Online-Dossier: Die Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) – Informationen, Materialien, Arbeitshilfen

Am 1.1.2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (kurz: MoPeG) in Kraft getreten und hat viele Neuerungen mit sich gebracht. Kernthemen der Reform bilden das Außenrecht der GbR (insbesondere Einführung eines Gesellschaftsregisters, Rechts- und Parteifähigkeit, organschaftliche Vertretung und persönliche Gesellschafterhaftung), die Öffnung der OHG und KG und damit auch der GmbH & Co. KG für die Freien Berufe sowie ein neues Beschlussmängelrecht.

Mit unserem stetig anwachsenden Online-Dossier liefern wir Ihnen einen umfassenden Überblick über die Reform. Lesen Sie hierzu aktuelle Beiträge aus ZIP, GmbHR und MDR sowie Blog-Beiträge renommierter Experten und zur Vertiefung unsere Handbücher und Kommentare (Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften; Koch, Personengesellschaftsrecht Kommentar, 2024; Erman, BGB, 17. Aufl. 2023; Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl. 2023).

1. Blog-Beiträge

2. Zeitschriftenbeiträge

  • Wertenbruch, Beschränkte und unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach MoPeG, GmbHR 2024, 953
  • Schmitz-Herscheidt, Gesellschafterbeschlüsse der Personenhandelsgesellschaften nach MoPeG, ZIP 2024, 2061
  • Fleischer, Plötzlich Personengesellschafter, ZIP 2024, 1501
  • Pieronczyk, Beschlussmängelstreit im Verein – Neue Impulse (und Probleme) durch das MoPeG?, ZIP 2024, 1304
  • Risthaus, Die neue actio pro socio in der BGB-Gesellschaft: Gesellschafterklage nach § 715b BGB, WM 2024, 1249
  • Radunski, Das Recht der Berufsausübungsgesellschaften und die Folgen der Reform des anwaltlichen Berufsrechts vom 1.8.2022 in der Praxis, GmbHR 2024, 738
  • Wertenbruch, Name und Rechtsformzusatz bei der Gesellschaftsregistereintragung der rechtsfähigen GbR, GmbHR 2024, 673
  • Lang/Rasche, Rechtsnachfolge von Todes wegen in GbR-Anteile nach Inkrafttreten des MoPeG, DB 2024, 1122
  • Bachmann/Habighorst, Die KGaA im modernisierten Personengesellschaftsrecht, AG 2024, 337
  • Guntermann, Das Beschlussmängelrecht in der GmbH nach dem MoPeG, GmbHR 2024, 397
  • Fleischer, Abfindungsklauseln im Personengesellschafts- und GmbH-Recht nach dem MoPeG, WM 2024, 621
  • Wertenbruch/Alm, Eintragung der GbR in die GmbH-Gesellschafterliste nach MoPeG und assoziierte Voreintragungserfordernisse, GmbHR 2024, 225
  • Piekenbrock, Die Verjährung der Haftungsansprüche gegen Personengesellschafter, ZIP 2024, 425
  • Fleischer/Bassier, Die Informationsordnung im BGB-Gesellschaftsrecht nach dem MoPeG, DB 2024, 305
  • Harzenetter/Zeyher, Auswirkungen des MoPeG auf das Aktienregister, AG 2024, 67
  • Schwacha, Registrierungserfordernis bei Sitzspaltung der Personengesellschaft nach dem MoPeG: Kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit, GmbHR 2024, 125
  • Fehrmann/Leclerc/Schirrmacher, Das neue Beschlussmängelrecht der §§ 110 ff. HGB, GmbHR 2024, 57
  • Noack, Die GbR als Prozesspartei im Erkenntnis?, Vollstreckungs- und Schiedsverfahren – Kontinuitäten und Diskontinuitäten nach dem MoPeG – Teil II, GmbHR 2024, 71
  • Roßkopf/Hoffmann, Das MoPeG ist da!, GmbHR 2024, R4
  • Noack, Die GbR als Prozesspartei im Erkenntnis‑, Vollstreckungs- und Schiedsverfahren – Kontinuitäten und Diskontinuitäten nach dem MoPeG – Teil I, GmbHR 2024, 11
  • Wertenbruch, Die Vertretung der Personengesellschaft nach MoPeG, GmbHR 2024, 1
  • Stöwe/van Lier, Rechtsentwicklungen 2023: Rechtsentwicklungen im Personengesellschaftsrecht 2023, DB 2023, 28
  • Scheuch, Risiken und Nebenwirkungen der MoPeG-Neuregelung zur Schadensersatznachhaftung, ZIP 2023, 2608
  • Beuthien, Ist, hat oder braucht die rechtsfähige Personengesellschaft eine Gesamthand?, ZIP 2023, 2564
  • Liebscher, Gesellschaftsvertraglicher Gestaltungsbedarf aufgrund des neuen personengesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelrechts, ZIP 2023, 2441
  • Mock, Auf- und Feststellung von Unternehmens- und Rechnungsabschlüssen im neuen Personengesellschaftsrecht, GmbHR 2023, 1066
  • Fleischer, Abfindungsbemessung gem. § 728 BGB nach der Reform des Personengesellschaftsrechts, GmbHR 2023, 1005
  • Desens, Was wird aus der Grunderwerbsteuer, wenn die Personengesellschaft keine Gesamthand mehr ist?, GmbHR 2023, 772
  • Liebscher, Personengesellschaftsvertraglicher Gestaltungsbedarf aufgrund des MoPeG, ZIP 2023, 2225
  • Röß, GbR: Sitzwahlrecht nur bei Eintragung in das Gesellschaftsregister, MDR 2023, 805
  • Stöber, BMF legt DiskE eines MoPeG-Steueranpassungsgesetzes vor, GmbHR 2023, R192
  • Wertenbruch/Döring, Änderung der Gesellschafter-Nachhaftung durch das MoPeG gem. § 728b BGB n.F. und § 137 HGB n.F., GmbHR 2023, 649
  • Richter, Der insolvente Mitgesellschafter, ZIP 2023, 1222
  • Noack, Lösungsansätze zur Bewältigung negativer Kostenverteilungseffekte bei Beschlussmängelstreitigkeiten nach dem MoPeG, ZIP 2023, 1169
  • Scholz, Funktion und Funktionsweise von § 176 HGB im modernisierten Personengesellschaftsrecht, ZIP 2023, 665
  • Wertenbruch, Virtuelle Gesellschafterversammlung der GmbH nach DiREG und der Personengesellschaft nach MoPeG, GmbHR 2023, 157
  • Stöwe/van Lier, Rechtsentwicklungen 2023: Rechtsentwicklungen im Personengesellschaftsrecht 2023, DB 2023, 28
  • Walter, Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts im Recht der Unternehmensbewertung, ZIP, 2022, 2587
  • Escher-Weingart, Die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft nach dem MoPeG– Was ist das eigentlich?, WM 2022, 2297
  • Stöber, Steuerrechtliche Konsequenzen der Abschaffung des Gesamthandsprinzips für Personengesellschaften durch das MoPeG, GmbHR 2022, 967
  • Heckschen, Weitere Umsetzung zum MoPeG, GmbHR 2022, R244
  • Hüttemann/Meyer, Zur Abfindung ausscheidender Personengesellschafter nach dem MoPeG, ZIP 2022, 935
  • Jobst, Schiedsgerichtliche Beilegung von Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften nach dem MoPeG, ZIP 2022, 884
  • Liebscher/Günthner, Die Schiedsfähigkeit von im Feststellungsstreit auszutragenden Beschlussmängelstreitigkeiten im Lichte des MoPeG, ZIP 2022, 713
  • Prinz, Neue „Steuerkoordinaten“ für Personengesellschaften: Bestandsaufnahme, Entwicklungstendenzen, Handlungsbedarf, DB 2022, 11
  • Wertenbruch, Die Einheits-GmbH & Co. KG nach MoPeG, GmbHR 2021, 1181
  • Otte, Auswirkungen des MoPeG auf die anwaltliche Gestaltungs- und Beratungspraxis, ZIP 2021, 2162
  • Wertenbruch, Von Schloss Maurach zu Schloss Bellevue, GmbHR 2021, R22
  • Schäfer, Beschlussfassung und Beschlussanfechtung in der Personenhandelsgesellschaft nach dem MoPeG-RegE ZIP 2021, 1527
  • Pfeuffer/Häger, Zur geplanten Aufhebung des § 172 Abs. 5 HGB, WM 2021, 1066
  • Wertenbruch, Unzulässigkeit der PartG mbB bei gewerblichen Einkünften kraft Abfärbung? ZIP 2021, 1194
  • Noack/Göbel, Die eingetragene Personengesellschaft zwischen Rechtsformwahl und Rechtsformzwang GmbHR 2021, 569
  • Altmeppen, Untauglichkeit des „aktienrechtlichen Anfechtungsmodells“ bei Entziehung von Gesellschafterrechten aus wichtigem Grund in der Personengesellschaft und der GmbH GmbHR 2021, 345
  • Altmeppen, Mängel und Widersprüche des Regierungsentwurfs zum MoPeG am Beispiel des Ausschlusses eines Gesellschafters und der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, ZIP 2021, 213
  • Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft, Die geplante Reform des Personengesellschaftsrechts: Gesellschaftsrechtliche Grundfragen und steuerliche Implikationen, ZIP 2021, S 3
  • Kirchfeld/Stöwe/Wilk, Rechtsentwicklungen 2021: Rechtsentwicklungen im Personengesellschaftsrecht 2021, DB 2021, 28
  • Wertenbruch, Der BMJV-Referentenentwurf eines MoPeG, GmbHR 2021, 1
  • Nazari-Khanachayi, Anpassungsvorschläge zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), WM 2020, 2056
  • Fehrenbach, Das Beschlussmängelrecht der Personengesellschaft nach dem Mauracher Entwurf, WM 2020, 2049
  • Otte, Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften nach dem Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, ZIP 2020, 1743
  • Schall, Eine dogmatische Kritik am „Mauracher Entwurf“ zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, ZIP 2020, 1443
  • Noack, Adieu „Feststellungsmodell“, bonjour „Anfechtungsmodell“ – über den Systemwechsel im Beschlussmängelrecht der Personengesellschaften, ZIP 2020, 1382
  • Punte/Klemens/Sambulski, Der „Mauracher-Entwurf“ zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – was lange währt, wird endlich gut?, ZIP 2020, 1230
  • Schäfer, Grundzüge des neuen Personengesellschaftsrechts nach dem Mauracher Entwurf, ZIP 2020, 1149
  • Wertenbruch, Schloss Maurach zur Reform des Personengesellschaftsrechts, GmbHR 2020, R196

3. Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften

  • § 1 Die Personengesellschaften im Privatrechtssystem (Wertenbruch, Stand: 81. Lfg. 9/2021)
    • Die BGB-Gesellschaft (GbR) als Grundform aller rechtsfähigen Personengesellschaften (Rz. I 1 ff.)
  • § 2 Die Grundprinzipien der Personengesellschaft (Wertenbruch, Stand: 81. Lfg. 9/2021)
    • Gesamthandsprinzip und MoPeG (Rz. I 31 ff.)
    • Rechtsfähigkeit als Gruppe und § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB n.F. (Rz. I 34)
  • § 4 Der Gesellschaftsvertrag (Tröger, Stand: 84. Lfg. 10/2022)
    • Rechtsfähigkeit und Außenwirkung nach § 705 Abs. 2 BGB n.F. (Rz. I 101 ff.)
    • Gesetzessystematik nach MoPeG (Rz. I 104b f.)
    • Kein Gesellschafts- und Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft (Rz. I 107 ff.)
    • Gemeinsame Ausübung freier Berufe, § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. (Rz. I 118 ff.)
  • § 9 Gesellschaftsregister (Heckschen/Knaier, Stand: 84. Lfg. 10/2022)
  • § 15 Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis bei OHG/KG (Wertenbruch, Stand: 82. Lfg. 1/2022)
    • Modifizierte Übernahme des § 117 HGB a.F. durch die MoPeG-Regelung des § 116 Abs. 5 HGB n.F. (Rz. I 283 ff.)
    • Eigenkündigung nach § 712 Abs. 2 BGB a.F. (§ 116 Abs. 6 HGB n.F.) aus wichtigem Grund – Änderung durch MoPeG (Rz. I 290a ff.)
  • § 16 Die Vertretung von OHG/KG (Wertenbruch, Stand: 82. Lfg. 1/2022)
    • Keine inhaltliche Änderung des Vertretungsrechts der OHG und KG durch das MoPeG (Rz. I 309a ff.)
    • Selbstorganschaft als systembildender Grundsatz des MoPeG (Rz. I 310 ff.)
  • § 17 Die Entziehung der Vertretungsmacht bei OHG/KG (Wertenbruch, Stand: 82. Lfg. 1/2022)
    • Regelungszweck des § 127 HGB a.F. (§ 124 Abs. 5 i.V.m. § 116 Abs. 5 HGB n.F.) und Änderung durch das MoPeG (Rz. I 336 ff.)
  • § 32 Die Stellung der GbR im Rechtsverkehr – Rechtsfähigkeit und Schuldmodell (Wertenbruch, Stand: 85. Lfg. 5/2023)
    • Die Rechtsfähigkeit der GbR (Rz. I 786 ff.)
    • Schuldmodell und neuer Vermögensbegriff der rechtsfähigen GbR (§ 705 Abs. 2 Var. 1, §§ 713, 721 BGB n.F.) (Rz I. 806 ff.)
  • § 42 Die Auflösung der Personengesellschaft (Wertenbruch, Stand: 84. Lfg. 10/2022)
    • Entwicklung des § 131 HGB und Änderungen durch das MoPeG (Rz. I 1601 ff.)
    • Der Fortsetzungsbeschluss – Neuregelung des § 142 HGB n.F. (Rz. I 1671a ff.)
    • Auflösung der GbR und Vorrang des Ausscheidens eines Gesellschafters (Rz. I 1690 ff.)
  • § 55 Die GmbH & Co. KG (Blaum, Stand: 82. Lfg. 1/2022)
  • § 58 Die Einheits-GmbH & Co. KG (Wertenbruch, Stand: 83. Lfg. 4/2022)
    • Partielle gesetzliche Vertretungsmacht der Kommanditisten nach § 170 Abs. 2 HGB n.F. für Stimmrechtsausübung in der GmbH (Rz. I 3934 ff.)
    • Anwendung der § 171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB (§ 171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB n.F.), § 172 Abs. 6 HGB (§ 172 Abs. 5 HGB n.F.) auf die Abtretung der GmbH-Geschäftsanteile an die KG (Rz. I 3952 ff.)
    • Berufsrechtliche Besonderheiten der Einheits-GmbH & Co. KG für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Rz. I 3979 ff.)

4. Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl. 2023

5. Erman, BGB, 17. Aufl. 2023

6. Koch, Personengesellschaftsrecht, 2024

7. Materialien und weitere Informationen

7. Seminare

 

Der Ausschluss extremistischer Gesellschafter aus GmbH und Personengesellschaften

I. Kann ich einen Vertrag mit einem Extremisten kündigen?

Vieles spricht dafür, dass diese – hier etwas platt formulierte – Fragestellung künftig die Gerichte beschäftigen wird. Während das Öffentliche Recht sich bereits seit geraumer Zeit mit Extremismus als Rechtsproblem befasst, steht der privatrechtliche Diskurs noch am Anfang. Eine Ausnahme bildet das Arbeitsrecht, doch auch hier betrafen einschlägige Gerichtsentscheidungen in der Regel Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst (vgl. etwa ArbG Köln, Urt. v. 03.07.2024 – 17 Ca 543/24, juris). Für Vertragsverhältnisse zwischen Privaten ist bisher weitgehend ungeklärt, ob und inwieweit extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen eines Vertragsteils zum Anlass für die Beendigung der Vertragsbeziehung genommen werden können. Die Frage stellt sich im Ausgangspunkt für jede Art von Verträgen, dürfte sich aber nicht pauschal beantworten lassen. Zu unterschiedlich sind die Interessenlagen und Abwägungsgesichtspunkte in den verschiedenen Vertragskonstellationen. So ist etwa die Kündigung eines Mieters etwas anderes als die Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Handwerker oder der Ausschluss eines Gesellschafters aus einer OHG oder GmbH.

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BGH hebt OLG Celle in Sachen Geschäftsführerabberufung (Martin Kind) bei der Hannover 96 Management GmbH auf und weist Klage ab

Der Inhalt der Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH

Der BGH hat mit Urteil vom 16.7.2024 die Berufungsentscheidung des OLG Celle in Sachen Abberufung des Geschäftsführers (Martin Kind) der Komplementär-GmbH der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA aufgehoben und die Beschlussmängelklage abgewiesen. Der Gesellschafterbeschluss über die Abberufung des Klägers Martin Kind als Geschäftsführer ist damit nicht nichtig, sondern wirksam. Abweichend vom OLG Celle als Berufungsgericht wird vom II. Zivilsenat sowohl eine Nichtigkeit analog § 241 Nr. 3 AktG als auch eine Sittenwidrigkeit analog § 241 Nr. 4 AktG verneint. Die Unvereinbarkeit des Beschlusses mit dem Wesen der GmbH könne nur eine Verletzung von tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts begründen. Dazu gehörten nicht Satzungsbestimmungen, die einem fakultativen Aufsichtsrat der Gesellschaft die Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers zuweisen. Im konkreten Fall zähle auch die Beachtung des sog. Hannover-96-Vertrags nicht zu den tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts. Der Abberufungsbeschluss verstoße durch seinen Inhalt nicht gegen die guten Sitten und er begründe auch keine sittenwidrige Schädigung nicht anfechtungsberechtigter Personen. Ein bloßer Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung der GmbH mache einen Gesellschafterbeschluss zwar anfechtbar, aber nicht sittenwidrig. Auch einer Verletzung des Hannover-96-Vertrags oder einer Gesamtbetrachtung begründe nicht die Sittenwidrigkeit des Beschlusses.

Darüber hinaus ist der Abberufungsbeschluss nach Ansicht des BGH nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. zustandsbegründenden Satzungsdurchbrechung nichtig. Zudem sei der Kläger wegen fehlender Gesellschafterstellung in der Komplementär-GmbH nicht befugt, im Wege einer Anfechtungsklage etwaige Verletzungen der GmbH-Satzung geltend zu machen.

Die komplexe Beteiligungsstruktur bei Hannover 96 und der Hannover-96-Vertrag im Konflikt mit der 50+1-Regel des DFB

Der Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. ist Alleingesellschafter der beklagten Hannover 96 Management GmbH. Der im BGH-Fall klagende Martin Kind ist im Handelsregister als Geschäftsführer der verklagten Komplementär-GmbH eingetragen. Die Beklagte ist Komplementärin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, die den Profifußball-Bereich unterhält, also zurzeit die am Spielbetrieb der 2. Fußball-Bundesliga teilnehmende Lizenzspielermannschaft Hannover 96.

Kommanditaktionärin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, die darüber hinaus zu 100 % an der Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG beteiligt ist. Einzige Kommanditaktionärin der KGaA ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, an der Martin Kind mit 52,73 % und der Drogerie-Unternehmer Dirk Roßmann mit 19,76 % beteiligt ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Hannover_96#Hannover_96_GmbH_&_Co._KGaA).  Nach der Satzung der verklagten Hannover 96 Management GmbH ist ihr Aufsichtsrat für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig. Im August 2019 wurde zwischen dem Hannover 96 e.V., der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA und der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG der sog. Hannover-96-Vertrag geschlossen, der vorsieht, dass der zu 100 % an der Komplementär-GmbH der KGaA beteiligte Verein Hannover 96 die Satzung dieser GmbH nicht ohne vorherige Zustimmung der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG ändert, ergänzt oder ersetzt. Dies bezieht sich insbesondere auf den Passus der GmbH-Satzung, die der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, vermittelt durch den Aufsichtsrat, Mitentscheidungsrechte bei der Bestellung des GmbH-Geschäftsführers einräumt (vgl. dazu OLG Celle, GmbHR 2023, 739).

Nach § 16c Nr. 2 der Satzung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kann ein Verein nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft in der Deutsche Fußball Liga (DFL) erwerben, wenn er rechtlich unabhängig ist, das heißt auf ihn kein Rechtsträger einen rechtlich beherrschenden oder mitbeherrschenden Einfluss ausüben kann. Eine Kapitalgesellschaft kann gem. § 16c Nr. 3 Satz 1 DFB-Satzung nur dann eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft in der DFL erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist. Der Mutterverein ist gem. § 16c Nr. 3 Satz 3 DFB-Satzung an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Kapitalgesellschaft“), wenn er über 50 % der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt (sog. 50+1-Regel). Bei Wahl der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) muss gem. § 16c Nr. 3 Satz 4 DFB-Satzung der Mutterverein oder eine von ihm zu 100 % beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben.

