Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Rückgabe einer nicht bestellten Leistung.

Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung
BGH, Urteil vom 26. September 2023 – XI ZR 98/22

Der XI. Zivilsenat befasst sich mit der Auslegung von § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB.

Im März 2019 überwies die klagende Bank 3.490 Euro auf ein gemeinsames Konto des Beklagten und dessen damaliger Ehefrau. Aus Sicht der Klägerin erfolgte die Zahlung auf der Grundlage eines Darlehensvertrags. Diesen Vertrag hatte die damalige Ehefrau des Beklagten unter dessen Namen, aber ohne dessen Wissen geschlossen. Im weiteren Verlauf erfolgten Teilzahlungen in Höhe von rund 1.050 Euro.

Die Klage auf Rückzahlung des Restbetrags von rund 2.440 Euro war in erster Instanz erfolgreich, nicht aber in der Berufungsinstanz.

Der Bundesgerichtshof stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Der Beklagte ist durch die Zahlung auf das gemeinsame Konto bereichert worden. Dies erfolgte ohne Rechtsgrund. Der in seinem Namen, aber ohne sein Wissen geschlossene Vertrag ist unwirksam. Die damalige Ehefrau war nicht bevollmächtigt. Der Beklagte hat den Vertragsschluss nicht genehmigt. Er hat auch nicht die erfolgten Teilzahlungen veranlasst.

Entgegen der Auffassung des OLG ist der auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützte Rückzahlungsanspruch nicht nach § 241a BGB ausgeschlossen. Der Beklagte hat die Leistung zwar nicht bestellt. Es greift aber der Ausnahmetatbestand des § 241a Abs. 2 BGB. Die Leistung erfolgte in der irrigen Vorstellung einer Bestellung. Der Beklagte hat dies zwar nicht erkannt. Er muss sich aber entsprechend § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner damaligen Ehefrau zurechnen lassen, weil er dieser die Erledigung der finanziellen Angelegenheiten der Familie überlassen und sich um die Verwaltung des gemeinsamen Kontos nicht gekümmert hat. Aus demselben Grund kann er sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

Praxistipp: Eine Wissenszurechnung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB kommt auch dann in Betracht, wenn der Repräsentant die ihm im Innenverhältnis zustehenden Befugnisse vorsätzlich überschreitet.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Bindung an ein per E-Mail übersandtes Vergleichsangebot.

Bindung an ein per E-Mail übersandtes Vergleichsangebot
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2022 – VII ZR 895/21

Der VII. Zivilsenat wendet den Allgemeinen Teil des BGB auf ein elektronisch übermitteltes Angebot an.

Die Klägerin hatte für die Beklagte Metallbau- und Fassadenbegrünungsarbeiten durchgeführt. Die Beklagte nahm Kürzungen an der Schlussrechnung vor und überwies den von ihr als noch offen ermittelten Betrag. Die Klägerin widersprach den Kürzungen und forderte die Beklagte schriftlich zur Zahlung eines weiteren Betrags von 14.347,23 Euro nebst Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 Euro auf.

Rund zwei Wochen später bot die Beklagte eine Zahlung in der genannten Höhe zur Erledigung der Angelegenheit an. Drei Tage danach teilte der Anwalt der Klägerin um 9:19 Uhr per E-Mail mit, die Forderung aus der Schlussrechnung belaufe sich noch auf 14.347,23 Euro. Eine weitere Forderung werde nicht erhoben. Ferner seien die geltend gemachten Anwaltskosten zahlbar und fällig. Rund eine halbe Stunde später teilte er in einer weiteren E-Mail mit, die Prüfung der Forderungshöhe sei noch nicht abgeschlossen; die vorangegangene E-Mail müsse daher unberücksichtigt bleiben.

Drei Tage darauf übersandte die Klägerin eine neue Schlussrechnung, die eine Restforderung von rund 22.000 Euro auswies. Die Beklagte überwies weitere vier Tage später – also eine Woche nach Erhalt der E-Mail – den zuvor mitgeteilten Betrag von 14.347,23 Euro.

