreiben teilte er mit, er habe die „beiliegende Grundschuldbestellungsurkunde“ beim Amtsgericht eingereicht. Nach dieser Mitteilung zahlte die Klägerin den Kaufpreis an die Verkäuferin der Druckmaschine.

In der Folgezeit wies das Amtsgericht den Eintragungsantrag zurück, weil lediglich die Zweckerklärung vorliege, nicht aber eine Eintragungsbewilligung. Der Beklagte entwarf daraufhin eine Grundschuldbestellungsurkunde und bat den Grundstückseigentümer, diese zu unterschreiben. Dieser lehnte ab.

Wenige Monate später starb der Geschäftsführer der Leasingnehmerin. Im weiteren Verlauf fiel die Leasingnehmerin in Insolvenz. Eine auf die Zweckerklärung gestützte Klage gegen den Sohn blieb erfolglos. Nunmehr begehrt die Klägerin vom beklagten Notar Ersatz von 100.000 Euro, weil dieser es versäumt habe, schon bei der Beglaubigung der Zweckerklärung eine Grundschuldbestellungsurkunde zu erstellen und ebenfalls zu beglaubigen, und weil er die Klägerin durch die unzutreffende Auskunft zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst habe.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Der Beklagte hat allerdings seine Amtspflichten verletzt, weil er bei der Beglaubigung der Zweckerklärung nicht geprüft hat, ob alle für die Bestellung der Grundschuld erforderlichen Unterlagen vorliegen.

Entgegen der Auffassung des OLG liegt die Beweislast hinsichtlich der Frage, ob der Grundstückseigentümer die Grundschuldbestellungsurkunde bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten unterschrieben hätte, nicht beim Beklagten, sondern bei der Klägerin.

Ein Notar trägt allerdings die Beweislast für eine zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führende hypothetische andere Schadensursache, wenn er schon durch die pflichtwidrige Beurkundung eines Vertrags einen Schaden verursacht hat. Im Streitfall ist der geltend gemachte Schaden nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht durch eine Beurkundung oder Beglaubigung entstanden, sondern dadurch, dass der Beklagte pflichtwidrig von einer Beglaubigung abgesehen hat. In dieser Konstellation betrifft die Frage, ob es bei pflichtgemäßem Verhalten zu der Beglaubigung gekommen wäre, den haftungsbegründenden Ursachenzusammenhang. Die Beweislast dafür liegt beim Anspruchsteller.

Ein Ersatzanspruch lässt sich auch nicht auf die unzutreffende Mitteilung des Beklagten in dem an die Klägerin übersandten Begleitschreiben stützen. Die Klägerin hat den Kaufpreis zwar im Vertrauen auf die darin enthaltene Mitteilung bezahlt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Grundschuld vorliegen. Sie wäre aber ohnehin zur Zahlung verpflichtet gewesen, weil sie den Leasingvertrag bereits abgeschlossen hatte, ohne dessen Wirksamkeit von der Bestellung der Grundschuld abhängig zu machen.

Praxistipp: Um die Beweislage zu verbessern, sollte der Ersatzanspruch möglichst auf Pflichtverletzungen gestützt werden, die ohne weiteres zum Eintritt des Schadens geführt haben. Der Streitfall zeigt indes, dass dies nicht immer möglich ist.

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Diese Woche geht es um die Folgen eines lange zurück liegenden Verstoßes gegen ein im Grundbuch eingetragenes Bauverbot.

Erlöschen einer Grunddienstbarkeit durch Verjährung des Beseitigungsanspruchs
BGH, Urteil vom 20. Januar 2023 – V ZR 65/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit der Reichweite des § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks der Beklagten ist im Grundbuch des Grundstücks der Klägerin seit über hundert Jahren ein Bauverbot als Grunddienstbarkeit eingetragen. Auf dem Grundstück der Klägerin wurde 1963 ein als Autohaus errichteter Gebäudekomplex mit Erd- und Obergeschoss errichtet. Die Klägerin ließ das Gebäude im Jahr 2019 abreißen. Sie möchte auf dem Grundstück ein Wohnhaus mit Keller, Erdgeschoss und fünf Obergeschossen errichten.

Das LG hat die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, die Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen, soweit diese einer Bebauung mit der Grundfläche und Höhe des inzwischen abgerissenen Gebäudes entgegensteht. Das OLG hat die Beklagten verurteilt, die vollständige Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Entgegen der Auffassung des OLG ist die Grunddienstbarkeit nicht vollständig erloschen.