Abberufungsbeschluss und die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses analog § 241 Nr. 3 und Nr. 4 AktG

Im Juli 2022 fassten Vertreter des Alleingesellschafters Hannover 96 e.V. in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der verklagten Komplementär-GmbH den Beschluss, den klagenden Geschäftsführer Martin Kind „mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund im Wege eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses als Geschäftsführer“ der GmbH abzuberufen.

Das Landgericht Hannover hat die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses entsprechend § 241 Nr. 3 AktG festgestellt und der Klage stattgegeben. Nach § 241 Nr. 3 AktG ist ein Beschluss der Hauptversammlung nichtig, wenn er „mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind“. § 241 Nr. 3 AktG ist entsprechend auf Gesellschafterbeschlüsse der GmbH anwendbar (vgl. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Auflage 2023, Anhang § 47 Rz. 16 ff.; Wertenbruch in Münchener Kommentar GmbHG, 4. Auflage 2023, Anhang § 47 Rz. 89 ff.).

Die dagegen gerichtete Berufung der verklagten Hannover 96 Management GmbH wies das Oberlandesgericht Celle nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurück, weil die Berufung „offensichtlich“ keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Tatbestandsmerkmal „offensichtlich“ ist im Jahre 2011 im Rahmen der Reform des § 522 Abs. 2 ZPO in diese Vorschrift eingefügt worden, weil § 522 Abs. 2 ZPO a.F. von den Berufungsgerichten sehr unterschiedlich angewendet worden war und insoweit ein Vertrauensverlust der Bürger drohe (vgl. Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags, BT-Drucksache 17/6406, S. 1). Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2002, 814 f. zu § 349 StPO) führt der Rechtsausschuss aus, dass eine Berufung dann „offensichtlich aussichtslos“ sei, wenn „für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können“ (Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags, BT-Drucksache 17/6406, S. 9; vgl. dazu Zöller/Heßler, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 522 Rz. 36).

In der Sache bejahte das OLG Celle wegen Kompetenzwidrigkeit eine Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses analog § 241 Nr. 3 AktG, weil der Abberufungsbeschluss nicht vom GmbH-Aufsichtsrat gefasst worden sei, und wegen Sittenwidrigkeit in analoger Anwendung des § 241 Nr. 4 AktG. Der Hannover 96 e.V. sei sich als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH seiner im Hannover-96-Vertrag eingegangenen Bindung bewusst gewesen und habe daher die satzungsmäßige Kompetenzverteilung bewusst unterlaufen (OLG Celle, GmbHR 2023, 739, 740 ff.). Verfahrensrechtlich wurde vom OLG Celle die Revision zum BGH nicht zugelassen. Die dagegen beim BGH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte allerdings Erfolg. Mit Beschluss vom 27.2.2024 (II ZR 71/23) ließ der insbesondere für Gesellschaftsrecht und Vereinsrecht zuständige II. Zivilsenat die Revision zu, wodurch das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren weitergeführt wurde.

Gesellschaftsrechtliche und verbandsrechtliche Konsequenzen

Der BGH musste zwar über die Reichweite der „50 + 1“ – Regel der DFB-Statuten im Beteiligungsgeflecht von Hannover 96 nicht entscheiden, weil dies für den konkreten Streitgegenstand nicht einschlägig war. Die verbandsrechtliche Pointe bestand bislang darin, dass die Komplementär-GmbH der Profifußball KGaA zwar – in Konkordanz mit den DFB-Statuten – formal zu 100 % vom Idealverein Hannover 96 beherrscht wird. Der wirksam abberufene Geschäftsführer hatte aber über seine Mehrheitsbeteiligung an der einzigen Kommanditaktionärin, der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, und den Hannover-96-Vertrag auch Mitentscheidungsrechte im Bereich der Komplementär-GmbH. Es war daher sehr fraglich, ob das Weisungsrecht des Idealvereins als Alleingesellschafter aus § 37 Abs. 1 GmbHG einen ausreichenden Einfluss sicherte. Mit der Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer ist die verbandsrechtliche Dimension zwar zumindest temporär entschärft. Ansprüche wegen Verletzung des Hannover-96-Vertrags sind aber nicht vom Tapet, und bei der Bestellung eines neuen Geschäftsführers stellt sich wieder die Problematik der Mitentscheidungsrechte der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG über den Aufsichtsrat der GmbH.

OLG Hamburg und OLG Köln zur Gesellschaftsregistereintragung der rechtsfähigen GbR

Nach der MoPeG-Regelung des § 707a Abs. 2 Satz 1 BGB ist die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) i.S.d. § 705 Abs. 2 Var. 1 BGB mit der Eintragung verpflichtet, als Namenszusatz die Bezeichnungen „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. In der Literatur ist umstritten, ob bei der Eintragung einer GbR in das neue Gesellschaftsregister der Rechtsformzusatz „eGbR“ zwingend am Ende des Gesellschaftsnamens stehen muss. Das Hanseatische OLG Hamburg hat mit Beschluss vom 22.4.2024 – 11 W 19/24 die Eintragung einer GbR unter dem Namen „eGbR …“, also mit vorangestelltem Rechtsformzusatz, als zulässig angesehen. Das AG Hamburg hatte als Registergericht die Eintragung abgelehnt, weil der Rechtsformzusatz am Ende angefügt, also dem Namen nachgestellt werden müsse. Mit Beschluss vom 24.4.2024  – 4 Wx 4/24 hat das OLG Köln die Eintragung einer GbR unter dem Namen „O. eGbR D.-straße N01“ sanktioniert. Der Rechtsformzusatz ist hier in den Gesellschaftsnamen integriert. Das AG Köln hatte – wie das AG Hamburg – im Rahmen der Ablehnung des Eintragungsantrags die Auffassung vertreten, dass der Rechtsformzusatz „eGbR“ dem Namen immer nachgestellt sein müsse und daher auch nicht in der Mitte des Namens platziert sein dürfe.

Das OLG Hamburg und das OLG Köln reklamieren zu Recht für ihre Auffassung, dass § 707a Abs. 2 BGB – ebenso wie § 19 Abs. 1 HGB – eine bestimmte Platzierung des Rechtsformzusatzes nicht vorschreibt, sondern vielmehr insoweit eine Gestaltungsfreiheit statuiert, solange die zur Eintragung angemeldete Namenskonfiguration keinen irreführenden Charakter aufweist. Die in der Literatur vertretene und von den Vorinstanzen zugrunde gelegte abweichende Auffassung, nach der – in Abweichung von dem für OHG und KG geltenden § 19 Abs. 1 HGB – der Rechtformzusatz „eGbR“ immer dem Gesellschaftsnamen als Kernbestandteil der Eintragung nachgestellt sein müsse, wurde in den OLG-Beschwerdeentscheidungen zu Recht abgelehnt. Zulässig sind demnach in Bezug auf die Platzierung des Rechtsformzusatzes beispielsweise folgende GbR-Eintragungen: „eGbR Schlossallee 1“ sowie „A & B eGbR Parkstraße 2“ oder „C & D Vermögensverwaltung eGbR“.

Die im Gesellschaftsregister als Subjektregister bis zur Grenze der Irreführung des Rechts- und Geschäftsverkehrs freigestellte Platzierung des Rechtsformzusatzes „eGbR“ determiniert die Art und Weise der nach § 47 Abs. 2 GBO, § 15 Abs. 1 Nr. 2 GBV erfolgenden Eintragung der eGbR in das Grundbuch als Objektregister (vgl. dazu Begründung Regierungsentwurf MoPeG, BT-Drucks. 19/27635, S. 206, 208; Mauracher Entwurf der Expertenkommission MoPeG, S. 148 ff. [https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Dokumente/MauracherEntwurf.pdf?__blob=publicationFile&v= 3, zuletzt abgerufen am 3.6.2024]). Das Gleiche gilt für die Aufnahme der eGbR als Inhaberin eines GmbH-Geschäftsanteils in die gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung neu zu erstellende Gesellschafterliste. Auch die GmbH-Gesellschafterliste hat mit Inkrafttreten des MoPeG für die GbR nur noch die Funktion eines Objektregisters, das in Bezug auf die Eintragung der GbR an das Gesellschaftsregister als Subjektregister anknüpft (vgl. Begründung Regierungsentwurf MoPeG, BT-Drucks. 19/27635, S. 108 f.; Mauracher Entwurf, S. 197; zu den Einzelheiten der Eintragung in die Gesellschafterliste unter Berücksichtigung des Voreintragungserfordernisses Wertenbruch/Alm, GmbHR 2024, 225). Entsprechendes gilt für die Eintragung der GbR in das Aktienregister nach § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG und in das Gesellschaftsregister oder Handelsregister gem. § 707a Abs. 1 Satz 2 BGB beziehungsweise i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB als Gesellschafterin einer anderen rechtsfähigen Personengesellschaft. Die unter obligatorischer Vergabe einer Registernummer vollzogene Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister als Subjektregister entfaltet daher in Bezug auf den GbR-Namen einschließlich Positionierung des Rechtsformzusatzes „eGbR“ eine Tatbestandswirkung bei der nachfolgenden Eintragung in ein Objektregister.

 

 

 

 

Online-Dossier: Wachstumschancengesetz

Der Bundesrat hat nach intensiven politischen Auseinandersetzungen in seiner Sitzung am 22.3.2024 dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21.2.2024 bestätigt.

Mit dem Wachstumschancengesetz sollen zielgerichtete Maßnahmen ergriffen werden, die die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessern und Impulse setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und Innovationen wagen können. Daneben werden Maßnahmen ergriffen, um das Steuersystem an zentralen Stellen zu vereinfachen und mittels Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten. Zudem sollen Instrumente umgesetzt werden, die dazu beitragen, unerwünschte Steuergestaltungen aufzudecken und diese abzustellen.