Die Klage auf Zahlung der Differenz zu dem Restbetrag aus der neuen Schlussrechnung blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Zahlungen, weil durch ihre erste E-Mail und die Zahlung der Beklagten ein wirksamer Vergleich zustande gekommen ist.

Das OLG hat zu Recht angenommen, dass die erste E-Mail ein Angebot zum Abschluss eines Vergleichs enthält. Diese Willenserklärung ist gemäß § 130 Abs. 1 BGB zugegangen, als die Nachricht im elektronischen Postfach der Beklagten einging, weil die Beklagte hierdurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte und der Zeitpunkt des Eingangs innerhalb der üblichen Geschäftszeiten lag. Von diesem Zeitpunkt an war das Angebot gemäß § 145 BGB bindend – unabhängig davon, ob die Beklagte es bereits gelesen hatte. Der eine halbe Stunde später erklärte Widerruf war damit wirkungslos.

Die Beklagte durfte das nicht befristete Angebot gemäß § 147 Abs. 2 BGB bis zu dem Zeitpunkt annehmen, zu dem die Klägerin den Eingang einer Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte. Dieser Zeitraum war im Zeitpunkt der Zahlung – eine Woche nach Eingang des Angebots – noch nicht verstrichen.

Praxistipp: Wer einen per E-Mail übermittelten Vorschlag zur gütlichen Einigung nicht als verbindliches Vergleichsangebot gewertet wissen will, muss unmissverständlich klarstellen, dass die Nachricht keine rechtsverbindliche Erklärung enthält.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um das Rechtsverhältnis zwischen einer Vorverkaufsstelle für Eintrittskarten und deren Kunden.

Vertrieb von Eintrittskarten durch eine Vorverkaufsstelle als Kommissionärin des Veranstalters
Urteile vom 13. Juli 2022 – VIII ZR 317/21 und VIII ZR 329/21

Mit grundlegenden vertragsrechtlichen Fragen befasst sich der VIII. Zivilsenat in zwei durch die Pandemie entstandenen Rechtsstreitigkeiten

Die Kläger erwarben kurz vor Weihnachten 2019 über die Internet-Seite der Beklagten Eintrittskarten für ein Musical im April 2020 bzw. ein Konzert im März 2020. Die Beklagte ist als Ticketsystemdienstleisterin für eine Vielzahl von Veranstaltungen tätig. Sie vertreibt die Karten im Auftrag des jeweiligen Veranstalters.

Beide Veranstaltungen wurden wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt. Die Veranstalterin bot Gutscheine zum Erwerb anderer Karten an. Die Kläger lehnten dies ab und verlangten stattdessen von der Beklagten die Rückerstattung des Kaufpreises. Die Klagen hatten in erster Instanz Erfolg. Das LG wies sie auf die Berufung der Beklagten ab.

Der BGH tritt der Vorinstanz darin bei, dass die Beklagte die Verträge mit den Klägern als Kommissionärin, also auf Rechnung des Veranstalters, aber im eigenen Namen abgeschlossen hat und dass es sich um einen Rechtskauf handelt, nämlich den Kauf des Rechts auf Teilnahme an der von dem Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung, das durch die Eintrittskarte als kleines Inhaberpapier (§ 807 BGB) verbrieft ist. Ihre Pflichten aus diesem Vertrag hat die Beklagte durch Übereignung der Eintrittskarten vollständig erfüllt.

Später eingetretene Umstände, die das Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung beeinträchtigen, begründen keine Gewährleistungsrechte gegenüber der Beklagten. Entscheidend ist allein die Mangelfreiheit im Zeitpunkt der Übergabe, hier also im Dezember 2019. Für die Durchführung der Veranstaltung haftet die Beklagte nicht.

Ein Widerrufsrecht ist nach § 312g Abs. 1 Nr. 9 BGB ausgeschlossen, weil es sich um einen Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen handelt, der für die Erbringung einen spezifischen Termin vorsieht. Dies gilt, wie der EuGH bereits entschieden hat, auch für den Erwerb von Eintrittskarten von einem im eigenen Namen handelnden Vermittler.