Der Anspruch auf Beseitigung des im Jahr 1963 errichteten Gebäudes unterlag allerdings gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB der Verjährung. Die Verjährungsfrist von dreißig Jahren ist vor dem Abriss des Gebäudes abgelaufen. Dies hatte gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Folge, dass die Grunddienstbarkeit erloschen ist, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch stand. Hieran hat sich durch den Abriss des Gebäudes nichts geändert.

Die Grunddienstbarkeit ist aber nur in dem Umfang erloschen, in dem sie beeinträchtigt war. Im Streitfall können die Beklagten mithin eine Bebauung mit der Grundfläche und Höhe des im Jahr 1963 errichteten Gebäudes nicht mehr verbieten. Eine weitergehende Bebauung ist der Klägerin aber weiterhin verwehrt.

Praxistipp: Wenn das herrschende Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt ist, steht das Eigentum daran und damit auch eine Grunddienstbarkeit nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, sondern den einzelnen Wohnungseigentümern als Mitberechtigten. Die Löschungsklage ist mithin gegen die einzelnen Eigentümer zu richten.

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Der Montagsblog meldet sich nach längerer Pause zurück. Diese Woche geht es um eine eher entlegene Materie, die allgemeine Fragen zu den Voraussetzungen einer Analogie aufwirft.

Vergütung des Zwangsverwalters bei Fortführung eines Betriebs
BGH, Beschluss vom 11. Januar 2023 – V ZB 23/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit § 18 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV).

Der Beteiligte zu 1 ist seit 2018 als Zwangsverwalter eingesetzt. Er führt seither den Betrieb eines auf dem Grundstück eingerichteten Biomassekraftwerks. Für das Jahr 2020 begehrt er eine Vergütung in Höhe von rund 240.000 Euro. Dies entspricht 12 % der in diesem Jahr erzielten Einnahmen zuzüglich 2,4 % des Werts von entstandenen, aber nicht eingezogenen Forderungen.

Das AG hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Auf die Beschwerde der Grundstückseigentümerin und der Gläubigerin hat das LG diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur Festsetzung einer nach Zeitaufwand zu berechnenden Vergütung an das AG zurückverwiesen.

Die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Beschwerde der Schuldnerin ist allerdings als unzulässig zu verwerfen, weil über ihr Vermögen schon bei Einlegung des Rechtsmittels das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Dieses führt zwar nicht zur Unterbrechung des bereits zuvor angeordneten Zwangsverwaltungsverfahrens. Die Befugnis zur Beteiligung an diesem Verfahren geht aber vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über.

Der BGH tritt dem LG jedoch darin bei, dass die zulässige Beschwerde der Gläubigerin begründet ist.

Die Zwangsverwalterverordnung sieht eine an den Einnahmen orientierte Vergütung in § 18 Abs. 1 ZwVwV nur für den Fall der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks vor, nicht aber für den Fall der Weiterführung eines auf dem Grundstück eingerichteten Betriebs. Mangels besonderer Regelungen ist diese Tätigkeit gemäß der Auffangregel in § 19 Abs. 1 ZwVwV nach Zeitaufwand zu vergüten. Der Stundensatz beträgt mindestens 35 und höchstens 95 Euro.

Anders als das AG sieht der BGH keine planwidrige Regelungslücke. Schon vor Erlass der Verordnung wurde die Fortführung eines Betriebs durch den Zwangsverwalter verbreitet als zulässig angesehen. Der Verordnungsgeber hat eine an den Einnahmen orientierte Vergütung dennoch nur für den Fall der Vermietung oder Verpachtung vorgesehen. Dass die Zulässigkeit einer Betriebsfortführung erst später höchstrichterlich geklärt wurde und dass ein Insolvenzverwalter in vergleichbarer Lage eine an den Einnahmen orientierte Vergütung erhält, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung. Die bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers ist zu respektieren.

Praxistipp: Eine Beschwerde des Schuldners im Zwangsverwaltungsverfahren bleibt zulässig, wenn über sein Vermögen nach Einlegung des Rechtsmittels das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Befugnis zur Beteiligung am Verfahren geht auch in diesem Fall auf den Insolvenzverwalter über.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit eines anderweit anhängigen Rechtsstreits.