Zeitschriftenbeiträge:

  • Heidecke/Liebe, Konzernfinanzierung: Neuerung durch § 1 Abs. 3d und 3e AStG ab dem 1.1.2024 einschließlich eines Abgleichs mit der angedachten Zinshöhenschranke im § 4l EStG-E, Ubg 2024, 333
  • Liekenbrock/Liedgens, Die außenstehende Person in der neuen Spaltungssperre des Wachstumschancengesetzes, DB 2024, 1296
  • Grotherr, Neuregelungen zu grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen und Finanzierungsdienstleistungen in einer Unternehmensgruppe durch das Wachstumschancengesetz (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG) – Teil 2, Ubg 2024, 324
  • Grotherr, Neuregelungen zu grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen und Finanzierungsdienstleistungen in einer Unternehmensgruppe durch das Wachstumschancengesetz (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG) – Teil 1, Ubg 2024, 241
  • Ditz/Kausch/Leucht, Wesentliche Änderungen durch das Wachstumschancengesetz, DB 2024, 1230
  • Günther, Wachstumschancengesetz: Einkommensteuerliche und gewerbesteuerliche Änderungen, EStB 2024, 109
  • Wünnemann, Aktuelle Steuerpolitik, Ubg 2024, 235
  • Schiffers, Wachstumschancengesetz in Kraft getreten!, GmbHR 2024, R116
  • Sterzinger, Aktuelle Änderungen des UStG und der UStDV durch das Wachstumschancengesetz und andere Gesetze, UR 2024, 117
  • Geberth/Bartelt, BMF: Anpassung des AEAO an das MoPeG und Art. 23 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes, GmbHR 2024, R59
  • Geberth/Bartelt, Vermittlungsausschuss: Beratung zum Wachstumschancengesetz am 21.2.2024, GmbHR 2024, R57
  • Flad, Aktuelle Änderungen im Umsatzsteuerrecht – insbesondere durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz, UStB 2024, 22
  • Wünnemann, Wachstumschancengesetz – Hängepartie ohne Abschluss, DB 2024, M4
  • Wiese, Staatsfinanzierung, Schuldenbremse, Steuerpolitik – ein Ausblick auf das Unternehmensteuerrecht im Jahr 2024, GmbHR 2024, R36
  • Günther, Wachstumschancengesetz: Handlungsbedarf wegen drohender Abschaffung der Gesamthand-Steuervergünstigungen (§§ 5–7 GrEStG) ab 1.1.2024, ErbStB 2024, 54
  • Binnewies/Mückl/Olbing, Aktuelles Steuerrecht rund um die GmbH und ihre Gesellschafter 2023/2024, GmbHR 2023, 1289
  • Bleckmann, BMF: Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung, GmbHR 2023, R344
  • Schneider, Geplante Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen (§ 138l bis § 138n AO-E), DB 2023, 2468
  • Dorn, Bundesrat äußert sich kritisch zum Wachstumschancengesetz, DB 2023, M4
  • Geberth/Bartelt, Bundeskabinett: Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), GmbHR 2023, R293
  • Forst/Schiffers, Beratungspraxis Familienunternehmen – Neue Koordinaten zur Rechtsformwahl durch das Wachstumschancengesetz?, GmbHR 2023, 966
  • Weimann, BMF zur beabsichtigten eRechnung, ASTW 2023, 787
  • Schiffers, Wachstumschancengesetz – eine erste Einschätzung, GmbHR 2023, R256
  • Geberth/Bartelt, BMF: Referententwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), GmbHR 2023, R245
  • Wünnemann, Aktuelle Steuerpolitik, Ubg 2023, 521
  • Niermann, Rechtsänderungen im Bereich der Arbeitnehmerbesteuerung durch das Wachstumschancengesetz, DB 2023, 1944
  • Behrens/Sparr, Die Zinsschranke und die Zinshöhenschranke nach dem Entwurf eines Wachstumschancengesetzes BMF-Referentenentwurf vom 14.7.2023 und Regierungsentwurf vom 30.8.2023, Ubg 2023, 461
  • Nieskens, Es wird ernst: Die verpflichtende elektronische Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr kommt, UR 2023, 671
  • Cordes/Glatthaar, Reform der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG und Anpassung des Optionsmodells – Entwurf eines Wachstumschancengesetzes, FR 2023, 681

Blogbeiträge:

Gesetzesmaterialien:

  • Gesetzgebungsvorgang im Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialien
  • BGBl. 2024 I Nr. 108 vom 27.3.2024
  • Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 20/10410
  • Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 20/9396
  • Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 20/9341
  • Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BT-Drucks. 20/8628
  • Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)

Seminare, Webinare und Fortbildungen:

OLG Schleswig bejaht Vorrang der separaten Vorkaufsrechtsausübung beim Paketverkauf von GmbH-Geschäftsanteilen – keine Erstreckung auf gesamten Anteilsverkauf analog § 467 Satz 2 BGB

I. Gesetzlicher Grundsatz der separaten Vorkaufsrechtsausübung

Das OLG Schleswig hat mit Urteil vom 7. Februar 2024 (GmbHR 2024, Ausgabe 7 m. Anm. Wertenbruch/Döring) – im Anschluss an BGHZ 168, 152 = WM 2006, 1598 und gegen eine verbreitete Literaturauffassung – beim Paketverkauf von GmbH-Geschäftsanteilen der Ausübung eines einzelnen, auf den Geschäftsanteil eines Mitgesellschafters bezogenen statutarischen Vorkaufsrechts den grundsätzlichen Vorrang gegenüber dem in § 464 Abs. 2 BGB geregelten Grundsatz der Vertragsidentität eingeräumt. Nach § 464 Abs. 2 BGB muss der Vorkaufsberechtigte den Inhalt des vom Vorkaufsverpflichteten mit dem Dritten geschlossenen Kaufvertrag prinzipiell in toto übernehmen. Wenn aber mehrere Gegenstände verkauft werden, an denen nur zum Teil oder eigenständige Verkaufsrechte bestehen, dann kann ein Vorkaufsrecht in Bezug auf einen einzelnen davon erfassten Verkaufsgegenstand separat ausgeübt werden. Nach § 467 Satz 1 BGB ist in dieser Konstellation ein verhältnismäßiger Teilkaufpreis zu ermitteln und vom Vorkaufsberechtigten zu entrichten. Das OLG Schleswig hat zu Recht auf Grundlage der im konkreten Fall tatsächlich erfolgten separaten Vorkaufsrechtsausübung eine doppelt analoge Anwendung des § 467 Satz 2 BGB prinzipiell abgelehnt und wegen drohenden Vollzugs des Paketverkaufs eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung erlassen.

II. Interessenabwägung auf Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht statt doppelt analoger Anwendung des § 467 Satz 2 BGB – Darlegungs- und Beweislast

Auch eine mehrfach analoge Anwendung des § 467 Satz 2 BGB kann beim Paketverkauf von GmbH-Geschäftsanteilen und Bestehen separater statutarischer Vorkaufsrechte vor allem deshalb keine geeignete Problemlösung darstellen, weil diese kaufrechtliche Vorschrift einseitig auf das Vorliegen eines Nachteils aufseiten des durch die separate Vorkaufsrechtsausübung verpflichteten Mitverkäufers und nicht auf die Interessen des anderen Mitverkäufers sowie der verkaufsberechtigten Gesellschafter auf der Gegenseite abstellt (Wertenbruch/Döring, GmbHR 2024, Ausgabe 7). Allein nach Kaufrecht kommt es daher bei separater Vorkaufsrechtsausübung nicht zu einer Erstreckung auf das von den Verkäufern im Rahmen der Vertragsfreiheit vordefinierte gesamte Anteilspaket. Da bei den üblichen wechselseitigen Vorkaufsrechten an GmbH-Geschäftsanteilen sowohl die Berechtigten als auch die Verpflichteten als Gesellschafter der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht unterliegen, kann sich beim Paketverkauf – und daher auch im Fall des OLG Schleswig – eine Obliegenheit zur einheitlichen Ausübung der Vorkaufsrechte aus dieser zentralen mitgliedschaftlichen Verpflichtung ergeben (Wertenbruch/Döring, GmbHR 2024, Ausgabe 7). Insoweit ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich, die § 467 Satz 2 BGB auch im Rahmen einer weitgehenden Analogie nicht gewährleisten könnte. Zu beachten ist aber, dass die separate Vorkaufsrechtsausübung der gesetzliche Regelfall ist mit der Folge, dass die Paketverkäufer die Darlegungs- und Beweislast für eine auf einheitliche Vorkaufsrechtsausübung gerichtete Treuebindung der vorkaufsberechtigten Mitgesellschafter tragen (Wertenbruch/Döring, GmbHR 2024, Ausgabe 7). Dem Vorkaufsberechtigten obliegt allerdings eine sekundäre Darlegungslast.

III. Beschränkte gesellschaftsvertragliche Lösungsmöglichkeiten – Tragweite von statutarischen Anbietungsrechten

Im Rahmen der Gestaltung einer GmbH-Satzung kann zwar die Frage der Art der Ausübung wechselseitiger Vorkaufsrechte bei Vorliegen eines Paketverkaufs besonders geregelt werden. Der bei Eintritt eines konkreten Vorkaufsfalls gegebenen Interessenlage und den sonstigen relevanten Umständen könnte dann aber nur schwer hinreichend Rechnung getragen werden. Auch dies belegt, dass die vorkaufsrechtliche Problematik eines Paketverkaufs im Streitfall letztlich nur auf Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gelöst werden kann. Die in der Praxis verbreiteten statutarischen Anbietungspflichten können die Vereinbarung von mitgliedschaftlichen Vorkaufsrechten zwar ergänzen, aber die hier in Rede stehenden Probleme bei der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vermeiden (vgl. zum Wesen der Anbietungspflicht in GmbH-Satzungen BGHZ 48, 141 = WM 1967, 927; Seibt in Scholz, 13. Aufl. 2022, § 15 GmbHG Rz. 118). Im Fall des BGH lautete die darauf bezogene Satzungsklausel: „Jeder zum Verkauf gelangende Anteil am Stammkapital ist zunächst jedem Gesellschafter gemäß dessen Anteil am Stammkapital und, soweit eine Übernahme nicht erfolgt, der Gesellschaft selbst anzubieten“ (BGHZ 48, 141, 145 = WM 1967, 927, 928). Lehnt ein vorkaufsberechtigter Gesellschafter nach Anbietung eines oder mehrerer Geschäftsanteile den Ankauf ab, so wird dadurch sein Verhalten bei einem nachfolgenden Anteilsverkauf mit Auslösung des Vorkaufsfalls weder gesetzlich noch gesellschaftsvertraglich determiniert. Für den Gesellschafter als Adressaten einer aktuellen Anbietung ist in Bezug auf die Kaufentscheidung in erster Linie von Bedeutung, ob ein wirtschaftliches Interesse an der Aufstockung der Beteiligung zu konstatieren ist und der Kaufpreis ohne größere Schwierigkeiten finanziert werden kann. Kommt es im Anschluss an die Ablehnung des Ankaufs nach satzungskonformer Anbietung zur Entstehung des Vorkaufsfalls gem. § 463 BGB durch Anteilsverkauf, so kann für die Ausübung des Vorkaufsrechts stattdessen die Abwehr des Eintritts des vom Vorkaufsberechtigten als nicht akzeptabel klassifizierten Anteilskäufers im Vordergrund stehen. Der vorkaufsberechtigte Mitgesellschafter handelt daher grundsätzlich nicht widersprüchlich oder in sonstiger Weise treuwidrig, wenn er deswegen nunmehr das am konkreten Geschäftsanteil bestehende Vorkaufsrecht ausübt. Ob im Falle eines Paketverkaufs die Vorkaufsrechte einheitlich ausgeübt werden müssen, ist auch hier im Wege einer Interessenabwägung auf Grundlage der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu klären.