Ob die Pandemie zum Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt hat, lässt der BGH ebenso wie das LG offen. Selbst wenn die Frage zu bejahen wäre, stünden den Klägern keine Ansprüche gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises zu. Nach der in Art. 240 § 5 EGBGB zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers war den Klägern ein Festhalten am Vertrag – d.h. die Annahme der vom Veranstalter angebotenen Gutscheine – zuzumuten.

Praxistipp: Nach Art. 240 § 5 EGBGB kann der Inhaber eines nach dieser Vorschrift ausgegebenen Gutscheins die Auszahlung des Werts verlangen, wenn er den Gutschein bis zum 31.12.2021 nicht eingelöst hat.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im 250. Montagsblog geht es um die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis eines Kaufmangels zum Ausschluss der Gewährleistungsrechte führt.

Kenntnis eines Mangels bei Genehmigung eines ohne Vollmacht geschlossenen Kaufvertrags
Urteil vom 6. Mai 2022 – V ZR 282/20

Mit dem nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte kaufte von der Drittwiderbeklagten ein bislang als Bürogebäude genutztes Objekt. Der Kläger wirkte an der Veräußerung als Makler mit. In einem vor Vertragsschluss übersandten Exposé hieß es, eine Umnutzung in Wohnraum sei problemlos möglich; so könnten zum Beispiel auf einer vermietbaren Fläche von ca. 1703,57 m² Studentenwohnungen entstehen.

Beim Abschluss des notariellen Kaufvertrags am 3. April 2019 traten für beide Vertragsparteien vollmachtlose Vertreter auf. Die Drittwiderbeklagte genehmigte den Vertragsschluss kurz danach. Am 15. April ließ die Beklagte ihre Genehmigungserklärung notariell beglaubigen. Spätestens am 6. Mai erfuhr sie, dass die Wohnfläche nur 1412,41 m² beträgt. Am 29. Mai übersandte sie dem beurkundenden Notar die Genehmigungserklärung. Dabei behielt sie sich die Geltendmachung von Rechten wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand vor.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Maklerprovision in Höhe von rund 95.000 Euro. Die Beklagte verlangt vom Kläger und von der Drittwiderbeklagten wegen der zu geringen Fläche Schadensersatz in Höhe von rund 400.000 Euro. Das LG gab dem Kläger und der Drittwiderbeklagten recht. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Die Revision der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das OLG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, der Beklagten aber keine Gewährleistungsansprüche zustehen, weil sie die Flächenabweichung bei Abgabe ihrer Genehmigungserklärung gekannt hat.

Nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn der Käufer diesen Mangel bei Vertragsschluss kennt. Maßgeblich hierfür ist nicht der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Käufer die Erklärung abgegeben hat, die ihn an den Vertrag bindet. § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht auf der Wertung, dass ein Käufer nicht sehenden Auges einen mangelhaften Gegenstand kaufen darf, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen. Im Streitfall hat sich die Beklagte nicht schon durch die Beglaubigung ihrer Genehmigungserklärung an den Vertrag gebunden, sondern erst mit der Abgabe dieser Erklärung durch Übersendung an den beurkundenden Notar. Ihr stehen folglich keine Gewährleistungsansprüche zu, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits von der Flächenabweichung wusste.

Praxistipp: Ein Käufer, der von dem Mangel erst erfahren hat, nachdem er ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hatte, verliert seine Gewährleistungsansprüche auch dann nicht, wenn der Verkäufer das Angebot erst nach Erlangung der Kenntnis annimmt.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Folgen der Erstattung einer Lastschrift.

Erfüllungsanspruch nach Erstattung einer SEPA-Basislastschrift
Urteil vom 12. Mai 2022 – IX ZR 71/21

Dass die Erstattung einer Lastschrift gravierende Folgen für den Zahlenden haben kann, zeigt eine Entscheidung des IX. Zivilsenats.