Vorgreiflichkeit bei Streit um vormerkungsgesicherten Anspruch
BGH, Beschluss vom 22. September 2022 – V ZB 22/21

Der V. Zivilsenat befasst sich mit den Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 ZPO und der Reichweite der Rechtskraft.

Die Klägerin hat im Jahr 2018 ein Grundstück erworben. Noch vor ihrer Eintragung als Eigentümerin wurde zugunsten der beiden Beklagten aufgrund einer einstweiligen Verfügung eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung eines Nießbrauchs am Grundstück eingetragen. Die Klägerin klagt vor dem AG auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung. Sie macht geltend, sie habe das Grundstück gutgläubig lastenfrei erworben; zudem bestehe der gesicherte Anspruch nicht.

In einem parallel geführten Rechtstreit vor dem LG klagen die hiesigen Beklagten gegen den früheren Eigentümer des Grundstücks auf Zustimmung zur Eintragung des Nießbrauchs. Das AG hat das Verfahren gemäß § 148 Abs. 1 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits ausgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist erfolglos geblieben.

Der BGH verweist die Sache an das AG zurück.

Die Voraussetzungen des § 148 Abs- 1 ZPO liegen nicht vor, weil die Entscheidung in dem Rechtsstreit vor dem LG für das vorliegende Verfahren nicht vorgreiflich ist. Die vom LG zu entscheidende Frage, ob der gegen den früheren Eigentümer gerichtete Anspruch auf Einräumung eines Nießbrauchs besteht, ist im vorliegenden Rechtsstreit zwar entscheidungserheblich. Eine Entscheidung des LG über diese Frage ist aber nur für die Parteien jenes Prozesses bindend, also für die hiesigen Beklagten und den früheren Eigentümer des Grundstücks, nicht aber für die hiesige Klägerin.

Eine Aussetzung allein aus Gründen der Prozessökonomie ist nach § 148 Abs. 1 ZPO nicht zulässig.

Praxistipp: Für den Erwerber könnte es sich in solchen Situationen empfehlen, dem früheren Eigentümer dem Streit zu verkünden, um zumindest die Regressmöglichkeit für den Fall abzusichern, dass die Vormerkung gelöscht, der Anspruch auf Einräumung des Nießbrauchs aber bejaht wird.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die richtige Antragsfassung bei einer Klage auf Berichtigung des Grundbuchs nach Eintragung eines unwirksamen Eigentümerwechsels und um die erforderliche Form einer Anschlussberufung.

Angabe des Berechtigten im Grundbuch
BGH, Beschluss vom 16. September 2022 – V ZR 151/21

Der V. Zivilsenat befasst sich mit den formalen Anforderungen an einen Antrag auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und an eine Anschlussberufung.

Der im Laufe des Berufungsverfahrens verstorbene und von den jetzigen Kläger beerbte Erblasser verlangte die Rückübereignung eines von ihm an den Beklagten veräußerten Grundstücks wegen Geschäftsunfähigkeit bei Abschluss des Vertrags. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. In der Berufungsverhandlung änderten die Kläger auf gerichtlichen Hinweis ihren Antrag dahin, dass der Beklagte verurteilt wird, seine Löschung als Eigentümer zu bewilligen. Das OLG wies die Berufung des Beklagten mit dieser Maßgabe zurück.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Der neue Antrag der Kläger ist schon wegen eines Formmangels unzulässig. Da der Erblasser in erster Instanz vollständig obsiegt hatte, war eine Änderung des Klageantrags in zweiter Instanz nur im Rahmen einer Anschlussberufung zulässig. Eine Anschlussberufung ist im Streitfall zwar nicht an eine Frist gebunden, weil das OLG die für einen Fristbeginn erforderlichen Belehrungen nicht erteilt hat. Sie hätte aber durch einen Anwaltschriftsatz eingelegt werden müssen. Die Erklärung zu Protokoll reicht nicht aus. Dieser Mangel unterliegt nicht der Heilung nach § 295 ZPO.

Der in zweiter Instanz gestellte Antrag der Kläger ist darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil das Grundbuch stets Auskunft darüber geben muss, wer Inhaber eines dort eingetragenen Rechts ist. Die Kläger dürfen mithin nicht allein die Löschung des Beklagten als Eigentümer verlangen. Sie müssen vielmehr angeben, wer stattdessen als Eigentümer eingetragen werden soll. Das Berufungsgericht wird den Klägern nach Zurückverweisung Gelegenheit geben müssen, ihren Antrag entsprechend anzupassen.