Vermittlungsausschuss: Sog. unechtes Vermittlungsergebnis zum Wachstumschancengesetz

Am 21.2.2024 hat der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat getagt und unter anderem über das Wachstumschancengesetz beraten. Am Ende der Verhandlungen gab es ein sog. unechtes Vermittlungsergebnis. Zwar konnte der im Vorfeld erarbeitete Kompromiss, der nur noch ein Entlastungsvolumen von 3,2 Mrd. € beinhaltet, mit einer Mehrheit der Stimmen beschlossen werden, allerdings ohne die Stimmen der CDU- und CSU-Mitglieder in diesem Gremium. Das Ergebnis bedarf nun aber im weiteren Verfahren noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Sollte also die Zustimmung von CDU/CSU im Bundesrat ausbleiben, kann eine erneute Beratung im Vermittlungsausschuss erforderlich werden. Die Unionsparteien machen ihre Zustimmung weiterhin davon abhängig, dass die Ampelkoalition die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Agrardiesel rückgängig macht.

Das Vermittlungsergebnis lässt sich nur im Abgleich mit dem Bundestagsbeschluss vom 17.11.2023 (vgl. Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Bundestags) analysieren. Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem Bundestagsbeschluss vom 17.11.2023 können wie folgt zusammengefasst werden:

Bereits im Kreditzweitmarktförderungsgesetz umgesetzte und nur deshalb nicht mehr im Gesetz enthaltene Maßnahmen:

› Steuerliche Anpassungen der Abgabenordnung (AO) und anderer Gesetze an das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) einschließlich der befristeten Fortschreibung des Status Quo in der Grunderwerbsteuer.

› Reform und Anpassung der Zinsschranke im Zuge der ATAD-Umsetzung (§ 4h EStG, § 8a KStG).

› Verzicht auf die Besteuerung der Soforthilfe Dezember 2022 (Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz – EWSG).

› Anpassung der Vorsorgepauschale (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. c EStG).

› Datenaustausch der Kranken- und Pflegeversicherung: Die Einführung des neuen Verfahrens wurde um zwei Jahre verschoben. Neuer Starttermin ist der 01.01.2026 (§ 52 Abs. 36 Satz 3 und 4 EStG).

Mangels Einigung aus dem Gesetz gestrichene Maßnahmen:

› Einführung einer steuerlichen Investitionsförderung in Ergänzung zu den bestehenden Projektförderungen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in Höhe von 15 % der begünstigten Aufwendungen.

› Mitteilungspflichten in Bezug auf innerstaatliche Steuergestaltungen.

› Erweiterung des Verlustrücktrags auf drei Jahre sowie Anhebung des Höchstbetrags auf 10 Mio. € bzw. 20 Mio. € ab dem 01.01.2024 bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2025. Ab dem Veranlagungszeitraum 2026 sollte der Höchstbetrag von ursprünglich € 1 Mio. bzw. € 2 Mio. bei Zusammenveranlagung dauerhaft auf € 5 Mio. bzw. € 10 Mio. bei Zusammenveranlagung angehoben werden (§ 10d Abs. 1 EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter und den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten durch Anhebung der Betragsgrenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter von € 800 auf € 1.000 und für Sammelposten von € 1.000 auf € 5.000 sowie Senkung der Auflösungsdauer der Sammelposten auf drei Jahre für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000 € (§ 3 Nr. 73 EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen von € 28 auf € 30 und von € 14 auf € 15 ab dem 01.01.2024 (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Anhebung des Freibetrags für Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen von 110 € auf 150 € ab dem 01.01.2024 (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Anhebung der Förderung bei der energetischen Gebäudesanierung um zehn Prozentpunkte auf 30 % der Aufwendungen, sofern die Sanierung in 2024 oder 2025 erfolgt. (§ 35c Abs. 1a EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Das vorzeitige Auslaufen des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und von Wärme über ein Wärmenetz bereits zum 29.02.2024 (§ 28 Abs. 5 und 6 UStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Umsatzbesteuerung der Landwirte, Anpassung des Durchschnittssatzes für 2024 (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 3 UStG-E laut Bundestagsbeschluss). Die Maßnahme soll nochmal überprüft werden, auch mit Blick auf Beihilfefragen.

Durch den Vermittlungsausschuss nochmal geänderte Maßnahmen:

› Verlustvortrag § 10d EStG: Anhebung der Prozentgrenze von 60 % auf nur noch 70 % (statt 75 % laut Bundestagsbeschluss) für 4 Jahre (2024 bis 2027) bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Auf die entsprechende Regelung bei der Gewerbesteuer laut Bundestagsbeschluss wird verzichtet.

› Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG-E): Degressive Abschreibung in Höhe von bis zu 20 % (statt 25 % laut Bundestagsbeschluss) höchstens dem 2-fachen (statt dem 2,5-fachen laut Bundestagsbeschluss) der linearen Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.03.2024 (statt nach dem 31.12.2023 laut Bundestagsbeschluss) und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind.

› Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 5 % (statt 6 % laut Bundestagsbeschluss) mit Baubeginn ab 01.10.2023 befristet auf 6 Jahre (§ 7 Abs. 5a EStG-E).

› § 7g EStG: Anhebung der Sonderabschreibung für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 € im Jahr vor der Investition nicht überschreiten, von derzeit 20 % der Investitionskosten auf 40 % (statt 50 % laut Bundestagsbeschluss) der Investitionskosten für nach dem 31.12.2023 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter.

› Firmen- und Dienstwagenbesteuerung – Anhebung der Bruttolistenpreisgrenze ohne Entfall der alternativen Reichweitengrenze: Es bleibt bei der vom Bundestag beschlossenen Anhebung des Höchstbetrags für die Inanspruchnahme des Viertels der 1%-Bemessungsgrundlage für die private Nutzung bei rein elektrischen Firmenwagen (inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge), die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, von € 60.000 auf € 70.000 Listenpreis (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG-E). Darüber hinaus sollte laut Bundestagsbeschluss die Bemessungsgrundlage bei der Bewertung der Entnahme für die private Nutzung betrieblicher Elektrofahrzeuge, die nicht in den Genuss der Viertel-Regelung kommen, und extern aufladbarer Hybridelektrofahrzeuge nur noch dann zur Hälfte anzusetzen sein, wenn das Fahrzeug einen Kohlendioxidausstoß von höchstens 50 Gramm je gefahrenem Kilometer hat. Nunmehr hat man sich allerdings darauf verständigt, dass die aktuell vorgesehene Alternative einer elektrischen Mindestreichweite des Fahrzeugs von mindestens 80 Kilometern nicht ab 2025 entfallen soll (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 Nr. 5 EStG-E laut Bundestagsbeschluss).

› Die Abschaffung der Fünftelungsregelung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren (Aufhebung von § 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG) soll nicht rückwirkend zum 01.01.2024 (laut Bundestagsbeschluss), sondern zum 01.01.2025 erfolgen.

› Forschungszulage; §§ 3 und 4 FZulG: Ausweitung der förderfähigen Aufwendungen auf bestimmte Sachkosten und Anhebung der maximal förderfähigen Bemessungsgrundlage von bisher 4 Mio. € auf 10 Mio. € (statt auf 12 Mio. € laut Bundestagsbeschluss) ab dem Tag nach der Gesetzesverkündung (statt ab 01.01.2024 laut Bundestagsbeschluss); zusätzlich bleibt es bei der Erhöhung für kleine und mittlere Unternehmen um 10 Prozentpunkte.

› Die ursprünglich für Anfang 2024 angedachten Änderungen des InvStG sollen nicht rückwirkend, sondern überwiegend erst mit Gesetzesverkündung Wirksamkeit entfalten.

Die eGbR als neuer Fixstern am gesellschaftsrechtlichen Firmament – schon 2.500 Eintragungen im Gesellschaftsregister

I. Hamburg vor Stuttgart und Berlin

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1.1.2024 ist auch das Gesellschaftsregister für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) eröffnet worden. Gemäß § 707 Abs. 1 BGB besteht für diese Personengesellschaften keine Eintragungspflicht, sondern grundsätzlich ein Wahlrecht, solange keine der bestehenden gesetzlichen Voreintragungsobliegenheiten Platz greift. Laut Unternehmensregisterabfrage via Bundesanzeiger (https://www.unternehmensregister.de/ureg/) wurde heute Mittag gegen 13 Uhr (22.1.2024) bundesweit die Zahl von 2.500 GbR-Eintragungen im Gesellschaftsregister erreicht. Auf die Registergerichte der zehn größten Städte Deutschlands entfallen insgesamt 912 Registrierungen. Angeführt wird die Blitztabelle von Hamburg (265 Eintragungen), Stuttgart (168 Eintragungen) und Berlin (127 Eintragungen); dahinter München (117 Eintragungen) und Köln (108 Eintragungen). Ein beträchtlicher Teil der Registereintragungen war schon bis zum 3. 1.2024 vollzogen. In Hamburg wurde die Schwelle von 50 Eintragungen bereits am 4.1.2024 überschritten. Es besteht daher eine – wohl unwiderlegliche – Vermutung dafür, dass der auf die neue Rechtsformvariante der eGbR bezogene Registerbetrieb an den dafür zuständigen Amtsgerichten auf Grundlage einwandfreier notarieller Anmeldungen termingerecht und ohne Startschwierigkeiten aufgenommen wurde. Keine Probleme gab es wohl auch in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit der Registergerichte für die Anmeldung. So hat z.B. Hessen die Registerzuständigkeit i.S.d. § 376 Abs. 2 FamFG sinnvollerweise nach § 32 Abs. 1 Justizzuständigkeitsverordnung (JuZuV v. 3.6.2013, GVBl. S. 386) parallel zur Zuständigkeit für Handelsregistersachen ausgestaltet. In Berlin reiht sich die Zuständigkeit für Gesellschaftsregistersachen (§ 374 Nr. 2 FamFG) nun in die Zuständigkeitskonzentration des § 5 der Verordnung über die Zuweisung amtsgerichtlicher Zuständigkeiten (Zuweisungsverordnung – ZuwV v. 8.5.2008, GVBl. S. 116) ein, sodass auch hierfür zentral das Amtsgericht Charlottenburg zuständig ist.