Die Beklagte bezog von einer Lieferantin aufgrund eines Rahmenvertrags Waren. Die Bezahlung erfolgte per SEPA-Lastschrift. Nachdem die Lieferantin Insolvenzantrag gestellt hatte, verlangte die Beklagte von Ihrer Bank die Erstattung der in den acht Wochen zuvor erfolgten Lastschrifteinzüge. Ihr wurden daraufhin rund 135.000 Euro wieder gutgeschrieben. Derselbe Betrag wurde dem Konto der Lieferantin bei einer Sparkasse belastet, das schon zuvor einen debitorischen Saldo aufgewiesen hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens meldete die Sparkasse Forderungen in Höhe von rund 400.000 Euro zur Tabelle an. Aus der Verwertung von Sicherheiten erhielt sie rund 65.000 Euro. Sie nahm daraufhin die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auf Zahlung der erstatteten Beträge in Anspruch. Die Beklagte zahlte aufgrund eines Vergleichs rund 100.000 Euro. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Insolvenzverwalter Zahlung des Kaufpreises für die betroffenen Lieferungen. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das OLG wies sie hingegen ab.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Die geltend gemachten Kaufpreisansprüche sind zwar durch den erfolgreichen Lastschrifteinzug und die daraufhin erfolgte Gutschrift auf dem Konto der Lieferantin erloschen. Aus der konkludenten Erfüllungsvereinbarung, die die Beteiligten bei Nutzung des SEPA-Basislastschriftverfahrens schließen, ergibt sich aber, dass der Anspruch wieder auflebt, wenn der Zahlende von dem in § 675x Abs. 2 und 4 BGB vorgesehenen Recht Gebrauch macht, innerhalb von acht Wochen nach Belastung die Erstattung des abgebuchten Betrags zu verlangen.

Entgegen der Auffassung des OLG hängt das Recht zur Geltendmachung des Anspruchs nicht davon ab, ob der Lieferantin durch die Erstattung ein Schaden entstanden ist. Im Insolvenzverfahren ist zwischen dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen und den Insolvenzforderungen der einzelnen Gläubiger zu trennen. Die Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass sich die Erstattung wirtschaftlich im Wesentlichen zu Lasten der Sparkasse ausgewirkt hat, die den in Rede stehenden Betrag nur noch als Insolvenzforderung gegen die Lieferantin geltend machen kann. Ungeachtet dieser Wirkungen bleibt die Beklagte als Kaufpreisschuldnerin verpflichtet, den Kaufpreis zu erbringen und damit die zur Verteilung stehende Insolvenzmasse zu vergrößern.

Nach diesen Grundsätzen ist der Anspruch auch nicht insoweit entfallen, als die Beklagte der Sparkasse den erstatteten Betrag zurückbezahlt hat. Diese Zahlung betrifft lediglich das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Sparkasse. Als Ausgleich kann die Beklagte von der Sparkasse gemäß § 255 BGB die Abtretung der Insolvenzforderung verlangen. Ihre Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises an den Insolvenzverwalter bleibt hiervon unberührt.

Praxistipp: Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch lebt auch dann wieder auf, wenn der Zahlende den gezahlten Betrag aufgrund der Käuferschutzregeln beim Amazon oder PayPal zurückerhält. Dogmatisch wird dieses Ergebnis auf eine bereits bei Vertragsschluss (und nicht erst bei der Zahlung) getroffene konkludente Vereinbarung gestützt. Trotz dieses Unterschieds kann eine Erstattung zu vergleichbaren Konsequenzen führen, wenn der Käufer das Geld ohne zureichenden Grund zurückverlangt hat.

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Diese Woche geht es um die Rechtsscheinhaftung bei Verstoß gegen die Pflicht zur Verwendung des Zusatzes „UG (haftungsbeschränkt)“

Vertreterhaftung bei Vertragsschluss ohne haftungsbeschränkenden Zusatz
Urteil vom 13. Januar 2022 – III ZR 210/20

Mit den Konsequenzen eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 1 GmbHG befasst sich der III. Zivilsenat.