Praxistipp: Eine Klage auf Rückabwicklung wegen Geschäftsunfähigkeit gerichtete sollte in erster Linie auf Grundbuchberichtigung und allenfalls hilfsweise auf Rückauflassung gerichtet werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im 250. Montagsblog geht es um die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis eines Kaufmangels zum Ausschluss der Gewährleistungsrechte führt.

Kenntnis eines Mangels bei Genehmigung eines ohne Vollmacht geschlossenen Kaufvertrags
Urteil vom 6. Mai 2022 – V ZR 282/20

Mit dem nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte kaufte von der Drittwiderbeklagten ein bislang als Bürogebäude genutztes Objekt. Der Kläger wirkte an der Veräußerung als Makler mit. In einem vor Vertragsschluss übersandten Exposé hieß es, eine Umnutzung in Wohnraum sei problemlos möglich; so könnten zum Beispiel auf einer vermietbaren Fläche von ca. 1703,57 m² Studentenwohnungen entstehen.

Beim Abschluss des notariellen Kaufvertrags am 3. April 2019 traten für beide Vertragsparteien vollmachtlose Vertreter auf. Die Drittwiderbeklagte genehmigte den Vertragsschluss kurz danach. Am 15. April ließ die Beklagte ihre Genehmigungserklärung notariell beglaubigen. Spätestens am 6. Mai erfuhr sie, dass die Wohnfläche nur 1412,41 m² beträgt. Am 29. Mai übersandte sie dem beurkundenden Notar die Genehmigungserklärung. Dabei behielt sie sich die Geltendmachung von Rechten wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand vor.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Maklerprovision in Höhe von rund 95.000 Euro. Die Beklagte verlangt vom Kläger und von der Drittwiderbeklagten wegen der zu geringen Fläche Schadensersatz in Höhe von rund 400.000 Euro. Das LG gab dem Kläger und der Drittwiderbeklagten recht. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Die Revision der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das OLG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, der Beklagten aber keine Gewährleistungsansprüche zustehen, weil sie die Flächenabweichung bei Abgabe ihrer Genehmigungserklärung gekannt hat.

Nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn der Käufer diesen Mangel bei Vertragsschluss kennt. Maßgeblich hierfür ist nicht der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Käufer die Erklärung abgegeben hat, die ihn an den Vertrag bindet. § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht auf der Wertung, dass ein Käufer nicht sehenden Auges einen mangelhaften Gegenstand kaufen darf, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen. Im Streitfall hat sich die Beklagte nicht schon durch die Beglaubigung ihrer Genehmigungserklärung an den Vertrag gebunden, sondern erst mit der Abgabe dieser Erklärung durch Übersendung an den beurkundenden Notar. Ihr stehen folglich keine Gewährleistungsansprüche zu, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits von der Flächenabweichung wusste.

Praxistipp: Ein Käufer, der von dem Mangel erst erfahren hat, nachdem er ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hatte, verliert seine Gewährleistungsansprüche auch dann nicht, wenn der Verkäufer das Angebot erst nach Erlangung der Kenntnis annimmt.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen für die wirksame Eintragung eines Rechts zum Verweilen auf einem Grundstück

Grunddienstbarkeit für Verweilrecht
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Anforderungen aus § 873 Abs. 1 und den Grenzen des § 874 Satz 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks, das zu einer im Rechteck angeordneten Wohnsiedlung gehört. Der Beklagten gehört das in der Mitte der Anlage gelegene Grundstück, das mit einem Blockheizkraftwerk bebaut ist und im Übrigen als Grünfläche genutzt wird. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer der umliegenden Grundstücke ist im Grundbuch ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen. In der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ist vorgesehen, dass die Berechtigten das belastete Grundstück zum Verweilen, zum Gehen und Befahren mit Zweirädern und Handkarren und zum Verlegen, Haben und Unterhalten von Ver- und Entsorgungsleitungen mitbenutzen dürfen. Die Beklagte beabsichtigt, das belastete Grundstück mit vier Reihenhäusern zu bebauen. Dagegen wenden sich die Kläger im Wege der Unterlassungsklage.