Offensichtlich waren aber auch die jetzt bereits eingetragenen Gesellschaften selbst und ihre Berater sehr gut auf die mit dem neuen gesetzlichen Leitbild der rechtfähigen GbR i.S.d. § 705 Abs. 2 Var. 1 BGB einhergehende registerrechtliche Zeitenwende eingestellt. Soweit der im Gesellschaftsregister nach § 707 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) BGB eingetragene Name der eGbR unmittelbar das Betätigungsfeld visualisiert, dominieren bei kursorischer Durchsicht der Registereintragungen die Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaften. Ansonsten spiegeln die Namenseintragungen die vielfältige Palette der nach § 705 Abs. 1 BGB möglichen Gesellschaftszwecke wider.

II. Voreintragungserfordernisse als Grund für den Run auf die Registerplätze

Der starke Trend zur Eintragung in das Gesellschaftsregister beruht vor allem auf den zahlreichen im Rahmen des MoPeG zeitgleich statuierten Voreintragungserfordernissen, die zwar formal das Eintragswahlrecht des § 707 Abs. 1 BGB nicht tangieren, aber gesellschaftsrechtliche Transaktionen sowie Verfügungen im Grundstücksrecht bis zum Vollzug der Eintragung blockieren. So soll gem. § 47 Abs. 2 GBO für eine GbR ein Recht im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Eine GbR kann nach § 40 Abs. 1 Satz 3 GmbHG nur dann in die GmbH-Gesellschafterliste eingetragen und Veränderungen an ihrer Eintragung können nur vorgenommen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Das Gleiche gilt gem. § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG für die Eintragung im Aktienregister. Nach § 707a Abs. 1 Satz 2 BGB soll eine GbR als Gesellschafter einer anderen GbR nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Diese Eintragungsobliegenheit gilt über § 105 Abs. 3 HGB auch für die Beteiligung der GbR an einer OHG und gem. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB für die Gesellschafterstellung in einer KG.

Zudem hängt auch die Möglichkeit der GbR, einen Statuswechsel nach § 707c BGB vornehmen zu können, von der Voreintragung im Gesellschaftsregister ab. Einen vom Verwaltungssitz abweichenden Vertragssitz können die Gesellschafter gem. § 706 Satz 2 BGB ebenfalls nur bei Vorliegen einer eingetragenen GbR vereinbaren. Gehören der noch nicht eingetragene GbR eine große Zahl von Gesellschaftern an, so bietet sich – zwecks Vermeidung praktischer Schwierigkeiten bei der Ersteintragung und bei der Pflege der Registrierung – die insbesondere bei der Kommanditgesellschaft anzutreffende Treuhandlösung an, bei der vom Treuhandgesellschafter (Treuhänder) die Kapitalbeteiligungen der Treugeber auf Grundlage von Treuhandverträgen in der Weise gebündelt werden, dass nur der Treuhänder eine Gesellschafterstellung innehat und demzufolge nur er gem. § 707 Abs. 2 Nr. 2 BGB in das Gesellschaftsregister einzutragen ist (vgl. zur Legitimität BGH v. 11.11.2008 – XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354; BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 = ZIP 2013, 570). Die Treugeber sind dann über den Treuhänder nur wirtschaftlich an der GbR beteiligt.

III. Vermeidung von Zeitverlusten bei Akutwerden einer gesellschaftsrechtlichen oder grundstücksrechtlichen Transaktion mit Beteiligung einer GbR

Solange eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene GbR, die nach altem Recht unter dem Namen ihrer Gesellschafter und einer Gesamtbezeichnung in einem Objektregister (insb. Grundbuch, GmbH-Gesellschafterliste, Aktienregister oder Handelsregister) als Inhaberin eines Rechts eingetragen ist, keine neue Verfügung über das betreffende Recht oder eine sonstige kraft Gesetzes voreintragungsrelevante Veränderung plant und sich daher also erst einmal „nicht bewegt“, muss zwar prima vista keine Registrierungseile konstatiert werden. Die registerlos vagabundierenden BGB-Gesellschaften und ihre Berater verlieren aber kostbare Zeit, wenn sich – u.U. auch unerwartet – die Notwendigkeit einer Transaktion ergibt, bei der die GbR als beteiligte Rechtsform nur im Falle einer Voreintragung im Gesellschaftsregister akzeptiert wird. Der Vollzug der eigentlich beabsichtigten Transaktion kann dann nämlich erst unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister als für sie einschlägiges Subjektregister notariell und registerrechtlich abgewickelt ist, sodass ihre Eintragung im anvisierten Objektregister unter Angabe des Registergerichts und der Registernummer vorgenommen werden kann.

IV. Nachweis der Vertretungsmacht im Rechtsverkehr

Ein weiterer Grund für die starke Nachfrage hinsichtlich eines Platzes im Gesellschaftsregister ist sicherlich der Umstand, dass die als Geschäftsführer auftretenden Gesellschafter ansonsten ihre Vertretungsmacht nicht valide nachweisen können. Das MoPeG hält mit § 720 Abs. 1 BGB für die GbR am dispositiven Gesamtvertretungsmodell fest. Es müssen daher grundsätzlich alle Gesellschafter an der Vertretung der GbR beteiligt werden. Der Gesellschaftsvertrag kann zwar eine abweichende Vertretungsregelung vorsehen. Aber auch eine derartige Vertretungsregelung ist bei fehlender Eintragung im Gesellschaftsregister für den Rechtsverkehr nicht ohne weiteres ersichtlich. Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einer nicht eingetragenen GbR ist daher für den potentiellen Vertragspartner generell gefährlich. Im Fall der Ausübung des Eintragungswahlrechts nach § 707 Abs. 1 BGB ist gem. § 707 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter zur Eintragung anzumelden (vgl. zu den Einzelheiten Wertenbruch, GmbHR 2024, 1 Rz. 8). Nach § 707a Abs. 3 BGB bewirkt die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister, dass die Rechtsschein- und Vertrauensschutznorm des § 15 HGB mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt (vgl. dazu Wertenbruch, GmbHR 2024, 1 Rz. 8). Der Rechtsverkehr kann sich in Bezug auf die Vertretungsmacht zwar nur eingeschränkt auf Angaben des agierenden Geschäftsführers und/oder eine von ihm vorgelegte Version des Gesellschaftsvertrags, aber nach Maßgabe des § 707a Abs. 3 BGB i.V.m. § 15 HGB auf die Eintragungen im Gesellschaftsregister verlassen.

V. Prüfungspflichten der Banken und sonstigen Verpflichteten i.S.d. § 2 GWG

Bei Kreditinstituten und sonstigen Verpflichteten i.S.d. § 2 Geldwäschegesetz (GWG) besteht in Bezug auf Geschäftsbeziehungen mit einer nicht eingetragenen GbR nicht nur die Problematik, dass deren geschäftsführende Gesellschafter ohne Registerauszug die gerade bei Bankgeschäften besonders bedeutsame Vertretungsmacht nicht valide nachweisen können. Hinzu kommt die Pflicht der Kreditinstitute und sonstigen Verpflichteten aus § 11 Abs. 1 GWG, vor Begründung der Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung der Transaktion Vertragspartner, für diese auftretende Personen und wirtschaftlich Berechtigte zu identifizieren. Das GWG fordert zwar insoweit formal keine Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister; auch § 11 Abs. 4 Nr. 2 lit. c) GWG verlangt in Bezug auf die Rechtsform der GbR zumindest nicht ausdrücklich die Existenz einer Registernummer. Die Überprüfung der nach § 11 Abs. 4 GWG erhobenen Angaben hat aber gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 GWG bei juristischen Personen oder bei rechtsfähigen Personengesellschaften anhand eines Auszuges aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder aus einem vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis zu erfolgen. Das neue Gesellschaftsregister ist ein „vergleichbares amtliches Register“ in diesem Sinne. Ohne Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister kann ein Kreditinstitut die Identitätsprüfung daher kaum zuverlässig vornehmen. Im Übrigen wird eine nicht eingetragene GbR aufgrund der momentan außerordentlich florierenden Eintragungspraxis dem kontaktierten Kreditinstitut nur schwer einen plausiblen Grund für das Abstandnehmen von einer Registrierung präsentieren können. Die Eintragung im Transparenzregister hängt gem. § 20 Abs. 1 GWG ebenfalls von der Registrierung der GbR im Gesellschaftsregister ab.

Das MoPeG tritt in wenigen Monaten in Kraft! – Müssen oder sollten bestehende Gesellschaftsverträge von Personenhandelsgesellschaften noch rechtzeitig angepasst werden?