Der Kläger zeichnete im Jahr 2013 auf Empfehlung des als Prokurist einer Unternehmergesellschaft (UG) tätigen Beklagten eine Kapitalanlage. Bei der Liquidation des Fonds im Jahr 2017 verlor der Kläger das zu diesem Zeitpunkt eingelegte Kapital in Höhe von 41.000 Euro. Ferner musste er eine weitere Einlage in Höhe von 9.500 Euro erbringen. Diese Beträge verlangt er vom Beklagten wegen fehlerhafter Beratung ersetzt. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz haftet der Beklagte für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch persönlich. Er hat den Anlageberatungsvertrag mit dem Kläger zwar im Namen der UG geschlossen. Weil er bei der Korrespondenz nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Haftungszusatz „UG (haftungsbeschränkt)“ verwendet hat, haftet er gemäß § 311 Abs. 2 und 3 sowie entsprechend § 179 BGB aber persönlich. Er hat durch dieses Verhalten den Eindruck erweckt, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte mindestens eine natürliche Person.

Praxistipp: Die Haftung trifft jeden Vertreter, der einen Vertrag im Namen der Gesellschaft schließt, ohne den vorgeschriebenen Zusatz zu verwenden, nicht aber weitere, nicht am Vertragsschluss beteiligte Repräsentanten der Gesellschaft (BGH, Urt. v. 5.2.2007 – II ZR 84/05, GmbHR 2007, 593). Die volle persönliche Haftung tritt auch dann ein, wenn eine UG den Zusatz „GmbH“ verwendet (BGH, Urt. v. 12.6.2012 – II ZR 256/11, MDR 2012, 1178).

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Diese Woche geht es um den Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Löschung einer vormerkungswidrigen Eintragung im Grundbuch

Verjährung des Anspruchs aus einer Vormerkung
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Im Februar 2001 wurde zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in ein Wohnungsgrundbuch eingetragen. Rund fünf Monate später ließ die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Zwangssicherungshypothek eintragen. Nochmals rund acht Monate später wurde der Kläger als Eigentümer der Wohnung eingetragen. Mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage begehrt er die Zustimmung zur Löschung der Hypothek und Ersatz von Schäden durch Verzögerungen beim Weiterverkauf der Wohnungen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte die Beklagte antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil sich das OLG nur mit dem Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB befasst hat, nicht aber mit dem Anspruch, dessen Sicherung die eingetragene Vormerkung dient. Als gesicherter Anspruch kommt im Streitfall ein Anspruch gegen den früheren Eigentümer aus dem mit diesem geschlossenen Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung des Eigentums an der Wohnung in Betracht. Ein solcher Anspruch ist nicht vollständig erfüllt, solange die Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist. Die Beklagte hat aber geltend gemacht, der Kaufvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Diesem Vorbringen ist das OLG nicht nachgegangen.

Das wirksame Bestehen eines Anspruchs auf lastenfreie Übertragung ist entscheidungserheblich. Die Klage scheitert gegebenenfalls nicht an der erhobenen Verjährungseinrede.

Ob und in welcher Frist der Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB verjährt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH wendet § 902 Abs. 1 BGB entsprechend an, wonach Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen.

Wegen des akzessorischen Charakters einer Vormerkung darf der aus § 888 Abs. 1 BGB Verpflichtete die Erfüllung des Anspruchs allerdings verweigern, wenn der gesicherte Anspruch verjährt ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der Schuldner dieses Anspruchs auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet, lässt der BGH offen. Im Streitfall ist ein gegen den Verkäufer bestehender Anspruch auf Beseitigung von Rechtsmängeln weder nach dem bis 31.12.2001 noch nach dem jetzt geltenden Recht verjährt. Nach altem Recht unterlagen Ansprüche auf Beseitigung von Rechtsmängeln der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Nach neuem Recht verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 196 BGB zwar schon in zehn Jahren. Ansprüche auf Beseitigung eines Rechtsmangels verjähren aber gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BGB in dreißig Jahren, wenn der Rechtsmangel in einem im Grundbuch eingetragenen Recht besteht.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des gesicherten Anspruchs obliegt auch nach der Eintragung der Vormerkung dem Vormerkungsberechtigten.