Die Klage war in den beiden ersten Instanzen erfolgreich.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Recht zum Verweilen, d.h. zum Aufenthalt und zum beliebigen Hin- und Hergehen auf dem dienenden Grundstück kann gemäß § 1018 BGB zulässiger Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Der Inhalt eines solchen Rechts bleibt hinter dem Inhalt eines Nießbrauchs zurück, weil es keine umfassende Nutzung erlaubt.

Damit das Recht wirksam entsteht, muss die Berechtigung zum Verweilen gemäß § 873 Abs. 1 BGB aus der Eintragung im Grundbuch hervorgehen. Eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 874 Satz 1 BGB reicht nur aus, soweit es um nähere Einzelheiten geht. Der wesentliche Inhalt des Benutzungsrechts muss hingegen zumindest schlagwortartig aus dem Grundbuch selbst hervorgehen.

Im Streitfall reichen die im Grundbuch eingetragenen Schlagwörter (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) zur Charakterisierung als Verweilrecht nicht aus. Ein Geh- und Fahrrecht begründet lediglich die Berechtigung, das Grundstück zu überqueren, nicht aber, darauf zu verweilen oder beliebig hin- und herzugehen. Ein Verweilrecht ist deshalb nicht wirksam entstanden.

Das OLG muss nach der Zurückverweisung prüfen, ob die geplante Bebauung die Grunddienstbarkeit in ihrem wirksam gewordenen Umfang beeinträchtigt.

Praxistipp: Wenn sich die Eintragung als unzureichend erweist, ist derjenige, der sich vertraglich zur Einräumung der Grunddienstbarkeit verpflichtet hat, grundsätzlich zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Eintragung verpflichtet. Ein späterer Erwerber des belasteten Grundstücks ist an eine solche Vereinbarung grundsätzlich nicht gebunden.

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Diese Woche geht es um den Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Löschung einer vormerkungswidrigen Eintragung im Grundbuch

Verjährung des Anspruchs aus einer Vormerkung
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Im Februar 2001 wurde zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in ein Wohnungsgrundbuch eingetragen. Rund fünf Monate später ließ die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Zwangssicherungshypothek eintragen. Nochmals rund acht Monate später wurde der Kläger als Eigentümer der Wohnung eingetragen. Mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage begehrt er die Zustimmung zur Löschung der Hypothek und Ersatz von Schäden durch Verzögerungen beim Weiterverkauf der Wohnungen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte die Beklagte antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil sich das OLG nur mit dem Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB befasst hat, nicht aber mit dem Anspruch, dessen Sicherung die eingetragene Vormerkung dient. Als gesicherter Anspruch kommt im Streitfall ein Anspruch gegen den früheren Eigentümer aus dem mit diesem geschlossenen Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung des Eigentums an der Wohnung in Betracht. Ein solcher Anspruch ist nicht vollständig erfüllt, solange die Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist. Die Beklagte hat aber geltend gemacht, der Kaufvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Diesem Vorbringen ist das OLG nicht nachgegangen.

Das wirksame Bestehen eines Anspruchs auf lastenfreie Übertragung ist entscheidungserheblich. Die Klage scheitert gegebenenfalls nicht an der erhobenen Verjährungseinrede.

Ob und in welcher Frist der Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB verjährt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH wendet § 902 Abs. 1 BGB entsprechend an, wonach Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen.

Wegen des akzessorischen Charakters einer Vormerkung darf der aus § 888 Abs. 1 BGB Verpflichtete die Erfüllung des Anspruchs allerdings verweigern, wenn der gesicherte Anspruch verjährt ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der Schuldner dieses Anspruchs auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet, lässt der BGH offen. Im Streitfall ist ein gegen den Verkäufer bestehender Anspruch auf Beseitigung von Rechtsmängeln weder nach dem bis 31.12.2001 noch nach dem jetzt geltenden Recht verjährt. Nach altem Recht unterlagen Ansprüche auf Beseitigung von Rechtsmängeln der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Nach neuem Recht verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 196 BGB zwar schon in zehn Jahren. Ansprüche auf Beseitigung eines Rechtsmangels verjähren aber gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BGB in dreißig Jahren, wenn der Rechtsmangel in einem im Grundbuch eingetragenen Recht besteht.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des gesicherten Anspruchs obliegt auch nach der Eintragung der Vormerkung dem Vormerkungsberechtigten.