I. Anwendung des neuen Personengesellschaftsrechts auch auf bestehende Gesellschaften?!

Für das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 10. August 2021 (BGBl. I 2021, 3436) hat der Gesetzgeber der Praxis (und auch der Wissenschaft) bekanntlich eine verhältnismäßig lange Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten am 1. Januar 2024 eingeräumt. Erschien diese kurz nach der Verkündung des MoPeG im August 2021 mit fast 2,5 Jahren recht lang, ist allen mit dem Personengesellschaftsrecht in ihrer beruflichen Praxis befassten Personen vor allem in den letzten Monaten klar geworden, dass auch diese Übergangsfrist bald zu Ende geht und es in Sachen MoPeG sozusagen ernst wird. Eine im bisherigen Diskurs wenig oder kaum beachtete Frage ist die Anwendung des neuen Rechts auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens schon bestehende Gesellschaften. Wirft man einen Blick in das MoPeG selbst, muss man resigniert feststellen, dass sich der Gesetzgeber dieser Frage offenbar nicht angenommen hat. So stellt Art. 137 MoPeG lediglich fest, dass dieses weitestgehend am 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Auch der mit dem MoPeG eingeführte Art. 52 EGHGB bringt keinen wirklich größeren Aufschluss, da dieser nur für die Änderungen in § 162 HGB eine Regelung vorsieht. Eine solche gesetzgeberische Abstinenz im Hinblick auf Übergangsregelungen ist allerdings nicht ungewöhnlich, fehlten diese doch bei zahlreichen größeren, gesellschaftsrechtlichen Reformgesetzen in den letzten Jahrzehnten. Gleichwohl ist dem Gesetzgeber dahingehend ein Vorwurf zu machen, da sich etwa beim MoMiG (zur Frage der Anwendung des neuen Rechts der Gesellschafterdarlehen auf Altdarlehen Hirte/Knof/Mock, NZG 2009, 48) oder bei der Aktienrechtsnovelle 2016 (zur Frage der Anwendung der [neuen] Beschränkungen für die Ausgabe von Inhaberaktien bei Altgesellschaften Mock, AG 2016, 261, 268) durchaus komplexe Fragen des Übergangsrechts stellten, so dass man eigentlich ausreichend Erfahrung damit machen konnte, dass es ohne Übergangsregelungen jedenfalls nicht ganz einfach wird.

Aus dem Fehlen einer umfassenden Übergangsregelung bzw. der Beschränkung von Art. 52 EGHGB auf die Neufassung von § 162 HGB folgt nun, dass das neue Recht auch auf alle Gesellschaften Anwendung findet, und zwar unabhängig davon, ob diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens zum 1. Januar 2024 schon gegründet waren oder nicht. Somit unterliegen auch alle bestehenden Gesellschaften den Neuregelungen. Dies ist vor dem Hintergrund der teilweise erheblichen Änderungen und Neuerungen durch das MoPeG insbesondere dann nicht unproblematisch, wenn der Gesellschaftsvertrag sich eben zu diesen neuen Regelungen nicht inhaltlich verhält. Dies soll nachgehend für die zwei Bereiche des Beschlussmängelrechts und der Gewinnausschüttungen an Gesellschafter illustriert werden.

II. Beschlussmängelrecht

Eine zentrale Neuerung des MoPeG ist die Einführung eines Beschlussmängelrechts für die Personenhandelsgesellschaften in den §§ 110-115 HGB, mit denen der Gesetzgeber nunmehr das Anfechtungsmodell für die oHG und die KG übernommen hat, für das bisher das Feststellungsmodell gegolten hat (zu diesen beiden Modellen vgl. etwa Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz. 1). Diese Neuregelungen sollen ausweislich der Gesetzesbegründung auch auf Altgesellschaften Anwendung finden (Begr RegE MoPeG, BT-Drucks. 19/27635, S. 228). Bei eben dieser Anwendung der Neuregelungen auf bestehende Gesellschaften stellt sich das Problem, dass diese Neuregelungen nicht zwingend sind und die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag von diesem Modell im Grundsatz vollständig oder im Hinblick auf Einzelregelungen abweichende Regelungen vorsehen können (arg. § 108 HGB; Bayer/Rauch, DB 2021, 2609, 2617; Liebscher in Schäfer, Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 5 Rz. 152; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 110 Rz. 45; Schäfer, ZIP 2021, 1527, 1533 [mit einem konkreten Regelungsvorschlag]; zu den Grenzen der Gestaltung ausführlich Mohamed in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 108 HGB Rz. 37 f.). Eben in diesem Verhältnis von bestehenden Regelungen in Gesellschaftsverträgen bei Altgesellschaften zu den neuen §§ 110-115 HGB können Probleme auftreten.

1. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften ohne Regelungen zum Beschlussmängelrecht

Keine Probleme scheinen zunächst bei Gesellschaftsverträgen von Altgesellschaften ohne Regelungen zum Beschlussmängelrecht zu bestehen. Bei diesen Gesellschaften finden die neuen §§ 110-115 HGB ohne Weiteres Anwendung. Damit ist für diese Gesellschaften aber eine erhebliche Veränderung der Rechtslage verbunden, da es einen Vertrauenstatbestand, dass das bisherige Beschlussmängelrecht auch weiterhin Anwendung findet, gerade nicht gibt. Daher sollte geprüft werden, ob dieser automatische Wechsel vom Feststellungs- zum Anfechtungsmodell tatsächlich im Interesse der Gesellschafter ist, da anderenfalls eine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit einer Optierung zugunsten des Feststellungsmodells erwogen werden sollte. Das Bestehen einer dahingehenden Interessenlage ist durchaus nicht abwegig, wird die Geltendmachung von Beschlussmängel durch die neuen §§ 110-115 HGB doch vor allem in prozessualer Hinsicht erheblich erleichtert. Sind die Gesellschafter einer Geltendmachung von Beschlussmängeln gegenüber eher zurückhaltend eingestellt, sollte erwogen werden, für das Feststellungsmodell zu optieren. Eine Pflicht zur Zustimmung der Änderung des Gesellschaftsvertrags kann nicht – auch nicht als Ausfluss der Treuepflicht – angenommen werden (Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz. 45; großzügiger Liebscher, Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 5 Rz. 154).

Wurde bereits vor dem Inkrafttreten des MoPeG eine Feststellungsklage erhoben, über die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. Januar 2024 noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, kann die Klage nicht wegen der ggf. fehlenden Beachtung der dreimonatigen Klagefrist des neuen § 112 Abs. 1 HGB abgewiesen werden; auch bleibt die Feststellungsklage in diesen Fällen die statthafte Klageart (so ausdrücklich Begr RegE MoPeG, BT-Drucks. 19/27635, S. 228)

2. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften mit Regelungen zum Anfechtungsmodell

Sieht der Gesellschaftsvertrag von Altgesellschaften Regelungen zum Beschlussmängelrecht vor und folgen diese dem Anfechtungsmodell, bleiben diese gesellschaftsvertraglichen Regelungen weiter anwendbar (arg. § 108 HGB). Schwierigkeiten können sich aber dann ergeben, wenn diese Regelungen eine Anfechtungsfrist von weniger als einem Monat vorsehen, da eine solche Regelung nach § 112 Abs. 1 Satz 2 HGB unwirksam ist. Der Umstand, dass diese Regelung vor dem Inkrafttreten des MoPeG vereinbart wurde, ist ohne Bedeutung. Folge dieser Unwirksamkeit ist es, dass dann die dreimonatige Anfechtungsfrist des § 112 Abs. 1 Satz 1 HGB zur Anwendung kommt (Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 112 HGB Rz. 8). Somit kann es mit dem Inkrafttreten des MoPeG dahingehend zu einer Änderung der Rechtslage kommen, auch wenn der Gesellschaftsvertrag das Beschlussmängelrecht ausführlich regelt. Daher sollte – sofern der Gesellschaftsvertrag eine Anfechtungsfrist von weniger als einem Monat vorsieht (zur Frage der Zulässigkeit einer solchen Frist im alten Recht Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, 5. Aufl. 2019, § 119 HGB Rz. 12d) – geprüft werden, ob man jedenfalls auf diesen Mindeststandard ausweicht, um die Maßgeblichkeit der längeren Anfechtungsfrist von drei Monaten (§ 112 Abs. 1 Satz 1 HGB) auszuschließen. Zudem sollte geprüft werden, ob etwaige Konkretisierungen des Anfechtungsmodells von den Gesellschaftern gewollt oder erwünscht sind; dies gilt etwa im Hinblick auf konkrete Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe oder die – in den §§ 110-115 HGB nicht adressierte – Heilung fehlerhafter Beschlüsse (zur Frage der Heilung Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann,6. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz. 46).

3. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften mit Regelungen zum Feststellungsmodell

Enthält der Gesellschaftsvertrag für das Beschlussmängelrecht Regelungen zum Feststellungsmodell, kommen die §§ 110–115 HGB nicht zur Anwendung und es bleibt bei der bisherigen Rechtslage. Schwierigkeiten können sich allerdings dann ergeben, wenn diese Regelungen zum Feststellungsmodell unvollständig sind, da die §§ 110–115 HGB dann meist nicht zur Lückenfüllung herangezogen werden können. Kann den Regelungen im Gesellschaftsvertrag gleichwohl entnommen werden, dass das Beschlussmängelrecht der Gesellschaft dem Feststellungsmodell unterliegen soll, ist im Zweifel anzunehmen, dass die alte Rechtslage fortbestehen soll und Lücken dann eben mit Rückgriff auf dieses zu schließen sind.

4. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften mit widersprüchlichen oder unklaren Regelungen zum Beschlussmängelrecht

Besondere Schwierigkeiten bestehen schließlich bei Gesellschaften, bei denen nicht eindeutig ist, ob der Gesellschaftsvertrag für Beschlussmängel dem Anfechtungs- oder dem Feststellungsmodell folgen soll. Während im bisherigen Recht im Zweifel das Feststellungsmodell zur Anwendung kam (dazu etwa Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 5. Aufl. 2019, § 119 HGB Rz. 8 ff.), verhält es sich nach neuem Recht nun umgekehrt; Unklarheiten führen in der Regel zur Anwendung der §§ 110-115 HGB (Liebscher in Schäfer, Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 5 Rz. 153; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz. 45). Daher sollte der Gesellschaftsvertrag daraufhin geprüft werden.

III. Gewinnausschüttungen an Gesellschafter

Eine weitere, zentrale Neuerung hält das MoPeG im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen an Gesellschafter bereit. Während die Gesellschafter einer oHG im bisherigen Recht lediglich ein beschränktes Entnahmerecht (§ 122 HGB) und die Kommanditisten Anspruch auf Auszahlung des auf sie entfallenden Gewinns (§ 169 HGB) hatten, geht das neue Recht generell von einem Vollausschüttungsgebot für die oHG und die KG aus. Nach § 122 Satz 1 HGB muss der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn an die Gesellschafter nach der Feststellung des Jahresabschlusses ausgeschüttet werden; die Auszahlung kann nur unter den Voraussetzungen von §§ 122 Satz 2, 169 HGB von den Gesellschaftern nicht gefordert werden. Dabei ist zu beachten, dass ein Ergebnisverwendungsbeschluss nach dem gesetzlichen Regelungsmodell nicht erforderlich ist und auch ohne entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht wirksam gefasst werden kann (ausführlich Mock, GmbHR 2023, im Erscheinen; Mock  in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 121 HGB Rz. 15). Damit verbunden ist auch die Folge, dass nicht abgerufene Gewinne als Verbindlichkeiten der Gesellschaft auszuweisen sind und somit – entgegen der bisherigen Rechtslage (dazu Roth in Hopt, 42. Aufl. 2023, § 120 HGB Rz. 4; Schäfer, in Großkomm/HGB, 5. Aufl 2009, § 122 Rn. 10; im Ergebnis wohl auch Priester in MünchKomm/HGB, 5. Aufl. 2022, § 122 HGB Rz. 16.) – nicht auf den Kapitalanteil oder anderes Konto des Gesellschafters zurückgebucht werden; verzichten die Gesellschafter daher auf die Geltendmachung, um die Liquidität der Gesellschaft zu schonen, erhöht sich der Fremdkapitalausweis (ausführlich Mock, GmbHR 2023, im Erscheinen).

1. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften ohne Regelungen zur Ergebnisermittlung und -verwendung

Für Personenhandelsgesellschaften, die bisher keine Regelungen zur Ergebnisermittlung und -verwendung enthalten, sind mit dem Inkrafttreten des MoPeG erhebliche Änderungen verbunden. So können bei der oHG nun alle Gesellschafter die Auszahlung des Gewinns nach § 122 Satz 1 HGB verlangen, solange die Voraussetzungen von § 122 Satz 2 HGB nicht vorliegen; zudem kommt es zu einer Bilanzierung der nicht geltend gemachten Gewinnauszahlungsansprüche als Verbindlichkeiten. Letzteres ist auch bei Kommanditisten der Fall. Neben diesen Folgen für die Personenhandelsgesellschaften droht auch den Gesellschaftern Ungemach. Eine Folge der fehlenden Rückbuchung der nicht geltend gemachten Gewinnauszahlungsansprüche durch die nunmehr nicht erfolgende Zuschreibung zum Kapitalanteil ist, dass diese Ansprüche der allgemeinen Verjährung (§§ 195, 199 BGB) unterliegen und bei einer entsprechend mehrjährigen fehlenden Geltendmachung verloren gehen können (ausführlich Mock, GmbHR 2023, im Erscheinen). Daher sollte bei bestehenden Gesellschaften dringend geprüft werden, ob dieses nunmehr in den §§ 120-122, 169 HGB vorgesehene Regelungsregime den Interessen der Gesellschafter tatsächlich entspricht.

2. Gesellschaftsverträge von Altgesellschaften mit Regelungen zur Ergebnisermittlung und -verwendung

Aber auch bei Gesellschaften mit Regelungen zur Ergebnisermittlung und -verwendung in den Gesellschaftsverträgen können sich nach dem 1. Januar 2024 Verschiebungen ergeben. So stellt sich zunächst die Frage, inwieweit die §§ 120-122, 169 HGB durch diese Regelungen tatsächlich abbedungen werden. Dies ist zwar grundsätzlich möglich (ausführlich Mock, GmbHR 2023, im Erscheinen), kann aber schwierig werden, wenn die Regelungen im Gesellschaftsvertrag unvollständig sind oder bei einzelnen Aspekten auf das bisherige Recht verweisen. Besonders geprüft werden sollte, ob der Gesellschaftsvertrag auch regelt, wie mit nicht geltend gemachten Gewinnauszahlungsansprüchen umzugehen ist. Derartige Regelungen finden sich eher selten in Gesellschaftsverträgen, so dass sich dann die Frage stellt, ob es bei einer Bilanzierung als Verbindlichkeit (nach neuem Recht) oder doch zur Zuschreibung zum Kapitalanteil oder einem anderen Privatkonto kommt. Da § 122 Satz 1 HGB von ersterem ausgeht (ausführlich Mock, GmbHR 2023, im Erscheinen), dürfte eben diese Folge im Zweifel eintreten. Daher sollten bestehende Regelungen zur Ergebnisermittlung und -verwendung dringend geprüft werden, um eine ungewollte Änderung der Rechtslage zu verhindern. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Liquiditätsplanung der Gesellschaft, die durch umfassende Gewinnauszahlungsansprüche der Gesellschafter empfindlich beeinträchtigt werden kann, zumal die Schranken der §§ 122 Satz 2, 169 HGB verhältnismäßig hohe Hürden für einen Ausschluss der Durchsetzbarkeit des Gewinnauszahlungsanspruchs aufstellen.

III. Fazit

Auch wenn sich das Gesellschaftsvertragsrecht der Personenhandelsgesellschaften durch eine umfangreiche Gestaltungsfreiheit auszeichnet, drohen die am 1. Januar 2024 in Kraft tretenden, umfassenden gesetzlichen Änderungen des Personenhandelsgesellschaftsrechts, die Rechtslage für viele Personenhandelsgesellschaften zu ändern. Daher sollte der zum alten Recht ausgeübte Gestaltungsspielraum bei den Gesellschaftsverträgen daraufhin geprüft werden, ob die damit gewollten Regelungen auch im neuen Recht noch tatsächlich den ursprünglich gewollten Effekt haben. Ein Vorteil ist dabei zweifellos, dass die Änderung der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften in der Regel nicht an besondere Formerfordernisse oder Eintragungen im Handelsregister gebunden ist. Daher können Gesellschafter die gegebenenfalls notwendigen Änderungen noch rechtzeitig vor dem 1. Januar 2024 vornehmen. Erforderlich ist dahingehend aber eine Kooperationsbereitschaft der Gesellschafter, da eine Pflicht zur Änderung der Gesellschaftsverträge zur Anpassung von diesen an die neue Rechtslage unter dem MoPeG nicht besteht und sich auch nicht aus der Treuepflicht ableiten lässt (ebenso im Kontext des Beschlussmängelrechts Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, 6. Aufl. 2023, § 110 HGB Rz. 45; großzügiger Liebscher, in Schäfer, Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 5 Rz. 154).

 

Commercial Courts im Rechtsausschuss

Unter dem Titel „Commercial Courts – Deutsche Elite-Gerichtsbarkeit goes international“ hatte ich in der GmbHR 2023, R52 und hier im Blog über das Eckpunktepapier des BMJ vom 16.1.2023 berichtet. Mein damaliges Fazit: „Nichts spricht dagegen, sie möglichst rasch in ein Gesetz zu gießen und umzusetzen. … Woher sollten ernsthafte, überzeugende Argumente gegen Dialog, gegen moderne Technik oder gegen Richterqualität kommen? Nicht zähe Diskussionen sind jetzt gefragt, sondern zeitnahe Umsetzung. Möge das Eckpunktepapier zügig zum Gesetzentwurf erstarken!“

Inzwischen ist einiges vorangegangen. Am 1.3.2023 fand die Anhörung der Sachverständigen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages statt (hier abzurufen: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_recht/anhoerungen/931000-931000). Wie zu erwarten war, stieß der Entwurf auch dort auf einhellige Zustimmung, wobei an mehreren Stellen Verbesserungen angeregt wurden.

Der Bedarf nach mehr sprachlicher Flexibilität wurde allgemein anerkannt. In der Tat ist wenig verständlich, warum es in einem Prozess, der einen Streit mit internationalen Beteiligten betrifft, generell nicht zulässig sein soll, in einer anderen Sprache als Deutsch zu verhandeln. Natürlich darf das nicht dazu führen, dass einzelne Prozessparteien sprachlich „abgehängt“ werden, dafür ist prozessleitend Sorge zu tragen. Aber wenn alle Beteiligten des Englischen hinreichend mächtig sind, sollte man ihnen nicht von Gesetzes wegen verbieten, sich dieser Sprache zu bedienen. Das gilt umso mehr, wo fremdsprachige Dokumente eingereicht werden, über die zu reden ist. Aktuell betrifft die Debatte lediglich die englische Sprache, aus meiner Sicht könnte das aber gesetzlich offen ausgestaltet werden, so dass dann, wenn es der Sache dient und jedermann rechtliches Gehör erhält, auch in anderen Sprachen verhandelt werden könnte. Entsprechende Versuche mit Französisch gibt es in Deutschland bereits.

Die Commercial Courts sollen nach dem derzeitigen Planungsstand zum Teil erst ab bestimmten Streitwertgrenzen zuständig werden. Dagegen richtete sich die Kritik mehrerer Sachverständiger. In der Tat ist nicht einzusehen, warum das Angebot, in fremder Sprache zu verhandeln, nur für betuchte Beteiligte gelten sollte, die dann auch gleich noch – so die Vorschläge des Eckpunktepapiers – von moderner Technik und einer Aufzeichnung des Geschehens im Gerichtssaal profitieren sollen. Das Ziel sollte es hier sein, flächendeckend den Zugang zum Recht zu erleichtern.

Ein Sachverständiger forderte vehement eine parallele Anpassung materieller Rechtsvorschriften. Das deutsche AGB-Recht wirke auf ausländische Beteiligte abschreckend und wenn es nicht im B2B-Geschäft zurückgebaut werde, würden internationale Unternehmen ohnehin von der Wahl eines deutschen Rechtssystems Abstand nehmen.

Mehrere Sachverständige unterstrichen, dass die Commercial Courts nicht als Bastion des Staates im Abwehrkampf gegen ein um sich greifendes Schiedsgerichtswesen verstanden werden sollten. Vielmehr gehe es um eine Stärkung des Justizstandortes Deutschland insgesamt und das komme auch den hiesigen Schiedsgerichten durchaus zugute. Ein Sachverständiger teilte in diesem Zusammenhang seine Erfahrung, dass ausländische Gerichte entgegen einem landläufigen Vorurteil häufig zu deutlich niedrigeren Gebühren ihre Dienste anböten als in Deutschland.

Einige Länder sind schon aufgebrochen, Commercial Courts einzurichten, die mehr oder weniger dem entsprechen, was nun in Deutschland diskutiert wird, Frankreich insbesondere, die Niederlande und – natürlich – Singapur. Die ersten dortigen Erfahrungen zeigen, dass es nicht leicht ist, internationale Streitparteien von der Wahl staatlicher Gerichte zu überzeugen. Die Akzeptanz hält sich bislang in Grenzen. Das sollte dazu führen, auch in Deutschland mit realistischen Erwartungen an die Umsetzung zu gehen. Dass der Weg aber ein richtiger ist, hat sich nach Abschluss der Sachverständigen-Anhörung eindrucksvoll bestätigt.