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Diese Woche geht es um die Haftung eines Rechtsanwalts für den Abschluss eines nicht eindeutig formulierten gerichtlichen Vergleichs

Anwaltshaftung für gerichtlichen Vergleich
Urteil vom 16. Dezember 2021 – IX ZR 223/20

Mit den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Formulierung eines gerichtlichen Vergleichs befasst sich der IX. Zivilsenat.

Ein Versicherungsnehmer des klagenden Krankenversicherungs-Unternehmens hatte eine Orthopädin wegen eines Aufklärungsfehlers gerichtlich auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Höhe von rund 660.000 Euro sowie auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftiger Schäden Anspruch genommen. Mit der Prozessführung war ein bei der Sozietät der Beklagten angestellter Rechtsanwalt betraut. Das Gericht stellte die durch Grund- und Teilurteil die Ersatzpflicht der Ärztin dem Grunde nach fest und sprach dem Versicherungsnehmer 200.000 Euro zu. Nach Rechtskraft dieses Urteils schlossen die Prozessparteien einen Vergleich, in dem sich die Ärztin zur Zahlung weiterer 580.000 Euro verpflichtete und der Versicherungsnehmer auf alle Ansprüche aus dem Behandlungsverhältnis verzichtete, soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz von Versicherungsleistungen, die sie nach Abschluss des Vergleichs erbracht hat. Nach ihrer Auffassung ist sie aufgrund der Abgeltungsklausel daran gehindert, diese Leistungen von der Ärztin ersetzt zu verlangen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte die Beklagten antragsgemäß.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Der BGH tritt dem OLG darin bei, dass der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt eine Pflichtverletzung begangen hat. Der Anwalt war verpflichtet, Ersatzansprüche, die gemäß § 86 VVG auf die Klägerin übergehen, auch insoweit von der Abgeltungsklausel auszunehmen, als der Übergang erst nach Abschluss des Vergleichs stattfindet. Dies umfasste die Pflicht, den Vergleich so zu formulieren, dass Zweifel über den Umfang der Abgeltungsklausel insoweit möglichst ausgeschlossen sind. Diesen Anforderungen wird die verwendete Formulierung – unabhängig davon, wie sie im Ergebnis auszulegen ist – nicht gerecht.

Es fehlt aber an einem Schaden, weil der Vergleich trotz der verwendeten Formulierung dahin auszulegen ist, dass auch Ansprüche, die erst nach Vergleichsschluss auf die Klägerin übergehen, von der Abgeltungsklausel ausgenommen sind. Ausschlaggebend dafür ist insbesondere der Umstand, dass der Versicherte mit der Schadensersatzklage ausschließlich Schadensposten geltend gemacht hatte, die nicht von der Krankenversicherung gedeckt sind, und Ansprüche, die auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind, ausdrücklich vom Streitgegenstand ausgenommen hatte.

Praxistipp: Wenn nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass eine private Kranken- oder Unfallversicherung besteht, sollten stets auch künftig übergehende Ansprüche von einer Abgeltungsklausel ausgenommen werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Umfang des Schadensersatzanspruchs nach erfolgreicher Anfechtung eines Grundstückskaufvertrags wegen arglistiger Täuschung

Ersatz von Maklerkosten und Grunderwerbsteuer nach Arglistanfechtung
Urteil vom 24. September 2021 – V ZR 272/19

Mit dem Verhältnis zwischen dem Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer und Erstattungsansprüchen gegen Dritte befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte vom Beklagten ein Grundstück gekauft. Später focht sie den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an und nahm den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung aller im Zusammenhang mit dem Erwerb getätigten Aufwendungen in Anspruch. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises und zur Erstattung der Notar- und Gerichtskosten. Hinsichtlich der Maklerkosten und der Grunderwerbsteuer wies es die Berufung zurück.

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verurteilung bzw. zur Feststellung der Erledigung, soweit der Beklagte einen Teil der Forderung bereits beglichen hat.

Die vom Beklagten verübte arglistige Täuschung stellt eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar. Zu dem deshalb gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Vertrauensschaden gehören grundsätzlich alle Aufwendungen, die die Klägerin im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertragsschlusses getätigt hat. Darunter fallen auch die Maklerprovision und die Grunderwerbsteuer.

Dass der Klägerin aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des Kaufvertrags ein Erstattungsanspruch gegen die Maklerin bzw. die Finanzkasse zusteht, steht der Annahme eines Schadens nicht entgegen. Der Geschädigte muss sich entsprechend dem Rechtsgedanken des § 255 BGB nicht auf die Geltendmachung solcher Ansprüche und die damit verbundenen Risiken verweisen lassen. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ist der Schädiger allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Erstattungsansprüche zum Schadensersatz verpflichtet.

Praxistipp: Um eine Verjährung der Erstattungsansprüche zu vermeiden, kann der Schädiger den Schuldnern dieser Ansprüche den Streit verkünden.

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Diese Woche geht um Fragen des Verbrauchsgüterkaufs.

Kostenvorschuss beim Verbrauchsgüterkauf
Urteil vom 7. April 2021 – VIII ZR 191/19

Mit den Voraussetzungen und Wirkungen eines Verbrauchsgüterkaufs befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Der Kläger betrieb bis Juli 2012 eine Tischlerei und stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten, die mit Hölzern handelt. Anfang 2012 bestellte er bei einem Außendienstmitarbeiter der Beklagten Brettschichtholz zur Sanierung der Terrasse seines neben der Tischlerei gelegenen Privathauses. Lieferung und Rechnungsstellung erfolgten an die Geschäftsadresse. Im Jahr 2015 beanstandete der Kläger Risse an den Leimfugen, die nach seiner Auffassung auf einer nicht der erforderlichen Nutzungsklasse entsprechende Verleimung beruhen. Die Beklagte machte geltend, das bestellte und gelieferte Holz entspreche dem üblichen Standard. Die auf Zahlung eines Vorschusses für Ausbau und Entsorgung der verbauten Hölzer und für Lieferung und Einbau neuer Hölzer gerichtete Klage hatte in erster Instanz weitgehend Erfolg. Das OLG wies die Klage hingegen ab.

Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Entgegen der Auffassung des OLG handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die für den Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei auf eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit hindeuten. Im Streitfall war der Kläger zwar Gewerbetreibender. Der in Rede stehende Vertrag war aber auf die Anschaffung von Hölzern für private Zwecke gerichtet. Dies war dem Außendienstmitarbeiter der Beklagten nach den Feststellungen des OLG bekannt oder zumindest erkennbar. Deshalb liegt ein Verbrauchergeschäft vor.

Die Ansprüche sind nicht verjährt. Maßgeblich ist die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB. Die Hölzer sind für den Bau der Terrasse und damit für ein Bauwerk verwendet worden. Dies ist eine übliche Verwendungsweise im Sinne der genannten Vorschrift, weil Holz zu den Materialien gehört, die für ein Bauwerk eingesetzt werden. Ob die bestellten und gelieferten Hölzer für diesen Zweck geeignet waren, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Im neu eröffneten Berufungsrechtszug wird das OLG Feststellungen zur Höhe des Anspruchs treffen müssen. Ein Anspruch auf Vorschuss für die Beschaffung neuer Hölzer ist allerdings schon dem Grunde nach ausgeschlossen. Anders als ein Mieter oder ein Besteller eines Werks ist ein Käufer grundsätzlich nicht berechtigt, einen Mangel auf Kosten des Verkäufers selbst zu beseitigen. Eine Ausnahme gilt nur für Einbau- und Ausbaukosten, für die § 439 Abs. 3 BGB in der seit 1.1.2018 geltenden Fassung einen Ersatzanspruch vorsieht. Nach der für den Streitfall noch maßgeblichen früheren Rechtslage besteht ein solcher Anspruch, wenn der Verkäufer den Aus- und Einbau wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten verweigern darf. Der Kläger wird im Ergebnis also nur einen Teil dieser Kosten ersetzt verlangen können.

Praxistipp: Ersatz der Kosten für die Beschaffung einer mangelfreien Sache kann der Käufer verlangen, wenn die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 ff. BGB erfüllt sind.